Kommentar: Der Verkauf des Karoviertels: Das falsche Signal
Der Hamburger Senat schlägt ein interessantes Angebot der Mietergenossenschaft Karolinenviertel aus, um durch einen Deal mit der Wohnungsbaugesellschaft Saga Haushaltslöcher zu stopfen.
H amburg ist, was das Wohnen angeht, ein teures Pflaster. In vielen sogenannten Szene-Stadtteilen der westlichen inneren City sind Wohnungen für einen Normalverdiener kaum erschwinglich, viele gut Verdienende, die sich Eigentum leisten können, haben bereits zugeschlagen.
Das Karolinenviertel bildet hier aufgrund seiner Geschichte eine Ausnahme. Auch hier hat Schickimicki natürlich schon Einzug gehalten, Boutiquen und Cafés haben das Straßenbild verändert. Doch die gemischte Bewohnerstruktur ist weitgehend intakt geblieben, da die Wohnungen bislang bezahlbar und für Spekulanten wenig attraktiv waren.
Es liegt daher auf der Hand, dass die Mieter in den sanierten Häusern darauf drängen, ihre Wohnbedingungen zu erhalten, und dabei nicht einmal vor dem ungewöhnlichen Schritt zurückschrecken, das Areal für 50 Millionen Euro zu kaufen.
In der Tat ist es für den Außenstehenden völlig unverständlich, warum sich die SPD-Regierung nicht ernsthaft mit dem Angebot auseinandersetzt – wo doch gerade SPD-Bürgermeister Olf Scholz die Genossenschafts-Idee preist. Denn wenn die städtische Saga den Kaufpreis von 80 Millionen in das Stadtsäckel abführt, ist das nichts anderes als „linke Tasche, rechte Tasche“. Aber die Saga muss das Geld zur Refinanzierung des Deals irgendwo wieder reinholen – und wo will sie das tun, wenn nicht bei ihren Mietern?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Trump und Krypto
Brandgefährliche Bitcoin-Versprechen