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Kommentar Chinas WirtschaftspolitikMarktliberales Mantra

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Peking sollte nicht dem Freihandelsirrsinn des Westens folgen. Ein bisschen Protektionismus wäre besser – für alle Beteiligten.

Chinas Export boomt – und überschwemmt andere Märkte Foto: dpa

B undeskanzlerin Angela Merkel und das halbe Bundeskabinett diskutieren auf ihrer anderthalbtägigen Pekingreise mit der chinesischen Führung darüber, ob China den Status einer Marktwirtschaft verdient hat. Denn gerade in den vergangenen Monaten häufen sich in Deutschland und weltweit berechtigte Klagen, dass Chinas Unternehmen mit einer massiven Überproduktion, etwa von Stahl, die Weltmärkte überschwemmen und mit Dumpingpreisen ausländische Konkurrenten aus dem Markt drängen.

In dem Streit verhalten sich beide Seiten, als müssten offene Märkte das Ziel jeder Entwicklung sein. Doch diese Sichtweise geht an den globalen Problemen vorbei, wie zuletzt auch der Streit über den transatlantischen Freihandel zeigt. Obwohl China immer darauf beharrt, einen anderen Weg zu gehen, macht die Regierung in Peking den Fehler, dem marktliberalen Mantra zu folgen.

Das kurzfristige Ziel des chinesischen Premierministers Li Keqiang ist klar: Er will der eigenen, vom Wachstumsdiktat aufgeblähten Industrie eine Möglichkeit geben, ihren Überschuss an Solarpanelen und Stahl in einer anderen Weltgegend abzuladen, um daheim die Arbeitsplätze zu sichern. Die EU-Kommission und die Bundesregierung wettern verständlicherweise dagegen. Doch statt Missstimmung gegen die EU zu erzeugen, sollte die kommunistische Führung sich besser die richtigen Grundsatzfragen stellen.

Ist ungehemmter Freihandel langfristig in Chinas Interesse? Offensichtlich nicht. Im Gegenteil: Das Land ist jahrelang gut damit gefahren, die eigenen Bürger und Betriebe vor dem Zugriff des US-geprägten Globalkapitalismus zu schützen. Eine Mischung aus Protektionismus zum Aufbau einer eigenen Industrie auf der einen Seite und der Hinwendung zum Welthandel auf der anderen – diese Kombination erklärt zumindest ein Stück weit Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Und: Ist eine Wirtschaftsweise des „Immer höher, immer weiter, immer mehr“ langfristig nachhaltig? Auch das Wachstum in China kennt Grenzen, wie die Luftverschmutzung, die Überkapazitäten und die Phantomschmerzen nach dem Sinken des Wachstums zeigen. Statt dem Westen in den Freihandelsirrsinn zu folgen, sollte Peking also lieber mit der Kanzlerin über ein Handelssystem diskutieren, das Kontrollen und Engpässe durchaus vorsieht. Zum Wohle aller.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • China ist Kapitalismus in Reinstform, in der der Stärkste alles darf, solange er das Wohl der Parteimitglieder nicht völlig aus den Augen verliert.

     

    Von einer Marktwirtschaft, wie wir sie kennen, ist China noch ganz weit entfernt.

  • „…ob China den Status einer Marktwirtschaft verdient hat“

     

    Der Beitrag wird all jene linken Fundis in tiefe Depression stürzen, die nicht aufhören wollen, von einem Kommunismus nach dem Zusammenbruch des kapitalistischen Systems träumen!

     

    Der Kommunist Mao Zedong versuchte ab 1949 bis zu seinem Tod 1976, ein funktionierendes kommunistisches Wirtschaftssystem zu schaffen, welches das Land voranbringt. Vergeblich!

    In China gedeiht inzwischen innerhalb einer kommunistischen Schale ein Kapitalismus (=„Marktwirtschaft“), wie ihn Karl Marx schon kannte und abschaffen wollte. Mit all den bekannten Begleiterscheinungen.

     

    Allerdings wäre der chinesische Kapitalismus nicht konkurrenzfähig, gäbe es nicht die staatliche Unterstützung, die der ausländischen Konkurrenz das Leben schwer macht. Allein darum geht es noch bei den Differenzen mit den anderen kapitalistischen Staaten.

     

    Vom chinesischen „Kommunismus“ sind am Ende nur noch die Allmacht des Staatsapparates und seiner Sicherheitsorgane, sowie die weitgehende Unterdrückung jeglicher Opposition geblieben!

  • Gute Tipps von Felix Lee kommen ein wenig spät.

    Denn in einem Interview vom 17.Mai des Jahres der Zeitschrift Euractiv sagte der chinesische Botschafter folgendes:

    "China wird immer die Schuld an der gegenwärtigen Situation der Überproduktion zugesprochen. Der Export von Stahlprodukten von China nach Europa betrug in den vergangenen Jahren nur 18 Prozent. Inzwischen machen die Exporte nur noch 7,6 Prozent aus. Die meisten Stahlimporte kommen mit 40 Prozent inzwischen aus Russland und den GUS-Staaten.

     

    Das Problem mit der Überkapazität haben alle. Die Amerikaner, die Europäer und auch wir Chinesen. Die Ursachen sind also nicht nur in China zu suchen, sondern in der schwierigen Situation der Weltwirtschaft. Seit Jahren haben wir eine weltweite Verschlechterung der Konjunktur. Die Nachfrage hat bei allen nachgelassen und führt auch bei allen zu Problemen, also auch bei uns.

    Wir haben bereits ein Programm zur Abschaffung von Überkapazitäten ausgearbeitet. Nicht nur bei der Stahlproduktion, sondern auch bei der Zement – und Glasproduktion. Allein in der Stahlproduktion hat die chinesische Regierung in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 90 Millionen Tonnen weniger Stahl produziert. Für die kommenden fünf Jahre ist eine weitere Reduzierung von 100 bis 150 Millionen Tonnen geplant.

    Wenn Sie berücksichtigen, dass es in Europa 350.000 Beschäftigte in der Stahlindustrie gibt und in China mehrere Millionen in dieser Industrie beschäftigt sind, können Sie sich vorstellen, was das für die chinesische Bevölkerung bedeutet. Was in Europa weder zur Kenntnis genommen, noch anerkannt wird: Bis heute mussten schon über eine Million Beschäftigte entlassen werden."

  • Zitat aus dem Artikel:

    "Denn gerade in den vergangenen Monaten häufen sich in Deutschland und weltweit berechtigte Klagen, dass Chinas Unternehmen mit einer massiven Überproduktion, etwa von Stahl, die Weltmärkte überschwemmen und mit Dumpingpreisen ausländische Konkurrenten aus dem Markt drängen. "

     

    Ist das selbstgerecht, ignorant oder einfach nur (wirtschafts-)nationalistisches Gehabe? Deutschland hat doch durch den Niedriglohnsektor doch auch Exportprodukte zum Kampfpreis auf dem Weltmarkt. Ganz zu Schweigen von der EU, u.a. mit ihren Subventionierten Agrarprodukten.

  • Folgendes Beispiel, wohl wissen, dass das vor einem Jahr so war:

    Chinesische Stahlwerke holen in Rotterdam für 50 US Dollar gemsichten Schrott ab. Dieser wird per Schiff nach China geschippert. Vom Hafen ins Stahlwerk, dort eingeschmolzen und dann wieder als sog. Prügel, ca 1,5 t schwer zurück zu zum chineschen Hafen wieder als Rohstahl nach Rotterdam geschippert und auf dem Europäischen Markt für knapp unter 50 US Dollar zur Weiterverarbeitung angeboten.

     

    Bitte diese Beipiel in den Kontext stellen zum, Thema Freihandelsirrsinn, Ökologie, US geprägter Globalkapitalismus, Strafzölle, Protektionismus, Fairness, usw.

     

    Leider werde ich da eher zum Totalkapitalisten und hoffe dass die chinesichen Stahlwerke daran sterben, die chinesischen Staatsüberschüsse schmelzen, lokale Idiotenkader aus Ihren Büros getrieben werden wegen der kaputten Umwelt.

     

    Konstruktiver wäre sicher ein internationales Label für umeltgerechte Stahlherstellung einführen, Verpflichtung an in DE an den Börsen gelistete Companies nur noch diesen zu verarbeiten....

    Wäre natürlich schlecht für VW und Kollegen in China... :-)