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Kommentar CDU und GroßstädteMaximal desaströs

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

In keiner der 15 größten deutschen Städte stellt die Union mehr den Bürgermeister. Doch zukunftsweisende Politik wird in den Metropolen gemacht.

Sollte sich die CDU einfach selbstbewusst als Provinzpartei des Mittelstands bekennen? Das funktioniert nicht. Foto: dpa

N un soll sich die CDU auch noch über Unterstützung von rechtsaußen freuen. Als wäre für sie nicht alles schon maximal desaströs gelaufen bei der Dresdner Oberbürgermeisterwahl, hat sich tags darauf die fremdenfeindliche Pegida in eine Reihe mit der CDU gestellt.

Deren OB-Kandidatin Tatjana Festerling hat am Montagabend erklärt, sie werde zur Stichwahl in vier Wochen nicht erneut antreten – Pegida begreife sich als Teil des konservativ-bürgerlichen Lagers. Man wolle gemeinsam mit den bürgerlichen Parteien „Rot-Rot-Grün aus dem Stadtrat jagen“, sekundierte Pegida-Pate Lutz Bachmann. Es scheint so, als könne sich die CDU ihre Freunde nicht einmal mehr selbst aussuchen.

Die CDU hat in Dresden eine miserable Figur gemacht. 15 Prozent hat ihr Kandidat Markus Ulbig geholt. Und das in einer Stadt, deren zurückgetretene Bürgermeisterin Helma Orosz das CDU-Parteibuch hat. In der Berliner Parteizentrale wird man sich fragen, wie das nun wieder passieren konnte.

Mit Dresden geht den Konservativen die letzte deutsche Großstadt über 350.000 Einwohnern verloren. Metropole um Metropole geht an die Sozis und die Grünen – und das, obwohl Angela Merkel sich mit Peter Tauber einen Generalsekretär gesucht hat, der Modernität mit Bürgerlichkeit auf eine wählbare Weise verbindet. Doch auch er scheint keine zündende Idee zu haben, wie man die Urbaniten binden kann.

Nun könnte man meinen, eine Partei, die im Bund erfolgreich regiert, könne sich doch selbstbewusst als Provinzpartei des Mittelstands bekennen. Aber so funktioniert es eben nicht. Zukunftsweisende Politik wird in den Großstädten gemacht; dort sind die Vordenker, die Macher, die Netzwerke und das Geld. Ohne sie, ohne die global denkenden Nachwuchs-Wähler und -Politiker, würde die CDU zur unmodernen Stillstands-Partei.

In Zeiten einer alternden Gesellschaft muss Politik um jeden ringen, der fit genug ist, sich im Wahlkampf in die Fußgängerzone zu stellen. Die Wahl in Dresden hat gezeigt, dass sich keine der beiden im Bund regierenden Parteien ihrer Klientel sicher sein darf.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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7 Kommentare

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  • Im Inland Stillstand.

    Ist logisch, da Merkel keine (geistig) beweglcihe cdu-Mitgliederschaft braucht. Merkel macht die desaströse us-amerika-unterworfene Anti-Politik. Da würde es ihr nur in die Quere kommen, wenn im Inland jemand aus ihrer Partei, quasi als Polit-Nebenbuhler/in Politik machte.

    Merkel hat die Politik im Inland längst abgeschrieben. Es sieht mehr und mehr so aus, als habe sie seit Vor-Wende-Zeitenmit Vorsatz und Verars*hung von allen und jeder / jedem auf die us-amerikanisierung Deutschlands und der anderen europäischen Länder hingearbeitet.

    Es wird nicht mehr diskutiert, sondern nur noch Merkel-Basta vollzogen, sonst schmollt die tanta.

  • Es ist wirklich desaströs! Zeigt aber auf, dass die Stadtbevölkerung sich maßgeblich von der Landbevölkerung unterscheidet.Ich will hier keine inkompatible Meinung vertreten, SPD und insbesondere Grüne spiegeln gerne die soziale und ökonomische Utopie vieler typischer Stadtmenschen wieder...

    • @Horst von Aquin:

      Die Stadtbevölkerung unterscheidet sich vermutlich weit weniger von der Landbevölkerung, als man gemeinhin zu glauben bereit ist. Vergessen Sie nicht, dass es ja eine frühere Landbevölkerung ist, die im Zuge der Landflucht zur Städtebildung entscheidend beiträgt. Den Unterschied macht hier wohl weniger die Bevölkerung selbst in ihrer Eigenart, sondern vielmehr die naturgemäß größere strukturelle Bandbreite in der Stadt gegenüber dem Land. Soziale und ökonomische Utopien treten auf dem Land nicht weniger oft auf, fallen dort aber viel eher aus dem Rahmen des Üblichen.

  • Hab heute schon schlimmere Nachrichten gelesen.

    Mein Vorkommentator brachte es bereits auf den Punkt. Der Großteil der Wähler will eigentlich gar keine Politik, sondern Stillstand mit Symbolik. Anders ist insbesondere Merkel doch überhaupt nicht zu erklären.

  • Niemand wird der Union vorwerfen, ein unbändiges Streben nach neuen Ideen zu verkörpern. Das will sie auch gar nicht. Sie ist in puncto Modernisierung der Gesellschaft - ähnlich wie umgekehrt die SPD bei sozialen Einschnitten oder die Grünen bei Kriegseinsätzen - mehr für die Rolle des Wellenbrechers GEGEN die Beharrungstendenzen der eigenen Klientel geeignet. Von daher überrascht es wenig, dass in den quirligen Stadtzentren eher andere Parteien gewählt werden.

     

    Die Macher, Netzwerker und Geldsäcke sind hingegen eine andere Geschichte. Zum Einen gibt es davon nicht so viele, als dass man mit ihnen zwangsläufig Wahlen gewinnen könnte. Zum Anderen arbeiten die meisten von ihnen zwar in den Städten, wohnen und wählen aber vielfach im meist verlässlich bürgerlich - also in der Regel schwarz, in BaWü gerne auch mal grün - regierten Umland.

  • "Zukunftsweisende Politik wird in den Großstädten gemacht; dort sind die Vordenker, die Macher, die Netzwerke und das Geld. Ohne sie, ohne die global denkenden Nachwuchs-Wähler und -Politiker, würde die CDU zur unmodernen Stillstands-Partei."

     

    Hallo, taz? Wart Ihr die letzten Jahre im Polit-Koma oder herrscht bei Euch auch schon die von Merkel verordnete Denkabstinenz.

     

    Jetzt kommt mal eine schöne Liste von wichtigen Veränderungen:

     

    - Straftat 'Vergewaltigung in der Ehe'

    - Homo-Ehe / Ehe für alle

    - Mindestlohn

    - Atomausstieg

    - Wegfall Wehrpflicht

    - Energiewende

    - ...

     

    Was fällt da auf? Na - alles keine Ideen der CDU. Im Gegenteil - noch die 'Straftat Vergewaltigung in der Ehe' musste gegen den Widerstand der Christen aus der Union erkämpft werden.

     

    Die Union IST eine unmoderne Stillstandspartei. Das Problem ist, dass rund 40 Prozent der Wählerinnen und Wähler genau solche Politik wollen. Und Merkel gibt dem Wahlvolk das Gefühl, dass sich daran auch nix ändern wird.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @JBS_6623:

      Word, Alter! ;-)

       

      Die CDU war, ist und bleibt eine KONSERVATIVE Partei. Die an Veränderung kein Interessa haben KANN, per Definition.