Kommentar Bundesnachrichtendienst: Im Sinne der Reformgegner
Der Zeitpunkt ist überraschend, der Rausschmiss nicht, Gründe gibt es genug. Nur geht es bei Schindlers Demission nicht um die NSA-Affäre.
D er Zeitpunkt kam überraschend. Immerhin ist es bereits ein Jahr her, als bekannt wurde, dass der BND illegale Abhörpraktiken des US-Geheimdeinstes NSA unterstützt und sogar mit eigenen Suchbegriffen europäische Verbündete ausspioniert hat. Damals rechneten Beobachter täglich mit dem Rausschmiss von BND-Chef Gerhard Schindler.
Er durfte bleiben – als letzter Puffer, der den Abhörskandal vom Kanzleramt fernhielt. Das ist schließlich politisch verantwortlich für den Auslandsgeheimdienst. Jetzt aber muss Schindler gehen. Er ist nicht der schlechteste Chef, den man sich – angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse – für das Amt vorstellen kann. Zumindest hat er kleine Schritte unternommen, um den Geheimdienst mit seinem legendären Eigenleben zu reformieren.
Bleibt die Frage, warum Schindler jetzt abgelöst wird. Stimmt es, wie aus dem Haus von Kanzleramtschef Altmaier zu hören ist, dass der BND einen jüngeren Präsidenten mit langem Atem brauche, der die gigantische Aufgabe stemmt, den Nachrichtendienst fit für die Zukunft zu machen? Mag sein. Einiges aber spricht für eine ganz andere These: Dass sich die Reformgegner im Dienst und vor allem in der Union durchgesetzt haben.
Im März hat das Kanzleramt den Gesetzentwurf zur besseren Kontrolle des BND auf Eis gelegt. Der Grund: Bedenken, die Arbeit des Geheimdienstes könnte durch das Vorhaben massiv eingeschränkt werden. Der Anstoß dazu kam von Wolfgang Schäuble, dem mächtigen Finanzminister. Er hatte sich schon zuvor kritisch zur BND-Reform geäußert. Neuer BND-Chef wird nun ausgerechnet Bruno Kahl, der Schäuble seit 20 Jahren als Beamter politisch dient und ihm stets gefolgt ist: von der Unionsfraktion über das Innen- ins Finanzminsterium.
Dass Kahl sich ausgerechnet jetzt von Schäuble emanzipieren will, ist zwar nicht ausgeschlossen. Wahrscheinlich aber ist es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW