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Kommentar Bulgariens AtomenergieRequiem für ein Atomkraftwerk

Kommentar von Barbara Oertel

Das Referendum für die Atomenergie in Bulagrien ist ein eindeutiges Signal: Die Menschen haben die Nase voll von der rechtsliberalen Regierung.

D er Umstand, dass sich eine deutliche Mehrheit der Bulgaren bei der Volksbefragung über die Zukunft der Atomenergie in ihrem Land der Stimmabgabe verweigert hat, ist eine schallende Ohrfeige für das gesamte politische Establishment: für die oppositionellen Sozialisten (BSP), die das Thema Atomkraft schon während der Debatte über die Stilllegung der ersten vier Reaktorblöcke des Kraftwerks Kosloduj zur nationalen Kausa stilisiert hatten; und die mittels der Abstimmung von vergangenem Sonntag die Wiederaufnahme des Projektes in Belene durchdrücken wollten – ungeachtet der Tatsache, dass sich der Standort in einem erdbebengefährdeten Gebiet befindet und der finanzielle Aufwand von rund 11 Milliarden Euro für das ärmste Land der EU schlicht eine Nummer zu groß ist.

Da nützt es BSP-Chef Sergej Stanischew auch nichts, dass die Mehrheit der Wähler mit Ja gestimmt hat. Seine Kampagne, um genug Menschen an die Urnen zu bringen, ist fehlgeschlagen und das Referendum ungültig.

Aber auch Premier Bojko Borissow und seine Partei GERB, die für ein Nein geworben hatten, können sich nicht als Sieger fühlen. Im Gegenteil: Das Votum macht deutlich, dass die Menschen von der rechtsliberalen Regierung die Nase voll haben. Aus gutem Grund. Nach wie vor sind Korruption und Vetternwirtschaft weit verbreitet. Politiker jeder Couleur zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Staat als Selbstbedienungsladen begreifen. Viele Menschen sind seit dem Machtantritt des Law-and-Order-Manns Borissow im Jahre 2009 verarmt, und die Auswanderung junger, gut ausgebilderter Spezialisten hält an.

Bild: taz
Barbara Oertel

ist Co-Leiterin des Auslands-Ressorts der taz.

Und so droht Borissow bei den Parlamentswahlen im kommenden Sommer das gleiche Schicksal wie allen Vorgängerregierungen seit 1989: die Abwahl. Für das Land wahrlich keine gute Perspektive.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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