Bulgarische Regierung tritt zurück: Über Strompreise gefallen
Nach tagelangen Protesten und schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei ist die konservative Regierung des Landes überraschend abgetreten.
SOFIA/BUKAREST rtr | In Bulgarien tritt die Regierung von Ministerpräsident Boiko Borisow geschlossen zurück. Dies kündigte der Regierungschef am Mittwoch an. Als Grund nannte der Politiker die Proteste der Bevölkerung gegen zu hohe Strompreise. „Ich werde nicht Teil einer Regierung sein, in der die Polizei Menschen verprügelt“ sagte Borisow im Parlament. Auch das gesamte Kabinett tritt den Angaben nach zurück.
Unter dem Eindruck der Proteste hatte Borisowbereits am Dienstag angekündigt, dem tschechischen Energieversorger CEZ die Lizenz in Bulgarien zu entziehen. Damit geht Borisow, der einer Mitte-Rechts-Regierung vorsteht, auf Konfrontationskurs mit dem EU-Partner Tschechien. Dessen Regierungschef Petr Necas forderte von der Regierung in Sofia, die internationalen Gesetze und Pflichten einzuhalten.
Ab März sollten nach Borisows Plänen die Strompreise um acht Prozent gesenkt werden. Sie waren erst im Juli um 13 Prozent erhöht worden, allerdings spürten die Bürger diesen drastischen Schritt erst mit Beginn der Heizperiode im Winter. Eine von den Demonstranten ebenfalls geforderte erneute Verstaatlichung der Energieunternehmen lehnte Borisow dagegen ab.
„Ich mache mir Sorgen wegen der geringen Einkommen der Menschen und der Preise – und wegen der Tatsache, dass wir nur wenig Möglichkeiten haben zu reagieren“, sagte Borisow vor Journalisten. Es war das erste Mal, dass er sich nach den landesweiten Protesten vom Wochenende in der Öffentlichkeit äußerte.
Im ärmsten EU-Land, in dem das durchschnittliche Monatseinkommen 350 Euro beträgt, bergen die Energiepreise politischen Sprengstoff. In Sofia warfen Demonstranten in der Nacht zu Dienstag Steine gegen das Parlamentsgebäude. Nach Zusammenstößen mit der Polizei wurden elf Demonstranten festgenommen. In mindestens fünf weiteren Städten kam es zu erneuten Protesten.
Allein am Sonntag hatten Zehntausende in 20 Städten demonstriert und den Rücktritt des Kabinetts gefordert. Unter dem Druck von der Straße trat am Montag Finanzminister Simeon Djankov zurück. Und Borisows Partei GERB hat vier Monate vor der Wahl im Juli ihren Vorsprung vor den oppositionellen Sozialisten fast ganz eingebüßt.
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