Kommentar „Bottlegate“ in Israel: Nicht sie, er hat versagt
Benjamin Netanjahu muss abgewählt werden. Nicht wegen der Pfandflaschen-Affäre seiner Frau, sondern wegen seines politischen Versagens.
E s ist nicht gerade die feine Art, mit den Sünden der Eheleute mächtiger Politiker an die Öffentlichkeit zu gehen. Schon gar nicht, wenn bald Wahlen anstehen. Schließlich sollten uns nicht die Frauen oder Männer der Regierenden interessieren, sondern die hohen Beamten selbst. Benjamin Netanjahu darf nicht erneut an die Macht gewählt werden, weil er das Land und die gesamte Region ins Unglück führt. Der Pfandflaschenskandal seiner Frau wäre deshalb der falsche Grund für die längst überfällige Wende.
Wie dumm von Netanjahu, in Sachen „bottlegate“ auf Konfrontation zu setzen und damit der Opposition und den Medien geradewegs ins offene Messer zu rennen. Der Premierminister schaltet seine Anwälte ein, leugnet, beschönigt und kann den Kampf doch nur verlieren.
Seit dem ersten Prozess vor 20 Jahren, als geschasste Hausangestellte des Ehepaars Netanjahu vor Gericht aus dem Privatleben des Regierungschefs plauderten, ist bekannt, dass Sarah Netanjahu ein Problem hat. Hätte ihr Mann doch nur dafür gesorgt, dass sie rechtzeitig ihre Tabletten nimmt. Oder hätte Netanjahu wenigstens die Journalisten instruiert, diesmal auf Schlagzeilen zu verzichten, dann wäre die Sache wohl nicht so hochgekocht. Selbst Journalisten drücken von Zeit zu Zeit mal ein Auge zu. Diplomatisches Geschick ist dem israelischen Regierungschef allerdings nicht gegeben.
Nun, da der Zug schon Fahrt aufnimmt, sollte die Affäre auch ordentlich aufgeklärt werden. Die Entscheidung des Staatskontrolleurs, die gesamten privaten Ausgaben der Familie Netanjahu zu untersuchen, ist richtig. Und auch, dass die Ergebnisse noch vor dem Wahltermin an die Öffentlichkeit kommen, ist für alle Beteiligten sinnvoll. Um es zu wiederholen: Benjamin Netanjahu sollte im März aus dem Amt gewählt werden. Wegen seines politischen Versagens – nicht wegen einer Affäre seiner Frau.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid