Kommentar Birma: Helfer in Not

Die internationalen Organisationen müssen sich bei ihren Hilfsaktionen hüten, den Eindruck zu erwecken, es käme ihnen auf einen Sturz des birmesischen Regimes an.

Die Lage in Birma wird von Tag zu Tag schlimmer. Hatte die birmesische Regierung erst fast eine Woche nach der Katastrophe eingewilligt, ausländische Hilfe ins Land zu lassen, kam am Freitag der Rückschritt: Die Regierung beschlagnahmte die Hilfsgüter, die per Luftbrücke der Welternährungsorganisation ins Land gekommen waren - die UN-Organisation stellte daraufhin vorübergehend die Lieferungen ein.

Immer weiter Hilfslieferungen zu schicken, die absehbar ihr Ziel nicht erreichen, konnte keine Lösung sein. Insofern war die Einstellung zweifelsohne richtig - aber auch nur mit genau dieser Begründung. Keinesfalls darf die Aussetzung als Sanktionsmaßnahme gegen das Regime missverstanden werden. Sicher, Birmas Militärregierung wäre nicht die erste Regierung auf der Welt, die über halb dilettantisches, halb kriminelles Katastrophenmanagement stürzt. Nur: Die internationalen Organisationen müssen sich hüten, den Eindruck zu erwecken, es käme ihnen genau darauf an. Allein der Anschein eines Versuchs, eine Notlage derart auszunutzen, wäre moralisch genauso verwerflich wie die Abschottungspolitik der Junta. So sehr es gute Gründe gibt, das Regime so schnell wie möglich zum Teufel zu wünschen, so sehr muss es jetzt trotzdem darum gehen, Wege zur raschen Hilfe zu finden, die nicht weiter polarisieren. Immerhin: Organisationen wie die Welthungerhilfe, die schon im Land sind, können bislang weiterarbeiten. Das könnte Ansatzpunkte liefern.

Freilich: Wenn die viel diskutierte internationale Verpflichtung zum Schutz auch solcher Menschen, denen die eigene Regierung diesen Schutz versagt, etwas wert sein soll, dann müsste sie auch in Birma greifen. Das hieße, Hilfe auch gegen den Willen der Junta durchzusetzen, etwa mit dem Instrument einer scharfen, Konsequenzen androhenden Resolution des UN-Sicherheitsrats. Das wäre ein Präzedenzfall, den jedoch auch andere fürchten. Deshalb brauchte so ein Vorgehen politisch-diplomatische Sorgfalt, für die jetzt einfach die Zeit fehlt. Es stimmt: Wer wirklich an die hilfebedürftigen Menschen denkt, macht sich erpressbar und akzeptiert faule Kompromisse. Das ist ärgerlich, aber nicht zu ändern.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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