Kommentar Bildungsgerechtigkeit: Hirntote Studentenverbände
Der von Studentenverbänden an die Hamburger Grünen vergebene Schmähpreis "Chancentod des Jahres" verdreht die Tatsachen. Denn die Grünen sind es die den Umbau des Schulsystems vorantreiben.
S tudentenverbände haben Hamburgs Grüne mit dem "Chancentod des Jahres" ausgezeichnet. Den in jeder Hinsicht häßlichen Preis bekommt, wer das Recht auf Bildung von Studenten verletzt. Die Elb-Grünen freilich haben den Preis zuallerletzt verdient. Denn sie haben mit einem nachhaltigen Umbau der Schulen begonnen. Ziel: Chancen schaffen, Bildungsarmut bekämpfen.
Christian Füller ist Bildungsredakteur bei der taz.
Ins Visier der organisierten StudentInnen ist die Grün Alternative Liste (GAL) Hamburgs geraten, weil sie die Campusmaut nicht abgeschafft hat. Die GAL habe sich mit der Zustimmung zu nachgelagerten Studiengebühren, so das Argument des Studierenden, "vom Ideal einer Bildung als öffentliches Gut, das für jede/jeden frei zugänglich ist, verabschiedet". Das mit den Uni-Gebühren ist in der Sache richtig - in der Art, wie das "Aktionsbündnis gegen Studiengebühren" es aber zuspitzt, gerät es in die Nähe zur blanken Idiotie. Die Grünen öffnen gerade mit einem neuen zweigliedrigen Schulsystem die Wege zu Bildungserfolgen für Schichten, die vorher niemals hätten Abitur machen können. Wer das nicht erkennt, für den sollte man schleunigst den Preis für den "Hirntod des Jahres" einführen.
Die Grünen schlagen zusammen mit der CDU mehrere Schneisen für Bildungsbenachteiligte. Sie haben im August die Hauptschule in der Hansestadt abgeschafft - die eine der schlechtesten und schrecklichsten der Republik war. 70 Prozent der Hamburger galten für Bildungsforscher als Marienthal-Schulen, mit anderen Worten: Als Schulen der vollkommenen Hoffnungslosigkeit. Im nächsten Schritt werden die Grünen eine sechsjährige gemeinsame Grundschule einführen, um möglichst vielen Kindern möglichst lange Aufstiegsmöglichkeiten zu erhalten. Und danach wird eine Stadtteilschule neben die Gymnasien gesetzt, in der auch bisherige Hauptschüler zu einem beruflichen Abitur kommen können. Und auch die Abschaffung der Sonderschulen steht mittelfristig auf dem Programm der GAL.
Das schlimme an dem Preis für die GAL ist, dass daran auch die DGB-Jugend mitarbeitet. Sie, die eigentlich für die Hunderttausenden Jugendlichen kämpfen sollte, die in Sonder- und Hauptschulen schmoren oder in Warteschleifen ohne Ausgang hocken, macht sich somit zum Büttel einer salonlinken Studierendenschaft. Der geht es im Grund nur um eins: das kostenlose Studienprivileg für eine Kaste von gut 35 Prozent Studenten eines Jahrgangs aufrecht zu erhalten - und das gratis.
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