piwik no script img

Kommentar BetriebsräteGuter Rat für Manager

Beate Willms
Kommentar von Beate Willms

Die Gewerkschaften sollten es sich gut überlegen, mehr Macht in die Betriebe zu verlagern. Zu oft wurden Betriebsräte zu Handlangern der Geschäftsführung ohne Durchsetzungskraft.

M ehr Macht in die Betriebe? Klingt gut! Auf jeden Fall besser als Flächentarifvertrag, Anerkennungstarifvertrag und Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Es erinnert mehr an Schweiß, an Basis, an echte Menschen. Denn Betriebsräte bekommen normale Löhne und Gehälter und müssen nicht wie Unternehmensvorstände bezahlt werden, was Gewerkschaftsvorsitzende schon mal für sich in Anspruch nehmen.

Bild: jürgen kiontke

BEATE WILLMS ist Redakteurin im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Vom Marketingaspekt her gesehen, vom Ziel, neue Mitglieder zu gewinnen, ist es also gar nicht so dumm, wenn die Gewerkschaften Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten mehr Spielräume geben.

Aber haben die Betriebsräte dadurch auch an Macht gewonnen? An Gestaltungsmöglichkeiten? Sicher, in manch einem Betrieb sähe es heute düsterer aus, hätte der Betriebsrat sich nicht beizeiten um Alternativen zu Standortverlagerungen und Stellenstreichungen bemüht. Und viele Entlassungen wären weniger sozialverträglich gelaufen.

Doch fest steht auch, das dies nur äußerst selten gegen das Management durchgesetzt werden musste. Geschäftsführungen lassen Betriebsräte gerne machen, wenn sie ihnen die Arbeit abnehmen. Zumal wenn es um Rettungskonzepte und Sparpläne geht. Und wenn sie diese dann der Belegschaft auch noch als großen Erfolg verkaufen können, umso besser.

Gefallen den Managern die Ideen dagegen nicht, werden sie einfach nicht umgesetzt. Und oft fällt erst dann auf, dass die Strukturen fehlen, um eine Forderung zu erzwingen. Viele Unternehmen sind längst globalisiert, die Mitbestimmung aber hinkt weit hinterher. Bei einem Konflikt kann die Firmenleitung die Hände heben: Tut uns leid, das entscheidet die Zentrale. In Detroit zum Beispiel. Das war`s dann.

Noch ist Zeit für die Gewerkschaften, es sich anders zu überlegen. Schließlich gibt es auch noch genug Konflikte, die zentral ausgefochten werden müssen, die Internationalisierung der Mitbestimmungsstrukturen sollte dabei ganz oben stehen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Beate Willms
Ressortleiterin Wirtschaft und Umwelt
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • BH
    Bernd Haarmeyer

    Schade, dass die taz wie alle anderen Zeitungen auch, Betriebsräte und Gewerkschaften immer in einen Hut werfen. Betriebsräte und Gewerkschaften haben unterschiedliche Aufgaben in unserer Gesellschaft.

    Betriebsräte existieren in Betrieben völlig unabhängig von Gewerkschaften, auch in Betrieben, die mit Gewerkschaften 'nichts am Hut haben'. Betriebsratsmitglieder sind nicht selten auch Mitglieder einer Gewerkschaft, ihr Wirken im Betrieb ist (hoffentlich) ausschließlich durch ihre betrieblichen Aufgabenstellungen geprägt.

     

    Ich selbst bin seit vielen Jahren BR-Mitglied und kein Gewerkschaftsmitglied.

     

    Übrigens: Einen BetriebsratsCHEF gibt es nicht, auch wenn die Medien diesen Titel gerne mal vergeben.

  • C
    clueless

    Guter u. richtiger Artikel, allerdings kennen ich keinen Gewerkschaftsvorsitzenden der wie ein Firmenchef bezahlt wird - auch wenn manche von ihnen sicherlich kein schlechtes Gehalt beziehen.