Kommentar Bamf-Affäre: Wie Rassismus wirkt
Viele Asylbescheide sind fehlerhaft. Zum Aufreger wird das erst, wenn zu vielen Menschen Schutz gewährt wird. Der Skandal aber liegt woanders.
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Wie rechte Gewalt und rassistische Rhetorik wirkt, lässt sich derzeit in vielen Medien unter den Stichwörtern Bremer Bamf-Skandal, „Asylbetrug“ und weiteren zynischen Vokabeln ablesen. Es heißt, in Bremen und weiteren Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sei Menschen „zu Unrecht“ Schutz gewährt worden. Nachdem Bremen nun keine Asylanträge mehr bearbeiten darf, will Bundesinnenminister Horst Seehofer die Entscheidungen in zehn weiteren Außenstellen prüfen lassen, darunter auch die im schleswig-holsteinischen Rendsburg.
Unbeachtet bleibt dabei, dass Bamf-Stellen 2015 ausdrücklich vom damaligen Innenminister de Mazière (CDU) angewiesen waren, Verfahren von Menschen aus Eritrea, Somalia und Jesiden aus dem Irak zu verkürzen. Den Jesiden, um die es in Bremen geht, drohte im Irak ein Genozid – niemand bestritt ernsthaft, das ihnen das Menschenrecht auf Asyl zustand. Unrechtmäßig kann also höchstens die Art und der Ort sein, wo entschieden wurde, nicht aber die Entscheidungen selbst.
Viel schlimmer ist doch, dass falsche Asylentscheidungen erst dann zum großen Aufreger werden, wenn womöglich zu vielen Menschen Schutz gewährt wurde. Viele Asylbescheide des Bamfs sind fehlerhaft. Für Geflüchtete bedeutet das nicht selten: zurück in den Krieg.
Wo der Fehler liegt, zeigt sich an der hohen Erfolgsquote bei Klagen gegen Bamf-Bescheide vor Verwaltungsgerichten: Die lag 2017 bei 40 Prozent, bei Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan gar bei 60 Prozent.
Wie Rassismus wirkt, zeigt eine Studie der Uni Konstanz zu regionalen Unterschieden bei Asylentscheidungen. Ihr Fazit: Die Anerkennungsquoten sind insbesondere in den Bundesländern niedrig, in denen es zu rechter Gewalt gekommen ist. Eine rechtsextreme Stimmung innerhalb eines Bundeslandes kann sich demnach auch auf Entscheider im Bamf auswirken. Willkommenskultur wird jetzt sanktioniert.
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