Kommentar Bachmann-Preisträgerin: Bedächtige Nachkriegsliteratur
Man wünscht Maja Haderlap viele Preise. Nur gratuliert man ihr gerade zum Bachmannpreis nur mit halben Herzen, denn als Richtungsentscheidung ist er fatal.
D ass in den Buchläden Unvereinbares nebeneinanderliegt, daran hat man sich gewöhnt. Aber beim Wettlesen in Klagenfurt geht das nicht. Es gibt nun mal nur einen Bachmannpreis. Da muss man sich für einen Preisträger entscheiden.
Die Jury hat sich mit dem knappen Ergebnis von vier zu drei Stimmen für die österreichische Prosadebütantin Maja Haderlap entschieden. Und gegen die deutsche Nachwuchshoffnung Steffen Popp. Sie entschied sich für einen Text, der bedächtig durch den dichten Wald an der österreichisch-slowenischen Grenze streift und Gefühlserbschaften vom Zweiten Weltkrieg schildert. Und gegen einen Text, der nach neuen Formen sucht, um hochpoetisch den Ausflug dreier Menschen in die Hinterlassenschaft des Sozialismus in Thüringen zu schildern.
Man wünscht Maja Haderlap viele Preise. Nur gratuliert man ihr gerade zum Bachmannpreis nur mit halben Herzen, denn als Richtungsentscheidung ist er fatal. Das liegt nicht am Thema. Dass die österreichische Vergangenheitsaufarbeitung die deutsch-deutsche Geschichtserkundung schlägt - okay. Die Qualität von Literatur ergibt sich sowieso nicht aus dem Thematischen. Aber es liegt an der Form.
DIRK KNIPPHALS ist Redakteur für Literatur bei der taz.
Maja Haderlaps Text hat formal etwas Rückwärtsgewandtes, im Grunde ist das noch Nachkriegsliteratur mit ihren gebrochenen Heldengeschichten. Steffen Popp dagegen steht für eine Autorengeneration, die Möglichkeiten der neuen Literatur neben den neuen Medien, also Ausdrucksformen der Gegenwart ausprobiert.
In den Diskussionen zwischen den Lesungen fiel das Argument, der Bachmannpreis stünde für die Suche nach Neuem. Bei der Entscheidung, wer den Preis bekommt, haben die Juroren es mehrheitlich wieder vergessen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!