Kommentar BER-Desaster: Ganz große Flughafen-Koalition
Bundespolitiker drohen, dem BER den Geldhahn zuzudrehen. Ernst nehmen kann man das beim besten Willen nicht.
S iechende Parteien nutzen jede Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erhalten. Siehe FDP. Auf Landesebene versucht Parteichef Martin Lindner, mit markigen Sprüchen den Sprung in die Medien zu schaffen. Auf Bundesebene erklärt Fraktionschef Rainer Brüderle, der Flughafengesellschaft kein Geld mehr geben zu wollen.
Das ist natürlich totaler Quatsch: Dem Bund gehören 26 Prozent der Gesellschaft, die Riesenbaustelle kostet bereits 4,3 Milliarden Euro. Will die FDP riskieren, diesen zehnstelligen Betrag letztlich in den sprichwörtlichen märkischen Sand zu setzen und eine sinnlose Bauruine zu hinterlassen? Eben.
Bund trägt Verantwortung
Auch der Bund trägt Verantwortung für das Desaster an Berlins Stadtgrenze. Bisher duckten sich die zuständigen Politiker, allen voran Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), immer rechtzeitig weg. Schade eigentlich. Denn das behindert genauso die dringend nötige politische Aufarbeitung der Pannenserie wie Klaus Wowereits kaum erträgliches überhebliches Verhalten als Aufsichtsratschef.
Schräge Thesen Marke Brüderle wird es im heraufziehenden Bundestagswahlkampf noch des Öfteren geben – auch Ramsauer selbst wird noch die Pauke auspacken. Ob das bei den Wählern ankommt? Man darf glücklicherweise daran zweifeln. Sie haben in den vergangenen Jahren viel über den Pfusch bei Großprojekten und die Arroganz der Politik dabei erfahren müssen. Und sie wissen: Einfache Schuldzuweisungen sind meist zu simpel.
Der Großflughafen wird von einer ganz großen Koalition umgesetzt: Die FDP ist über den Bund dabei, Linkspartei und SPD über die beiden Länder, die Union über Bund und Länder. Sie alle müssen jetzt vermitteln, warum das Projekt noch sinnvoll ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt