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Kommentar Awacs in der TürkeiDies ist kein Routineeinsatz

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Ein Mandat dürfte die Regierung leicht bekommen. Durch den Awacs-Einsatz könnte sich aber ein Konflikt mit Russland entwickeln.

Da fliegt er hin, der Aufklärer. Mit oder ohne Bundestagsmandat? Foto: reuters

D ie Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Sie kann im Ausland nur dann bei bewaffneten Unternehmungen eingesetzt werden, wenn der Bundestag vorher zustimmt. Das gilt auch, wenn deutsche Soldaten in integrierten Nato-Einheiten eingesetzt werden, wie bei den AWACS-Aufklärungsflugzeugen, die jetzt in die Türkei verlegt werden sollen.

Es kommt dabei nicht auf eine offensive Ausrichtung des Einsatzes an. Es genügt, dass eine konkrete Gefahr besteht, dass deutsche Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen einbezogen werden. Das gilt gerade auch für den defensiven Einsatz von Awacs-Fliegern, wie das Bundesverfassungsgericht schon 2008 entschieden hat.

Man kann die damalige Situation allerdings nicht einfach mit der heutigen gleichsetzen, auch wenn es beide Male um Einsätze in der Türkei ging. Der Awacs-Einsatz 2003, über den Karlsruhe fünf Jahre später entschied, sollte die Türkei gegen konkret angedrohte Angriffe des Irak unter Saddam Hussein verteidigen helfen. Dagegen sind die Drohungen Russlands gegen die Türkei bislang eher vage. Die Türkei werde den Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs noch „bereuen“, sagte Wladimir Putin Anfang Dezember. Es ist nicht anzunehmen, dass nun unmittelbar militärische Vergeltungsschläge Russlands gegen die Türkei drohen.

Aber was passiert, wenn per Awacs eine neue Luftraumverletzung durch russische Jets festgestellt wird? Oder wenn Awacs erkennt, dass russische Bomber turkmenische Dörfer angreifen? Will man dies der Türkei verheimlichen oder erst drei Wochen später mitteilen, damit nicht erneut sofort geschossen wird?

Leider ist den beiden Macho-Staatsmännern Putin und Erdoğan auch jede brandgefährliche Eskalation zuzutrauen, zumal sich die Interessenlage in Syrien schnell ändern oder zuspitzen kann. „Gerade in politisch und militärisch instabilen Regionen bedarf es häufig nur eines geringen Anlasses, um eine eskalierende Konfliktdynamik in Gang zu setzen“, betonte das Bundesverfassungsgericht im September mit Blick auf einen Bundeswehreinsatz in Libyen. Auch dort verlangte Karlsruhe ein Bundestagsmandat, obwohl es nur um die Evakuierung europäischer Bürger ging.

Falsche Rücksichtnahme

Die Bundesregierung wäre also auf der sicheren Seite, wenn sie sich für den Awacs-Einsatz deutscher Soldaten in der Türkei ein Mandat des Bundestags holen würde. Angesichts der Mehrheit der Großen Koalition müsste sie dabei nicht einmal zittern.

Wenn die Regierung aber doch auf ein Mandat verzichtet, dürfte dies eher daran liegen, dass sie über die Hintergründe des Awacs-Einsatzes – den Konflikt zwischen der Türkei und Russland – am liebsten gar nicht sprechen würde.

Diese diplomatische Rücksichtnahme ist hier aber fehl am Platz. Der Bundestags-Vorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr soll ja gerade verhindern, dass Deutschland ohne Kenntnis der Risiken unversehens in einen militärischen Konflikt schlittert. Der Grundgedanke des Parlamentsvorbehalts spricht deshalb dafür, ihn auch hier anzuwenden. Die Bundesregierung muss also alle Gründe für den Militäreinsatz offenlegen, ebenso alle Risiken – damit die Öffentlichkeit informiert ist und der Bundestag eine zumindest verantwortungsvolle Entscheidung treffen kann. Der Einsatz in der Türkei ist eindeutig kein Routineeinsatz.

Anmerkung: Der Autor hat am 28. 12. um 13 Uhr einen neuen vierten Absatz eingefügt.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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5 Kommentare

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  • Wegen der fortgesetzten Massaker des Assad-Regimes und seiner Unterstützung durch die Putinisten sollte sich unbedingt ein Konflikt mit dem Kreml entwickeln.

     

    Unterstützen wir Kriegsdienstverweigerer aus Russland.

     

    Schluss mit der russischen Barbarei und dem Beutezug!

  • "Macho-Staatsmännern Putin und Erdoğan" Putin und Erdogan mit einander gleichzusetzen, zeugt von Inkompetenz! Größter Unterschied ist, dass Erdogan mit der Turkei Natomitglied ist und vom "Westen" angesichts der Flüchtlingsprobleme von der EU hofiert wird. Die Türkei hat zudem ein russisches Flugzeug abgeschossen und führt Krieg im eigenen Land gegen die Kurden, unterstützt den IS und führt kriegerische Aktionen im Irak und Syrien durch. Während gegen Russland ein Wirtschaftskrieg geführt wird, wird Erdogan und die Türkei unterstützt. Die EU wie die Nato stehen mit Blick auf die Türkei auf der Seite von Gewalt, Krieg und Terror.

    • @Julianne:

      ;)

       

      ein hübscher Versuch - but

      Beides Machos -

      Mehr ist nicht gesagt - &

      Das - stimmt - &

      Klemmis dazu - beide.

  • Während es beim Irak um Drohungen ging, geht es hier um aktuelle Kämpfe. Sowohl Syrien als auch die Türkei haben schon Flugzeuge abgeschossen. Daher ist hier erst recht ein Bundestagsmandat erforderlich.

    Die andere Frage ist, ob das Syrienmandat diesen Einsatz nicht bereits umfasst. Ganz klar geht es hier um den gleichen Kontext und "Luftaufklärung" ist Teil des Mandats. Ob die Flugzeuge über Syrien fliegen um Daten zu sammeln oder über der Türkei fliegen und dann nach Syrien blicken, dürfte keinen Unterschied machen - insbesondere da die Tornados auch von der Türkei aus starten.