Kommentar Ausnahmezustand in Ägypten: Feuer in Kairo
Al-Sisi bezeichnet den Ausnahmezustand als Waffe im Kampf gegen den Terrorismus. Jetzt muss er beweisen, dass er sich nicht wie Assad verhält.
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D as Zögern des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi dauerte nicht lange: Nur Stunden nach den blutigen Anschlägen auf zwei koptische Kirchen – bei denen mindestens 44 Menschen umgekommen waren – verhängte al-Sisi am Montag für drei Monate den Ausnahmezustand. Nach der Verfassung muss dem noch das Parlament zustimmen, aber das dürfte nur eine Formsache sein in al-Sisis Ägypten. So, wie es dies unter fast allen seinen Vorgängern der Fall gewesen war.
Die erste Maßnahme war denn auch sofort nach den Anschlägen, das Militär landesweit „zur Absicherung wichtiger Einrichtungen“ einzusetzen.
Ob der Ausnahmezustand eine Verbesserung oder nicht eher eine gravierende Verschlechterung des ägyptischen Alltags mit sich bringen wird, mag dahingestellt sein: Festnahmen ohne Haftbefehl etwa, Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte, Zensur und andere Beschneidungen der Menschenrechte sind in Ägypten ohnehin an der Tagesordnung und niemand weiß, was aus Abertausenden von Festgenommenen geworden ist, die Menschenrechtler in den letzten Jahren gezählt haben.
Al-Sisi bezeichnet den Ausnahmezustand als Waffe im Kampf gegen den Terrorismus. Angesichts der Anschläge vom Palmsonntag wird man ihm das auch abzunehmen bereit sein. Besonders in Europa und den USA, wo man schon hinsichtlich Syrien nicht weiterweiß. Sicher werden auch viele Ägypter dies hinnehmen, denn seit dem Sturz Mubaraks und dessen Folgen wünschen sie sich nichts mehr als eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und ein Ende der gegenseitigen Gewalt.
Hier liegt die Bewährungsprobe für al-Sisi: Er muss beweisen, dass er nicht – wie Assad das tut – jeden zum Terroristen abstempelt und verfolgt, der politisch nicht mit ihm einverstanden ist. Sonst dient der Ausnahmezustand nur der Sanktionierung von Maßnahmen zum eigenen Machterhalt.
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