piwik no script img

Kommentar Atomabkommen IranIm Schatten einer unheiligen Allianz

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die erste Vereinbarung zu Irans Atomprogramm war ein großer Erfolg. Doch Israel und andere Gegner könnten ein endgültiges Abkommen noch verhindern.

Kompromissbereit? Irans neuer Präsident Hassan Rohani könnte zehn Jahre Streit über Teherans Atomprogramm beenden. Bild: reuters

D as erste Abkommen zwischen dem Iran und der internationalen Staatengemeinde nach zehn Jahren eskalierendem Streit über Teherans Atomprogramm ist ein großer Erfolg. Auch wenn es aus Gründen der Gesichtswahrung für Irans neuen Präsidenten Hassan Rohani als hart erkämpfter Kompromiss verkauft wird: Teheran hat in den Verhandlungen mit einer vorläufigen Ausnahme alle Forderungen erfüllt.

Wird dieses Abkommen auch umgesetzt, kann Teheran durch die internationale Staatengemeinschaft zumindest in den nächsten sechs Monaten überprüfbar keinerlei Entwicklungen mehr betreiben, die auch zur Entwicklung von Atomwaffen nutzbar wäre.

Wer jetzt das Gegenteil behauptet und wie Israels Premierminister das Abkommen als „historischen Fehler“ denunziert, redet wider besseres Wissen. Offensichtlich hat Netanjahu Sorge, dass sich die Aufmerksamkeit in Washington und anderen Hauptstädten nach Beilegung des Konflikts mit dem Iran wieder auf den israelisch-palästinensischen Konflikt richtet.

Mit seiner Hoffnung auf das Scheitern der Irandiplomatie befindet sich der israelische Regierungschef in einer unheiligen Allianz mit den saudischen Wahhabiten, den wichtigsten Sponsoren und Finanziers des – auch gegen Israel – gerichteten Terrorismus. Und mit rechtsradikalen Republikanern und ideologisch verbohrten Tea-Party-Politikern im US-Kongress, deren einziges Ziel es ist, Präsident Barack Obama auf allen Gebieten der Außen- wie der Innenpolitik zu behindern.

Zu dieser unheiligen Allianz gehören schließlich auch die konservativen Mullahs und Hardliner in Teheran, die auf das Scheitern des gemäßigten Präsidenten Rohani setzten und sich den bösen Satan USA als Hauptfeind erhalten wollen.

Noch kann es dieser unheiligen Allianz gelingen, ein endgültiges Abkommen mit Teheran zu verhindern, das die Sorge vor einer iranischen Atombombe endgültig aus der Welt schafft und damit auch den Konflikt um Teherans Nuklearprogramm beilegt. Sollte es dazu kommen, würde die Gefahr eines Krieges mit dem Iran größer als je zuvor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • KW
    kuschel wuschel

    liebe taz redaktivisten,

    könnt ihr nicht das bild

    von chameney reinsetzen?

     

    rohani ist doch nur ein

    lakei ohne macht, auf

    weisungen von chameney

    angewiesen.

  • Das Abkommen ist aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, wie alles mit Chancen und Risiken versehen.

     

    Doch den Gegnern der eigenen Überzeugung, so denen in Israel und Saudi Arabien, einfach nur verdeckte sonstige Motive zu unterstellen finde ich etwas billig. Dass man gerade in Israel angesichts der Rhetorik Irans aus der Vergangenheit und der Geschichte des eigenen Volks die Risiken teilweise etwas stärker gewichtet, erscheint mir durchaus authentisch (wenn auch im Ergebnis falsch).

  • und - nicht zu vergessen - wenn der deal eingehalten und in ein endgültiges abkommen überführt wird, dann ist Israel an der reihe, die karten auf den tisch und seine atomwaffenbestände offen zu legen - und der kontrolle durch dritte zu unterstellen. nichts fürchtet man in Tel Aviv (ich meine: Jerusalem) mehr als dass sich die idee eines atomwaffenfreien nahen und mittleren ostens durchsetzen könnte!

    • KW
      kuschel wuschel
      @christine rölke-sommer:

      wieso, hat israel leztens den atomsperrvertrag unterzeichnet?

      hab ich was verpasst oder ist das

      so ein privater wunschtraum?

  • zumach ist für seine extrem antiisraelische haltung bekannt.

     

    als iraner habe ich es selbst erlebt, dass die mullahs weltmeister in sachen lügen und betrügen sind. dadurch haben sie 1979 erst überhaupt die macht ergriffen.

  • Ueber Feinde darf man sich nicht beschweren und die Israelis werden schon noch einsehen, dass sie auf laengere Sicht mit dem Iran besser fahren. Das gespielte Gejammer aus Jerusalem nervt lediglich immer mehr.

  • B
    Blechstein

    Ich stimme ihrer Analyse zu.

  • W
    Wolfgang

    Die eigentliche nuklear-militärische Bedrohung für die physische Existenz Israels besteht durch das religiös-staatsterroristische Regime Saudi-Arabiens, der künftigen Atommacht im Nahost.

     

    Saudi-Arabiens Prinzen-Monarchie finanziert den internationalen religiös-fundamentalistischen Terrorismus weltweit - und plant bis 2032 den Bau und die Fertigstellung von 16 Atomkraftwerken für 80 Milliarden US-Dollar. -

     

    An der nuklearen Bauausführung und wissenschaftlichen Zusammenarbeit in Saudi-Arabien (hierfür) sind unter anderem Frankreich, China, Südkorea, Japan und die USA beteiligt.

  • P
    PeterWolf

    Ich hoffe, dass der Iran die energetische Nutzung der Kernenergie nochmal überdenkt.

    War da nicht mal ein Störfall mit einem Computervirus im Iran?

    Wer Kernkraftwerke betreibt, muss keine Atomwaffen fürchten, den die hat er ja schon bei sich selbst installiert.

    Und wenn nicht durchs Internet, reicht schon eine konventionelle, bunkerbrechende Rakete.

    Deutschland war da Vorreiter durch die offizielle Veröffentlichung aller Angriffskoordinaten seiner Atomanlagen. (Wenngleich auch aus viel dämlicheren Grund)

    Ein ziemlich guter Anlass, der Atomkraft zu entsagen!

  • RK
    Roland Krüger

    Wenn der Westen tatsächlich an Frieden in Nahen Osten interessiert war/ist, müssten die Atom-Aktivitäten vom "Jüdischen Staat" Israel entsprechend mit funktionierenden Sanktionen begleitet werden. Sonst war alles nur Theater

  • A
    Abwarten

    Mit dem Feiern wäre ich mal langsam. Ob es ein Erfolg war weiß man bei sowas meist erst später. Da gab es mal Leute die mit dem Münchner Abkommen den zweiten Weltkrieg verhinderten. Dachten sie zumindest. Falls es hier nicht klappt wird man es wissen wenn irgendwo große Pilze aus der Erde kilomerterweit in die Luft wachsen.

  • Nachdem ich mir eben in den 20-Uhr ARD-Nachrichten anhören musste, dass wegen dieses Abkommens mit dem Iran nunmehr Israel einen zweiten Holocaust befürchte, weiß ich einmal mehr die taz mit solch nüchtern-fundierten Kommentaren wie dem von Andreas Zumach zu schätzen. Gut so.