Kommentar Atomabkommen Iran: Im Schatten einer unheiligen Allianz
Die erste Vereinbarung zu Irans Atomprogramm war ein großer Erfolg. Doch Israel und andere Gegner könnten ein endgültiges Abkommen noch verhindern.
D as erste Abkommen zwischen dem Iran und der internationalen Staatengemeinde nach zehn Jahren eskalierendem Streit über Teherans Atomprogramm ist ein großer Erfolg. Auch wenn es aus Gründen der Gesichtswahrung für Irans neuen Präsidenten Hassan Rohani als hart erkämpfter Kompromiss verkauft wird: Teheran hat in den Verhandlungen mit einer vorläufigen Ausnahme alle Forderungen erfüllt.
Wird dieses Abkommen auch umgesetzt, kann Teheran durch die internationale Staatengemeinschaft zumindest in den nächsten sechs Monaten überprüfbar keinerlei Entwicklungen mehr betreiben, die auch zur Entwicklung von Atomwaffen nutzbar wäre.
Wer jetzt das Gegenteil behauptet und wie Israels Premierminister das Abkommen als „historischen Fehler“ denunziert, redet wider besseres Wissen. Offensichtlich hat Netanjahu Sorge, dass sich die Aufmerksamkeit in Washington und anderen Hauptstädten nach Beilegung des Konflikts mit dem Iran wieder auf den israelisch-palästinensischen Konflikt richtet.
Mit seiner Hoffnung auf das Scheitern der Irandiplomatie befindet sich der israelische Regierungschef in einer unheiligen Allianz mit den saudischen Wahhabiten, den wichtigsten Sponsoren und Finanziers des – auch gegen Israel – gerichteten Terrorismus. Und mit rechtsradikalen Republikanern und ideologisch verbohrten Tea-Party-Politikern im US-Kongress, deren einziges Ziel es ist, Präsident Barack Obama auf allen Gebieten der Außen- wie der Innenpolitik zu behindern.
Zu dieser unheiligen Allianz gehören schließlich auch die konservativen Mullahs und Hardliner in Teheran, die auf das Scheitern des gemäßigten Präsidenten Rohani setzten und sich den bösen Satan USA als Hauptfeind erhalten wollen.
Noch kann es dieser unheiligen Allianz gelingen, ein endgültiges Abkommen mit Teheran zu verhindern, das die Sorge vor einer iranischen Atombombe endgültig aus der Welt schafft und damit auch den Konflikt um Teherans Nuklearprogramm beilegt. Sollte es dazu kommen, würde die Gefahr eines Krieges mit dem Iran größer als je zuvor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge