Kommentar Artenschutz in Afrika: Naturschutz ist nur das Label
Afrikanische Regierungen gehen gegen Wilderer vor. Es geht ihnen nicht um Artenschutz, sondern um Profit. Sie sollten sich um die Armen kümmern.
T onnenweise wurden 2016 Stoßzähne von Elefanten in der kenianischen Steppe aufgetürmt und mit Benzin übergossen wie ein gigantischer Scheiterhaufen. Das Feuer war symbolischer Akt: der Anfang des „Krieges gegen die Wilderei“. Die Weltgemeinschaft beschloss: Der Tierschutz muss robuster werden.
Unter der Losung „Professionalisierung“ werden seitdem Parkwächter ausgebildet. Sie erhalten militärisches Gerät und werden zu neuen Macht- und Gewaltakteuren, die mitunter auch Menschenrechtsverbrechen begehen. In Afrika nennt man sie bereits die „Grüne Armee“.
Menschen haben in den Nationalparks nichts mehr zu suchen. Wer sich dennoch weiterhin dort aufhält, wird als Wilderer kriminalisiert und von den Parkwächtern gejagt. Die Gesetze gegen die Wilderei werden verschärft: In Kenia soll nun sogar die Todesstrafe drohen.
Doch diese Wilderer sind Anwohner, die zu arm sind, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Sie werden angeheuert von kriminellen Gangs oder jagen zum Eigenerwerb. Hätten sie eine Möglichkeit, ein geregeltes Einkommen zu erwerben, würden sie nicht ihr Leben riskieren.
Hightech statt Menschenrecht
Früher waren Armutsbekämpfung, Förderung lokaler Gemeinden, Sensibilisierung der Bevölkerung Teil des Artenschutzes. Stattdessen wird nun teures Hightech-Gerät angeschafft.
Kriminellen Netzwerken das Handwerk zu legen – das ist eigentlich eine gute Ambition. Den afrikanischen Regierungen geht es aber nicht um Artenschutz, sondern um Profit. Staaten wie Südafrika, Uganda, Kenia, Ruanda oder Tansania erwirtschaften einen Großteil ihres Budgets aus dem Safari-Geschäft. Eine Stunde Besuch bei den Berggorillas kostet 1500 Dollar. Für den Abschuss des simbabwischen Löwen Cecil hat 2015 ein US-Zahnarzt 45.000 Dollar bezahlt. Der qualvolle Tod des Löwen sorgte für internationalen Aufschrei. So viel Aufmerksamkeit bekommt ein Massaker im Kongo nicht. Die Spendenbereitschaft für den Tierschutz steht bei den Deutschen auf Platz zwei, gleich nach der Humanitären Nothilfe.
Naturschutz ist auch das Lieblingskind der Entwicklungszusammenarbeit. Selbst wenn im Kongo alle EZ-Gelder eingefroren werden – Nationalparks werden meist durch alle Kriege hinweg fort finanziert. Die Bundesregierung hat seit 2005 für die Nationalparks im Kongo-Becken über 440 Millionen Euro ausgegeben. Im Bundestag wird argumentiert: Wenn die deutsche EZ die Parks nicht finanziere, würden die Gorillas aussterben.
Profiteure sind Rüstungskonzerne, die sich mittlerweile auf zivile Sicherheits- und Kommunikationstechnologie konzentrieren. Wo mal „Naturschutz“ draufstand, ist jetzt „Militarisierung“ drin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Dunkelflaute treibt Strompreis hoch
Endlich im Rampenlicht
Gründe für das Aus der SPD-Kanzler
Warum Scholz scheiterte
Antifa-Aktion gegen Burschenschaft
Mauer gegen rechts mal praktisch
Habeck fordert Milliardärssteuer
Wer glaubt noch an Robert Hood?
Stromspeicher für Erneuerbare Energien
Deutschland sucht die neue Superbatterie
Jette Nietzard gibt sich kämpferisch
„Die Grüne Jugend wird auf die Barrikaden gehen“