Kommentar Argentiniens Schuldenstreit: Einigung mit Anhang
Argentinien will seine Anleiheschulden begleichen. Ein faires Insolvenzrecht wird der Staat aber auch in Zukunft nicht haben.
A rgentiniens Kampf gegen die Geierfonds ist zu Ende. Mit dem rechtskonservativen Mauricio Macri zog auch das Versprechen in den Präsidentenpalast ein, den Schuldenstreit mit den US-Hedgefonds zu beenden. Für Macri und seine Ministertruppe aus ehemaligen Managern und Bankern war die unerbittliche Haltung von Amtsvorgängerin Cristina Kirchner gegen eine Einigung mit den Gläubigern nur noch ideologischer Ballast, der vom Weg zurück auf die internationalen Finanzmärkte schnellstens weggeräumt werden musste. Koste es, was es nun mal kostet.
Die US-Hedgefonds haben auf lediglich 25 Prozent ihrer angelaufen Forderungen verzichtet. Damit zeigen sie auch jenen Gläubigern den Mittelfinger, die sich bei den Umschuldungsprogrammen von 2005 und 2010 mit bis zu 70-prozentigen Abschlägen auf ihre Forderungen einverstanden erklärten. So ist die Einigung auch ein Rückschlag für ein faires staatliches Insolvenzrecht, bei dem Gläubiger Abstriche von ihren Forderungen machen müssen, dafür aber immerhin eine Gleichbehandlung erwarten dürfen.
Argentiniens alte Regierung hatte genau darauf gedrängt, als auf ihre Initiative hin die Vollversammlung der Vereinten Nationen im September 2015 eine Reihe von Prinzipien billigte, die als Rahmen eines verbindlichen Systems für die Restrukturierung der Schuldenlast souveräner Staaten dienen sollten. Der wichtigste Punkt: Eine von der Mehrheit der Gläubiger akzeptierte Neuregelung des Schuldendienstes soll nicht durch einzelne Gläubiger vor Gericht angefochten werden können, die mit der Regelung nicht einverstanden sind.
Wäre dieser Punkt international verbindliche Praxis, wären den Hedgefonds zumindest juristisch die Hände gebunden. 136 Staaten stimmten dafür, 41 enthielten sich. Die nur sechs Gegenstimmen kamen von den USA, Großbritannien, Kanada, Japan, Israel und Deutschland. Verbindlichen Charakter hat das UN-Votum jedoch nicht – und das Interesse der internationalen Gemeinschaft daran scheint erloschen zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands