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Kommentar Anschlag in IstanbulTerror as usual

Cigdem Akyol
Kommentar von Cigdem Akyol

Viele Türken bringt der tödliche Anschlag in Istanbul nicht mehr aus der Fassung. Aber das Terrorproblem in dem Land fängt gerade erst richtig an.

Nach dem Anschlag in Istanbul. Foto: dpa

A uch wenn es sich bitter anhört: Der am Dienstag im Istanbuler Touristenviertel verübte Anschlag bringt die Türken nicht mehr aus der Fassung. Nach all den Ermordeten der vergangenen Monate sind die bislang zehn Toten vom Dienstag nur noch eine weitere Zahl in der Statistik – zumal es sich um Ausländer, vor allem um Deutsche handelt.

So verwundert es nicht, dass nur zwei Stunden nach dem Terroranschlag die Trambahn wieder ganz normal durch das Altstadtviertel fährt. Zwar ist die Fläche rund um das Attentat von Sicherheitskräften abgesperrt worden, doch Touristen – wenn auch nur wenige – spazieren scheinbar ungerührt um die weltberühmten Sehenswürdigkeiten Hagia Sophia und Blaue Moschee.

Schon seit Monaten leben die Türken damit, dass ständig Terrorwarnungen herausgegeben werden. Mal soll die Metro gemieden werden, dann wird vom Besuch von Massenveranstaltungen oder von Supermärkten abgeraten. Die Türkei sei Ziel Nummer eins aller Terrorgruppen in der Region, so benannte das der stellvertretende Regierungschef Numan Kurtulmuş – und genau mit diesem Bewusstsein ertragen die Türken ihren Alltag.

Vor allem die Attacke auf eine Friedensdemonstration im Oktober war eine Zäsur, als über 100 Menschen von zwei mutmaßlichen IS-Terroristen mit in den Tod gerissen wurden. Da ist der jetzige Anschlag, so zynisch es sich auch anhört, nur noch ein weiterer. Zumal mit weiteren Anschlägen gerechnet wird. Denn es gibt nicht nur den „Islamischen Staat“.

Im kurdischen Südosten der Türkei herrscht seit Monaten der Ausnahmezustand. Laut Armeeangaben wurden seit Beginn der im Dezember gestarteten Offensive 448 PKK-Anhänger getötet. Regierungskritische Medien berichten täglich von Zivilisten, die zwischen den Fronten umgekommen sind. Ein Überschwappen des Konflikts in die im Westen der Türkei gelegenen Großstädte wird immer wahrscheinlicher – erst letzte Woche verkündete die PKK, dass ihre Kämpfer landesweit „in Stellung“ seien.

Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat den Istanbuler Anschlag sehr schnell dem IS zugeschrieben. Am Sonntag hatte er auf einem Parteikongress erklärt, dass die Militäroperation in Südostanatolien erst dann beendet würde, wenn das Terrorproblem beseitigt worden sei. Das aber fängt gerade erst richtig an.

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Cigdem Akyol
tazzwei-Redakteurin (ehem.)
Jahrgang 1978, studierte Slavistik und Völkerrecht an der Uni Köln. Anschließend Ausbildung an der Berliner Journalisten Schule. Seit 2006 bei der taz, zunächst im Inlandsressort, 2007 Wechsel zu tazzwei. Schwerpunkte hier waren Islamismus und NS. Nach Aufenthalten im Nahen Osten, in Zentralafrika, China und Südostasien ging sie 2014 als Korrespondentin nach Istanbul. Sie ist Autorin des 2015 erschienenen Sachbuches "Generation Erdoğan" (Kremayr & Scheriau).
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6 Kommentare

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  • Wer könnte es gewesen sein? Die Frage hat nur dann Sinn, wenn der naheliegende Nutzen in Betracht gezogen wird. So gerät auch die Veröffentlichung über russische Verbindungen zu einer großartigen Nebelnummer.

    MfG.

  • Wer redet hier von PKK? Noch nicht einmal der türkische Ministerpräsident zieht diese Verbindung und spricht von der IS.

     

    Die Türkei ist wie andere Staaten - von den USA angefangen bis in das Herz der EU - zunehmend zwiegespalten. Die Gesellschaften dieser Welt befinden sich alle in einem grundsätzlichen Konflikt zwischen

     

    - Moderne und Tradition

    - Nationalismus und Solidarität

    - Kapitalismus und Sozialismus

    - Fundamentalismus und Toleranz

    - Machtstreben und demokratischer Praxis

     

    Was die Führung der Türkei veranstaltet, das läßt das Schlimmste befürchten - und dafür sind mit großer Sicherheit nicht die PKK oder die Kurden verantwortlich. Es ist nicht zu vertreten, daß Deutschland und die EU den derzeitigen Kurs der Türkei unterstützen.

  • Aufpassen

    Ich glaube nicht, dass die Attentäter zu IS gehören. Auf keinen Fall. Entweder sind das PKK oder Geheimdienste anderer Länder, die die starke Beziehung Deutschlands zu Türkei schaden möchten.

    Aufgrund meiner Arbeit mit den ganzen Ausländern in Deutschland sind die Syrer im Vergleich zu der Rest von Ausländern vernünftig, gebildet und führen eine Straffreies Leben.

    Ich habe viele Fachanwälte für Strafrecht gefragt ob sie auch gemerkt haben, dass fast kein einziger Syrer begeht Straftaten. Alle haben dies bestätigt. In meiner ganzen Karriere hatte ich bis jetzt nur ein Fall. Dabei ging es um Verschwiegene Mängel beim Verkauf eines Autos.

    Ich glaube, dass Frau Merkel nicht nur aus Menschlichkeit Syrer empfängt sondern es handelt sich um eines der klügsten industriellen Gesellschaft. Viele Fachkräfte sind nach Deutschland gekommen. Hunderte Ärzte sind nach Deutschland gekommen... Deshalb keine Panik. Terrorakten werden heutzutage eher von Geheimdienste geübt oder mit deren geheime und indirekte Hilfe.

    • @Sara:

      Warum sollte Erdogan die Gelegenheit verpassen, wenn es denn die PKK sein könnte, ihnen das Attentat in die Schuhe zu schieben? Syrer begehen im Schnitt genauso viele Straftaten, wie der Rest der Welt. Attentäter sind kein nationales Merkmal.

  • Sollte die PKK diesen Anschlag verübt haben, wäre das der erste auf Zivilisten. Bisher war das Ziel der PKK ausschließlich Sicherheitskräfte. Der IS käme eher infrage: als Rache dafür, dass die Armee seit ein paar Wochen auch den IS bekämpft.

    • @Thomas Kniep:

      In den 90ern verübte die PKK gezielt Anschläge gegen Touristen. Allerdings dürfte die PKK dies mittlerweile als Fehler ansehen. Wenn das Attentat von kurdischer Seite kam, dann wohl eher von Splittergruppen. Wahrscheinlicher ist jedoch ein islamistischer Hintergrund.

      Die türkische Regierung würde sicher lieber die PKK verantwortlich machen, um weiter ihre Militäraktionen im Osten zu rechtfertigen.. Wenn sie jetzt jedoch den IS dafür verantwortlich macht, dann gibt es kaum einen vernünftigen Grund dies zu bezweifeln.