Kommentar Anschlag auf Asylheim: In Kreuth über Rassismus reden
Seit Monaten warnt die CSU vor so genannten Armutsflüchtlingen. In Germering brennt nun ein Asylheim. Ein böses Revival bahnt sich an.
![](https://taz.de/picture/128258/14/Asylbewerber_Hoyerswerda.jpg)
E in 1990er-Jahre-Revival bahnt sich in Deutschland an – leider keins mit Tamagotchis und Nirvana, sondern eines mit brennenden Migranten. Ob das Flüchtlingsheim in Germering bei München von einem Rassisten angezündet wurde, ist zwar noch unklar. Die Unterkunft ist aber nicht die erste ihrer Art, die in den letzten Monaten brannte. Und die öffentliche Aufmerksamkeit ist gering.
Rückblick. Die frühen 1990er Jahre, die Unionsparteien fahren einen Anti-Asyl-Kurs. Entgegen aller Fakten schüren sie Ängste vor einer Flüchtlingsschwemme. Viele Medien spielen mit, der Bundestag schafft das Asylrecht zu großen Teilen ab, und Rassisten erheben sich zu einer Welle der Gewalt, von Hoyerswerda bis Solingen. Gewiss: Die Politik wollte keine Toten. Aber sie nahm sie in Kauf.
Und heute? Seit Monaten warnen Konservative vor vermeintlichen Armutsflüchtlingen aus Südosteuropa. Zahlen des Arbeitsministeriums beweisen, dass sie übertreiben. Die CSU ließ sich aber nicht davon abhalten, vor ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth plumpe Parolen zu verbreiten.
Die Konservativen wollen nicht, dass Menschen brennen. Aber wieder verbreiten sie eine Stimmung, die Rassisten das Gefühl vermittelt, selbst Hand anlegen zu müssen. Mindestens zehn Anschläge gab es seit August auf Flüchtlingsheime und ähnliche Unterkünfte. Dass bislang niemand gestorben ist: purer Zufall.
Für den ersten Toten werden alle Blumen niederlegen. Auch die Politiker, die heute über Bulgaren und Rumänen herziehen. Dass es soweit nicht kommt, haben sie selbst in der Hand. Eine neue Klausurtagung wäre nötig, der Bundestag nach Wildbad Kreuth, die Übertragungswagen hinterher und dann tagelang nur ein Thema: dass in Deutschland Asylheime brennen – und dass es so nicht weitergehen kann.
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