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Kommentar Amazons GeschäftsgebarenErbarmungslos

Jörg Sundermeier
Kommentar von Jörg Sundermeier

Für Amazon sind Bücher eine Ware wie Rasenmäher oder Druckerpapier. Doch die Marktmacht des Konzerns erfährt immer stärkeren Gegenwind.

Welche anderen Artikel kaufen Kunden, nachdem sie diesen Artikel angesehen haben? Bild: dpa

J eder und jede in der Buchbranche weiß, dass Amazon selten oder gar nicht auf Anfragen oder Proteste reagiert. Umso erstaunlicher, dass Amazon in den letzten Wochen ständig öffentlich reagiert, abwiegelt und beschwichtigt und – obwohl der Internet-Bestelldienst den Krieg um Rabatte und Lieferkonditionen selbst entfacht hat – sich bevorzugt als Opfer darstellt, das nur den Kundinnen und Kunden zuliebe mit den Verlagen ringe.

Der Gegenwind ist stark. Im letzten Jahr hatte der Konzern mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen, weil er die Arbeit in Versandlagern verhältnismäßig schlecht bezahlt und nicht mit Gewerkschaften verhandelt. Jetzt bekannt geworden, dass Amazon die Verlage bedrängt, um höhere Rabatte im E-Book-Geschäft herauszuschlagen. Bei gedruckten Büchern verlangt Amazon oft den eben noch vom Gesetzgeber erlaubten Handelsrabatt.

Mit dem Protest von Autorinnen und Autoren, der sogar von der Kulturstaatsministerin unterstützt wird, hatte der Konzern allerdings nicht gerechnet. Monika Grütters unterstützt sie, da auch die Bundesregierung langsam beginnt, die Marktmacht des Internetriesen zu fürchten. Zumal Amazon seine Steuern in Luxemburg zahlt und angekündigt hat, den Versand teilweise nach Polen zu verlegen.

Die Autorinnen und Autoren indes agieren – anders als jene, die direkt bei Amazon publizieren und sich vor ihren „Verlag“ gestellt haben – nicht auf Aufforderung ihrer Verlage. Sie wissen selbst, was eine marktbeherrschende Stellung von Amazon für sie bedeuten würde. In diesem Fall könnte Amazon ganz anders über die Preise bestimmen als jetzt.

Dabei ist Amazon nicht wirklich am Buch interessiert; es verhökert die „heilige Ware“ (Bertolt Brecht) genauso liebevoll wie Rasenmäher oder Druckerpapier. Dementsprechend wird der Konzern, sobald er die angestrebte Hegemonialstellung eingenommen hat – was durchaus wahrscheinlich ist –, die Konditionen noch mehr zu seinen Gunsten ändern.

In seiner Selbstwahrnehmung ist Amazon ein Internetgigant und ein Versandhändler. Inhalte sind da nur ein weiteres Instrument, um Marktanteile zu sichern. In diesem Sinne bleibt sich der Konzern, der ursprünglich „Relentless“ heißen sollte, auch nur treu. „Relentless“ heißt übersetzt: erbarmungslos.

Jörg Sundermeier ist Verleger des Verbrecher Verlags und regelmäßiger Autor der taz.

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Jörg Sundermeier
1970 in Gütersloh geboren, lebt in Berlin. Er betreibt mit Kristine Listau den Verbrecher Verlag (den er 1995 mit Werner Labisch gegründet hat) und ist Autor für diverse Zeitungen und Magazine. Er schrieb mehrere Bücher. Zuletzt „Die Sonnenallee" und „11 Berliner Friedhöfe, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt".
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8 Kommentare

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  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    und noch ein Erfahrungs-PS Buch:

     

    amazon verpflichtet sich, immer der günstigste Anbieter zu sein, das Marketplace-Seller ab, die ihre Produkte anderswo billiger verkaufen.

     

    Nun kommt das Entlarvende. Es geht nicht um die Kunden, amazon will die Konkurrenz platt machen.

     

    Gegenprobe. Amazon schreitet nicht ein, wenn Produkte der eigenen Subfirma createspace für das 1000-fache des Originalpreises verkauft, das passiert immer, wenn createspace-titel für unbestimmte Zeit nicht erhältlich sind, ist der Titel wieder normal erhältlich (es geht meist nur um Tage), geht der Dritthändler unter den Preis auf wundersame Weise. Vom 1000-fachen Gewinn in Prozent (1000 meint prozentual) bekommt amazon ca. 700%, der Dritthändler eine ganze Ecke weniger, dann kommt die Post und dann kommen Autor und createspace, die aber nur einen Anteil vom Originalpreis bekommen, die sehen keinen Cent von der 1000fachen (in Prozent) Preiserhöhung. Das entlarvt, dass amazon da überhaupt nicht kundenfreundlich ist, wie reklamiert wird und was auch Gert Scobel erzählen musste.

     

    Eine richtige tiefe Analyse hat noch keiner gemacht, die Medien bleiben sehr oberflächlich, die Autoren trauen sich nicht viel.

     

    Schlecht für amazon wird, wenn aus dem Verhalten bessere Alternativen zu amazon entstehen. amazon stand gut da, weil alle andern absolut versagt haben.

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    ich habe die Sache auf der amazon Facebook page genannt und wurde sofort gesperrt, nämlifch dass amazon deutschland über 3 800 000 likes auf Facebook verloren hat - der Laden in Deutschland ist völlig krank

     

    denn ich gehöre zu denen, die dort auch ein Einstellungsgespräch hatten und da verhielt man sich bei Kritik genauso, man war nach Bestehen ohne Angabe von Gründen draussen

     

    Demokratie ist bei amazon Deutschland nicht, da liegen die Nerven blank und vermutlich langsam auch der Umsatz

  • Warum sollte man die Ware "Buch" besonders schützen? Die meisten Bücher sind niveauloser Schrott, deren steuerliche Förderung durch reduzierten Mehrwertsteuersatz für Steuerzahler eine Zumutung ist. Ob ein Buch bedeutend, gut und lesenswert ist, zeigt sich a) oft erst nach Jahrzehnten und ist b) subjektiv und c) wer sollte darüber entscheiden? Verlage und Autoren guter Bücher mit kleinen Auflagen müssen jetzt noch schneller in die Gänge kommen und die Möglichkeiten des Internets nutzen (z.B.crowdfunding); jammernd auf das Mitgefühl der Leserschaft oder gar Firmen wie Amazon zu hoffen ist fatal.

    Die wichtigste Auseinandersetzung mit Amazon wird zur Zeit von ver.di geführt, nämlich die Frage, ob Amazon als Versand- und Einzelhändler verstanden wird oder nur als Logistik-Unternehmen. Davon hängt entscheidend ab, ob Amazon in Zukunft weiter den Markt mit Niedrigpreisen aufgrund von Niedriglöhnen beherrschen kann.

    Viele Einzelhändler und darunter insbesondere die Buchhandlungen werden bald nur noch eine Chance haben, wenn sie gleichzeitig einen guten Internetauftritt mit Versand anbieten. Wer jetzt pennt, wird ein böses Erwachen erleben.

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    und noch ein ps

     

    Bonnier wird genauso behandelt wie ein einzelner createspace-autor (der übrigens Verlagszusagen hatte usw) - das bedeutet auch, dass die Berichte über amazon völlig schief sind - der Umgang von Amazon in Deutschland mit Konflikten ist nicht grad elaboriert, man nimmt für alles die gleiche Keule, die Medien interessiert es nur, wenn es die Großen erwischt -

     

    und zum Boykott von Wallraff, ich darf auch als createpace Autor amazon boykottieren, kann aber genauso wie Wallraff nicht verhindern, dass Dritthändler meine Sachen dort anbieten und bei createspace gibt es dafür keine Preisbindung, die können für den identischen titel das 1000-fache verlangen und amazon ist das egal, aucgh wenn dabei Kunden betrogen werden

     

    andererseits verbietet amazon marketplace sellern Produkte die bei amazon angeboten werden, anderso günstiger anzubieten, da amazon mit den günstigsten Preisen wirbt, jedoch nicht einschreitet, wenn Produkte der eigenen Subfirma für das 1000-fache angeboten werden, von diesem 1000-fachen bekäme amazon ca. um die 700% - das ist ein gewaltiger Riss im eigenen Anspruch

     

    Amazon Deutschland macht Kritiker schnell mundtot oder verzögert die Titel usw und das ohne jede Kommunikation -- aber sind die traditionellen Verlage so viel besser, die erbarmungslos absagen, was denen nicht ins Programm passt, die Vebrecher sind betriebsblind

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Teil 3:

     

    auch die taz leistet sich Kleinkriege mit Kunden...

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Teil 2:

    Amazon Deutschland verhält sich gegen die eigene US Subfirma createspace so.

     

    Amazon hat das Ziel möglichst keinen Ärger und möglichst keine Friktion mit Kunden, das ist die Bezos-Vorgabe, amazon deutschland hält sich überhaupt nicht dran. Deutschland hat ein ganz spezifiscch eigenes Amazonproblem.

     

    Wenn man nun aber buecher.de usw anfragt, warum die keine createspace books verkaufen, erhält man keine Antwort. Man ist da überhaupt nicht besser.

     

    Es reisst gewaltig was ein, wie man Kunden behandelt.

     

    Auch der Verbrecher Verlag ist ein Verlag, der Autoren absagt und kein Sozialhilfeverein, die Verbrecher merken es nur nicht. Es geht darum, was der Brand Verbrecherverlag sellen kann und was nicht - das ist vielleicht der Unterschied zu amazon, die gnadenlos alles verkaufen - die Deutschen würde ich in die USA zur Lehre schicken. Auch was den Service angeht.

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Teil 1:

    Ich fetz mich momentan mit amazon, obwohl ich über 30 Bücher fort habe (Werbung wurde bislang noch gar nicht gemacht und ich hab schon Kundenfeedback GEGEN amazon inkl. Feedeback, man würde ja ein Buch schon kaufen, wenn es nicht bei amazon wäre, ich teilte amazon mit, ich bin nicht deren Abwimmelabteilung und prompt macht amazon Deutschland nur noch Ärger Bücher erscheinen nicht auf der page usw - alle andern amazon-Länder haben es auf der page, ich werde genauso als Einzelner wir Bonnier usw.). Amazon Deutschland agiert gegen die eigenen SubFirmen wie createspace usw.

     

    Anstatt, dass man kapiert, dass man auf Facebook 3 800 000 Likes mindestens verloren hat, leistet man sich Kleinkriege mit Kunden, das Management hat das zu verantworten, es stimmt bei amazon strukturell von oben bis unten nicht und das ist Amazon Deutschland - alle andern Amazon Länder haben nur Plus bei den Likes auf Facebook, Deutschland hat einen Absturz von 3 800 000 Likes mindestens.

     

    Es ist ein Klima spezifisch in Deutschland, das sich amazon nicht nur durch Medienberichte eingehandelt hat. Gert Scobel vom ZDF schilderte seine Erfahrungen mit amazon Deutschland öffentlich, da wussten auf einmal viele, dass sie genauso behandelt werden.

  • "Für Amazon sind Bücher eine Ware wie Rasenmäher oder Druckerpapier."

     

    Ähem..- Sorry, wenn ich den Autor hier auf den realen Boden dieses runden Planeten der heilsbringenden freien Marktwirtschaft zurückholen muß, aber das sollte spätestens seit dem "Streit um Asterix" von 1970 bekannt sein.

    Automatix: "Verleihnix ist ein Händler, und Fische verkaufen oder einen Zaubertrank, das ist für ihn im Grunde dasselbe."

     

    Denn für Kaufleute (BWLer) - nicht nur bei Amazon, sondern überall - sind alle Waren, scheißegal ob Kugelschreiber, Cheeseburger, Bücher, Babynahrung, Zeitungen, Bierdosen, Autos, Grillwurst, Druckerpapier, Tellerminen, Tofustücke, Kartoffeln, Zigaretten, Rasenmäher, Pornos, Zahnräder, Bajonette, Fischkonserven, Uranerz, Versicherungspolicen, Tampons, Panzer, elektronische Baugruppen, Medikamente, Munition....

    gleichbedeutend,

    nämlich lediglich Artikelnummern und Zahlen in einer Buchhaltung, für welche gilt:

    mehr und teurer verkaufen und dabei Kosten senken, scheißegal wie.

    And nothing else matters.