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Kommentar AirbnbVon wegen Mieterschutz!

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Städte wie Hamburg und Berlin machen mobil gegen Internetportale wie Airbnb. Aber wem dient diese Verteufelung der „shared economy“?

Ist der Kampf gegen Ferienwohnungen der Schüssel zu einer guten Wohnungspolitik? Foto: dpa

A irbnb ist der Teufel. Die weltweite Wohnungsvermietungs-Krake aus dem Internet ist schuld daran, dass wir in unseren Städten nicht mehr wohnen können. Weil sie Touristen aus aller Welt anlockt, die sich in beliebten Stadtvierteln breitmachen. Schlimm!

Tatsächlich ist die massive Umwandlung von Privat- in Ferienwohnungen in begehrten Innenstadtlagen ein Problem. Sie verknappt einen ohnehin engen Markt und führt so unmittelbar zur Mietsteigerung. Deshalb ist es richtig und notwendig, dass Städte wie Berlin und Hamburg nun gegen die Auswüchse der Zweckentfremdung vorgehen.

Fatal aber ist, dass gleichzeitig das eigentlich lobenswerte Konzept der shared economy kriminalisiert wird. Denn die gelegentliche Überlassung von Zimmern oder auch der während des eigenen Urlaubs leerstehenden Wohnung verknappt keinesfalls den Wohnungsmarkt.

Im Gegenteil ermöglicht sie Städtern, die steigenden Mieten ein wenig durch das Einquartieren von Gästen auszugleichen. Und ganz nebenbei ergibt sich die Chance zur internationalen Begegnung auf privater Ebene – ist doch schön!

Warum also fördern die Stadtregierungen dieses wunderbare Wohnen-auf-Zeit-Konzept nicht? Zum Beispiel mit einer klaren Rechtslage, die komplette Umwandlung verbietet, echte Privatzimmervermietung aber ausdrücklich erlaubt? Die Vermutung liegt nah: weil es eigentlich gar nicht um den Mietmarkt geht.

Selbst in Tourismus-Hotspots wie Berlin ist maximal 1 Prozent der Wohnungen betroffen. Bis zu 20 Prozent aller Reisenden entscheiden sich allerdings mittlerweile für ein Privatquartier, statt ins Hotel zu gehen. Es sind also vor allem die Hoteliers, die ein Problem haben, nicht die Mieter.

Beim Umgang mit Portalen wie Airbnb geht es also vor allem um die Frage, wer vom Boom des Städtetourismus profitieren darf: Nur Hotelbetreiber? Oder auch die Menschen, die in den Städten wohnen?

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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8 Kommentare

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  • Es geht ja gar nicht darum "WEM DIESE VERTEUFELUNG DIENEN SOLL", es geht darum, dass man in Deutschland nicht einfach wirtschaften kann wie man möchte, ohne sich an grundlegende Regeln der Wirtschaft und des Gewerbes zu halten. Mit welchem Recht, wird jeder Privathaushalt zu einem Hobbyhotel umgewandelt und verdient damit richtig viel "Asche" im Jahr?! Wenn es hier keine klaren Abgrenzungen zu ordentlichen Hotels gibt, sehe ich auch keinen Grund mehr, warum man Gewerbescheine für Handwerk, EDV, Frisöre, Pflegesedienstleistung, Lebensmittelvertrieb, Straßenverkauf oder Musikindustrie braucht?! Anscheinend darf dann jeder Privatmann seinen "Shop" an jeden über das Internet vermarkten, ohne auch nur irgendeinen Finger krumm zu machen. DAS ist für mich die Verarschung der gesamten Tourismusindustrie! Und "geteilt" wird hier schon lange nichts mehr, oder wurde noch nie!

  • “Lobenswert”?

     

    Wann werden grundlegende Marktprinzipien verstanden werden? Transparenz der Anbieter nutzt dem Käufer. Vollständige Vergleichbarkeit der Angebote stellt eine Situation der gegenseitigen ökonomischen Vernichtung her – die Preise fallen unter die Kosten. Der Markt reagiert darauf für gewöhnlich mit Konzentration bis hin zum Monopol. Eine Ausbeutergesellschaft entsteht.

     

    Der Wettbewerb bei AirBNB ist wie bei Uber ein unlauterer. Denn das “Eh-Da”-Argument des Schönrechnens sorgt dafür, dass von vornherein immer unter den echten Kosten angeboten wird. Und entsprechend kommen alle gewerblichen Anbieter unter die Räder, bis eine reine Selbstausbeutungsgesellschaft entsteht.

     

    Diese Mechanismen sind es, die für die sogenannte “Shared Economy” kennzeichnend sind. Mit dem Aufnehmen von Freunden in der eigenen Wohnung (“Couchsurfing”) hat das nichts zu tun.

  • 3G
    30226 (Profil gelöscht)

    Technologiegläubigkeit bleibt die schlechte Ausrede libertärer Kapitalismus-Fans. Nur weil etwas "shared economy" genannt wird, ist es nicht automatisch etwas anderes als zentralisierte Organisation von Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft.

    • @30226 (Profil gelöscht):

      Amen! Sehr gute Worte! Würden 2 Handwerker auf dem Bau ohne Gewerbe und Konzession gegen gute Entlohnung ihre Dienste anbieten und dies ggf. "Shared Working" nennen, würden sofort alle mit dem Wort SCHWARZARBEIT heranrücken... Aber anscheinend können hier genügend Privatleute selbst gut mitverdienen, so dass man es einfach "legal-redet"...

  • Wir Mieter zahlen dafür.

     

    Unsere Mieten steigen, weil andere Hotel spielen mit Wohnungen. Einfacher Marktmechanismus.

     

    Das geht total gegen den Couchsurfing-Geist aus dem sich das kommerziell abgespalten hat.

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    "die steigenden Mieten ein wenig durch das Einquartieren von Gästen auszugleichen"

    Das ist ja ein Ding. Mieter zu Aufstockern und die taz ist dabei. Das neoliberale Denken ist also auch bei euch in der Redaktion schon angekommen.

  • Es ärgert mich, wenn Airbnb als Teil der Sharing Economy beschrieben wird. Hier geht es doch schlicht um die kommerzielle Vermietung von Wohnraum. Es ist etwas ganz anderes, wenn man über Couchsurfing tatsächlich privat unterkommt oder wenn ein Bohrer in der Nachbarschaft verliehen wird. So wird die eigentlich gute Idee, die die Chancen des Internets nutzt, falsch genutzt.

     

    Die Gesetzesintiativen zur Regulierung beschränken sich ausschließlich die vollkommene Überlassung von Wohnungen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, weil viel zu viele Menschen Wohnungen in Berlin und Hamburg behalten und teuer untervermieten, so dass sie dem regulären Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Daneben ist mir unverständlich, warum Vermieter bei Airbnb und Co nicht endlich Steuern bezahlen müssen, so wie jeder andere Vermieter auch. Bzw. sie müssten ja, tun es aber nicht, warum wird das nicht direkt über die Portale eingezogen?

     

    Außerdem: Es ist ein Problem für Familien, wenn sich Menschen große Wohnungen leisten, die sie nicht brauchen, weil sie wissen, dass sie mit der Untervermietung Geld machen können.

     

    Und natürlich hat der Artikel recht darin: Airbnb ist nicht das einzige Problem in den Städten. Wichtig ist, dass wir endlich eine Mietpreisbremse bekommen, die ihren Namen verdient!

  • Ganz stimmt das so nicht: Zimmer in Privatwohnungen an Besucher zu vermieten, ist auch weiterhin erlaubt. Siehe hier: http://www.rbb-online.de/wirtschaft/beitrag/2016/04/zweckentfremdungsgebot-fuer-ferienwohnungen-ab-1--mai.html

     

    Es sollte auch nicht vergessen werden, dass es darum ging, Bezirke wie Kreuzberg oder Mitte, in denen das Ferienwohnungsangebot ziemlich Überhand genommen hat und die Nachbarn solcher Wohnungen ständig Lärm und Dreck von wechselnden Party-Touristen im Haus hatten, zu entlasten.

     

    Klar, es sollte weiterhin erlaubt sein, seine Wohnung ein paar Wochen im Jahr zu vermieten, wenn man in Urlaub fährt. Hier könnte das Gesetz noch nachbearbeitet werden. Andererseits: Wie genau will man das überprüfen, wer wie oft vermietet?

     

    Gut und richtig ist jedenfalls, dass Leute, die eine oder in manchen Fällen sogar mehrere Wohnungen geschäftsmäßig das ganze Jahr über für viel Geld an Touristen vermietet haben, nun nicht mehr damit Reibach machen, dass sie diese dem Wohnungsmarkt entziehen.