Kommentar AfD als drittstärkste Partei: Partei der Männer
Bei Frauen kommt die AfD kaum an. Sie ist das Sprachrohr von Männern, denen ihr als natürlich empfundener Machtanspruch entglitten ist.
N ach der jüngsten Emnid-Umfrage ist die AfD derzeit die drittstärkste Partei in Deutschland. Dass das direkt mit der Flüchtlingskrise zu tun hat, ist ebenso ersichtlich wie, dass „Köln“ dafür als wirkungsvoller Brandbeschleuniger fungiert hat.
Und ist es nicht auch verständlich, dass nach den massenhaften Übergriffen jener verhängnisvollen Silvesternacht Frauen sich nun wehren und daher die wählen, die schnelle Lösungen versprechen?
Aufhorchen lässt da allerdings, dass nur 2 Prozent der Frauen für die AfD stimmen würden. 98 Prozent sind also offenbar nicht der Meinung, dass die Rezepte der AfD sie schützen könnten. Oder schätzen die Bedrohungslage gar nicht als so dramatisch ein, dass sie deswegen diese Partei wählen würden. Dagegen wollen 17 Prozent der Männer für die Wutbürger vom rechten Rand stimmen.
Dazu passt der grauenhaft paternalistische Tonfall, in dem Frauen jetzt überall in den Medien zurechtgewiesen werden, wenn sie für eine etwas differenziertere Sichtweise werben. Denn wer oder was die deutsche Frau bedroht, das kann der deutsche Mann immer noch am besten beurteilen. Sie selbst überblickt das ja alles gar nicht so richtig. So sehen sie aus, die Beschützer der holden Weiblichkeit: sich um das Wohl der Frauen sorgen und jede, die anderer Meinung ist, mit Vergewaltigungswünschen und Gewaltfantasien überziehen.
Die AfD ist das Sprachrohr einer Männerriege, der ihr als natürlich empfundener gesellschaftlicher Machtanspruch allmählich entglitten ist und die jetzt durch die Flüchtlingskrise noch einmal die wohl letzte Chance wittert, sich in archaischer Weise als Beschützer der Horde aufzuspielen.
Es sind also wohl weniger die Frauen, die sich vor den Flüchtlingen fürchten, als die Männer, die Angst davor haben, die Frauen könnten ihnen weglaufen. Wenn man sich die AfD-Sympathisanten so anschaut, scheint das zumindest eine überaus berechtigte Sorge zu sein.
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