piwik no script img

Kommentar Adoption von StiefkindernEndlich an die Kinder gedacht

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Das Bundesverfassungsgericht stellt das Offensichtliche fest: Die Verbindung unverheirateter Stiefeltern zu ihren Kindern braucht Sicherheit.

Gibt es ein weiteres Elternteil, soll dieses auch rechtliche Sicherheit haben Foto: dpa

V iel zu häufig geht es in den politischen Debatten und gesetzlichen Regelungen um die Rechte und Bedürfnisse von Erwachsenen. Das Verfassungsgericht erinnert nun mit seiner jüngsten Entscheidung zugunsten der Adoption von Stiefkindern durch unverheiratete Paare daran, dass eines immer Vorrang haben sollte: das Wohl und die Bedürfnisse der Kinder. Der Gesetz­geber muss nachbessern und das Adoptionsrecht in diesem Bereich modernisieren. Endlich!

Es kann viele Gründe geben, nicht zu heiraten. Bei der in diesem Fall klagenden Familie wollte die Mutter die Witwenrente nicht verlieren, eine wichtige Existenzgrundlage für sie und ihre Kinder. Andere heiraten nicht, weil sie die Institution Ehe grundsätzlich ablehnen oder weil sie glauben, ein solcher „Vertrag“ sei für die Liebe tödlich.

Was auch immer ein Paar dazu bewegt, die Ehe zu meiden – die in einer solchen Beziehung lebenden Kinder können nichts dafür, es ist nicht ihre Entscheidung. Und es geht dabei nicht nur darum, dass sich der Stiefelternteil im Alltag liebevoll kümmert und den Unterhalt mitfinanziert, sich damit quasi das Recht erworben hat, zum Elternabend zu gehen oder im Krankenhaus Auskunft zu bekommen. Für die Kinder macht es einen riesigen Unterschied, ob sie diesen Menschen an der Seite des leiblichen Elternteils als „den Freund meiner Mutter“ oder als „meinen Vater“ vorstellen können.

Eine Adoption ist ein Bekenntnis zum Kind. Es bedeutet, rechtlich und für immer verbunden zu sein. Das adoptierte Kind ist unterhalts- und erbberechtigt. Gerade diejenigen, die nur einen Elternteil haben, haben Angst, allein zurückzubleiben. Die Sehnsucht nach zwei Elternteilen und nach Verbindlichkeit ist entsprechend groß. Eine Adoption bedeutet für das Kind: Dieser Mensch wird nicht aus meinem Leben verschwinden. Ob die Eltern verheiratet sind oder nicht – who cares?

Und, ja, da hätte die Politik eigentlich auch selbst drauf kommen können. Wieder einmal hat sich erwiesen, dass das Bundesverfassungsgericht dem politischen Betrieb in Berlin auf die Sprünge helfen muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Ach, die Halbwaisenrenten der Kinder dürfen natürlich auch nicht vergessen werden...

  • Vor allen Dingen an sich selbst gedacht. Auch wenn die Neuregelung von einigen Kindern begrüßt werden wird, mutet der konkrete Fall doch befremdlich an. Eine Mutter möchte als Familie mit Kind und Ehemann zusammenleben. Letzterer soll als (Stief)Vater rechtlich Verantwortung für die Kinder übernehmen. Vom Lebensunterhalt will die Frau sich aus der Rentenkasse als ewige Witwe alimentieren lassen....

  • Man konnte schon immer ein Kind auch adoptieren, wenn man nicht verheiratet war. Es geht nur um besondere Verfahrensvorschriften bei der sog. "Stiefkindadoption", die das ganze etwas erleichtert.

  • Was ist mit gleichgeschlechtlichen Paaren?