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Kommentar Abwicklung Hypo Real EstateSchaden macht unklug

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Als hätte niemand etwas gelernt: Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Und sie wird wieder teuer – für den Staat und seine Bürger.

Soll vom Staat abgewickelt werden: die Badbank HRE Bild: ap

D ie Finanzkrise von 2008 wirkt wie ferne Vergangenheit, doch sie ist noch mitten unter uns. Viele Schrottpapiere laufen weiter und lagern in den „Bad Banks“. In diese dunklen Ecken fällt nur selten das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit, aber jetzt ist es wieder so weit: Die Chefin der verstaatlichten Pleitebank Hypo Real Estate (HRE) ist zurückgetreten. Manuela Better wollte die Band Bank ihres Instituts an einen Finanzinvestor verkaufen, während die Bundesregierung die Schrottpapiere selbst abwickeln möchte.

In diesem Streit dürfte der Finanzminister richtig liegen. Denn ein Investor kauft eine Bad Bank nur, falls er einen Gewinn erwartet. Diesen Profit kann der Staat selbst einstreichen, wenn er die Abwicklung übernimmt. Die Rede ist von 300 Millionen Euro, die der Steuerzahler nun spart.

Aber was heißt „sparen“? Die Gesamtkosten der Finanzkrise dürften sich in Deutschland auf mindestens 90 Milliarden Euro belaufen. Allein die Landesbanken schlagen mit etwa 50 Milliarden zu Buche, wie der Finanzwissenschaftler Martin Hellwig schätzt. Weitere Milliarden kosteten die HRE, die IKB und die Rettung der Commerzbank.

Ein deutsche Binsenweisheit lautet: „Aus Schaden wird man klug.“ Doch beim Thema Banken wird sie ignoriert. Als wäre die Finanzkrise nie gewesen, dürfen die Institute weiter mit fremdem Geld spekulieren – und die Steuerzahler haften, falls die Wetten schiefgehen.

Besonders zynisch ist die europäische „Bankenunion“. Es soll zwar einen Rettungsfonds geben, in den die Banken einzahlen. Aber es sind nur 55 Milliarden Euro – in zehn Jahren, für ganz Europa. Diese Summe hätte 2008 noch nicht einmal für die Pleitebanken in Deutschland gereicht. Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Und sie wird wieder teuer für den Staat.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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5 Kommentare

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  • "Die Gesamtkosten der Finanzkrise dürften sich in Deutschland auf mindestens 90 Milliarden Euro belaufen. "

     

    Gehirnwaschgeblubber!

     

    War es nicht so, dass unsere Staatsmutti mal eben im Alleingang 300 Milliarden Euro zur Rettung an ihre Bangsterkumpels verschoben hat, innerhalb von 4 Tagen, ohne jegliches Kontrollgremium und ohne bis heute zu sagen, wer genau das Geld bekommen hat?

     

    Also falls ich mich da nicht täusche, dann will man mich mit dieser Zahl von 90 millarden doch für blöd verkaufen ... aber dazu sind die Medien ja da!

  • " Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Und sie wird wieder teuer für den Staat."

     

    Mit ersterem werden Sie wohl recht haben , Frau Herrmann , mit zweiterem nicht . Wobei ich davon ausgehe , dass Sie mit "Staat" nicht nur Deutschland meinen . Für die Beherrschung einer Finanzkrise II müßte die EZB frisch gedruckte Euronen "aus Hubschraubern überm Land abwerfen" . Werthaltiges Geld gäbe es dafür nicht mehr . "Teuer" wird er sicher - der Crash des Geldes , und nicht nur für den "Staat" .

    • @APOKALYPTIKER:

      Und diejenigen, die sowas jetzt verschulden und später dann zu verantworten hätten, setzen vermutlich darauf, dann irgendwie, sich schon auf ihr gesichertes Altenteil, sprich von der Geschäftsverantwortung zurück gezogen zu haben. Und die ihnen folgenden neuen, Verantwortung übernehmenden Flitzpiepen (sowas wählt der Wähler ja mit Vorliebe) werden dann, wie gewohnt in etwa so drauflos salbadern:" Jaja, ist alles schlimm. Aber war leider eigentlich ´ne Vorgeschichte, wir aber werden jetzt das alles aber sowas von besser machen...“ – Und dann geht die gleiche Scheiße wieder von vorne los..—Bis, ja bis echt, der Ausbruch der Barbarei nicht mehr geleugnet werden kann. „Und die Merkel guckt dann stumm, auf dem ganzen Tisch herum,“—Is´ doch voll Scheiße so was! Die wird dann in trockenen Tüchern sein, und womöglich noch irgendwo pseudo weise Reden halten, als so was wie die kuriose Fassung eines Elder Statesman.

      • @H.-G- S.:

        Nein , lieber H.-G.-S. , ... die Krise ist nicht auf das Verschulden, auf persönliche moralische Defizite , auf Missmanagement der Funktionseliten in Staat und Wirtschaft zurückzuführen . Das simpelste Argument gegen diesen üblichen Ethik-Diskurs wäre doch (im s i e b t e n Jahr nach Beginn der Krise !) : Wären es Fehler gewesen , so wären die inzwischen erkannt und abgestellt -...und es könnte überall wieder aufwärts gehen . Das Gegenteil ist aber der Fall (sehen wir mal ab vom noch-Krisengewinnler D ).

        Die Ursache der S t r u k t u r k r i s e liegt im Form- und Funktionszusammenhang der kapitalistischen Produktionsweise selbst . Dazu hier nur kurz : Durch die "3. industrielle Revolution" der Mikroelektronik hat die wissenschaftlich-technische Produktivkraftentwicklung einen Stand erreicht , an dem die Anzahl der

        k a p i t a l produktiv anwendbaren Arbeitskräfte so stark vermindert wird , dass die a b s o l u t e Mehrwertmasse fällt , und zwar unumkehrbar . ***

        Ohne die (Kredit-)Geldschöpfung in Staatsverschuldung , Finanz- und Immobilienblasenbildung wäre der Crash von 2008 schon weit vor 2008 eingetreten ...

        (*** an der Stelle wären noch mind. zwei Seiten Text erforderlich ...)

        • @APOKALYPTIKER:

          Aha: --„Die Ursache der S t r u k t u r k r i s e liegt im Form- und Funktionszusammenhang der kapitalistischen Produktionsweise selbst.“--

           

          Keinerlei Widerspruch von mir! Das stützt nämlich auch meinen pessimistischen Beitrag insofern, dass jene, um diese von dir erklärten Zusammenhänge auch genau so gut Bescheid Wissenden,

          achselzuckend, wenigstens für sich das Beste rausholen wollen -(z.B. persönliche Machtteilhabe, persönliche Geldvorteile u.ä. im System..). –

          Und in ihrem öffentlichen, moralistisch- politischem Redegebrabbel predigen, dass sie, als möglicherweise ausgewiesen bestallte Politik- bzw. Wirtschaftsstrategen, selbstredend immer nur das Beste für die Allgemeinheit wollen und tun.-- Denn um die von dir zutreffend beschriebenen Missstände, auch ihrerseits klar beim Namen nennen zu sollen, machen diese Charaktermasken lieber einen weiten Bogen. Soll heißen, lieber belügen sie die Bevölkerung mit sowas wie, dass es schon bald so nach und nach allen oder zumindest zunehmend mehr „BÜRGERN“ besser gehen würde. Hör mir bloß auf,- beziehungsweise, du hast natürlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Darum ende ich hier, so wie auch du das in deiner Antwort wohlweislich getan hast „(*** an der Stelle wären noch mind. zwei Seiten Text erforderlich ...)“