Kommender SPD-Parteitag: Diese Aussagen sind ohne Gewähr
Auf ihrem Parteitag in Leipzig wollen sich die Genossen erstmals offiziell für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei öffnen – rein unverbindlich.
BERLIN taz | Es ist ein etwas seltsamer Parteitag, zu dem sich die SPD am Donnerstag in Leipzig versammeln wird. Die Genossen in Berlin stecken mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der Union. Und bei den Kernforderungen der SPD, wie etwa dem Mindestlohn oder bei Einschränkungen in der Zeit- und Leiharbeit, gibt es keine Einigung.
Es ist ein Parteitag zur Unzeit, der nichts entscheiden kann. Das soll Anfang Dezember die SPD in toto per Mitgliederentscheid machen – falls der Koalitionsvertrag wie geplant in zwei Wochen, um den 27. November herum, steht.
Aber weil der Parteitag, so SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, „wegen des Parteiengesetzes“ nicht verschiebbar sei, findet er nun mal statt. Der Termin wurde im Frühjahr beschlossen – da ahnte in der SPD noch niemand, dass es langwierige Verhandlungen mit der Union geben könnte.
Sigmar Gabriel wird in Leipzig mit einem wohl mehr als respektablen Ergebnis als Parteichef wiedergewählt werden. Denn es sei recht unwahrscheinlich, dass die GenossInnen in Leipzig ihren Verhandlungsführer „abstrafen“, so Nahles. Die Wahl des Parteivorstands hat somit nur beschränkte Aussagekraft. Das gilt vor allem für die geplante Wiederwahl von Generalsekretärin Nahles. Denn falls sie Ministerin wird, hängt sie den Generalsekretärsposten an den Nagel.
Im Leitantrag macht sich der Parteivorstand Gedanken, was 2017 nach der nun avisierten Großen Koalition kommen kann. Man werde, so heißt es im Leitantrag, nur noch „Koalitionen mit Rechtspopulisten und -extremen ausschließen“ – und nicht mehr mit der Linkspartei. Aber für alle Regierungsbeteiligungen gilt den Genossen neben einer verlässlichen parlamentarischen Mehrheit ein „finanzierbarer Koalitionsvertrag“ plus „eine verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik im Rahmen unserer internationalen Verpflichtungen“ als nicht verhandelbar.
Zentrale Kritikpunkte der SPD: Europa, Bundeswehr
Beides sind die zentralen Kritikpunkte an der Linkspartei, der die SPD zu großformatige Umverteilungspläne vorwirft sowie Unzuverlässigkeit in der Europapolitik und ihr Nein zu Bundeswehreinsätzen. Letzteres hat allerdings stark an Aktualität verloren – auch die Union ist äußerst zurückhaltend bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Dies ist das erste Mal, dass die SPD offiziell Bedingungen für eine eventuell mögliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei definiert. Stefan Liebich, Vertreter des Reformflügels der Linkspartei, findet es „erfreulich, dass bei der SPD dieses Tabu endlich fällt“. Die Kriterien seien ja offen formuliert: dass auch Rot-Grün-Rot sich an internationale Verträge halte, sei selbstverständlich. Und, so Liebich zur taz: „Da ist kein K.-o.-Kriterium definiert.“
Anderes allerdings bleibt bei der SPD, wie es war. So will die SPD im Westen nach wie vor die Linkspartei aus den Parlamenten drängen. Und im Osten gibt es Rot-Rot nur unter SPD-Führung. Auch sprachlich tut sich die SPD-Spitze mit der neuen Perspektive noch etwas schwer: Das Wort „Linkspartei“ kommt in dem Leitantrag kein einziges Mal vor.
Recht milde sieht der Parteivorstand im Rückblick die Wahlniederlage der SPD. Die Ursachenforschung bleibt wolkig. Im Leitantrag heißt es lediglich, die WählerInnen hätten wohl neben Gerechtigkeit auch „ein Bedürfnis nach Stabilität in turbulenten Zeiten“ gehabt.
Kein Wort dazu, ob die SPD den richtigen Kandidaten und die richtigen Themen hatte. Oder ob die aussichtslose Fixierung auf Rot-Grün der entscheidende Grund für die Niederlage der SPD war. Nahles kündigte an, dass sie und auch Parteichef Gabriel in Leipzig die Wahlniederlage ansprechen werden.
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