Kolumne zum Weltkatzentag: Atombombenstarke Niedlichkeit
Auch 2013 bleiben Katzen die Flauschköniginnen des Netzes. Warum eigentlich Katzen? Warum keine Wiesel, Hunde oder Pinguine?
W isst ihr noch? 2012? Das Jahr des Hasen – das in Vietnam das Jahr der Katze ist – war gerade vorüber und die Apocatlypse stand bevor. Katzen abgewertet von AAA auf AA+, Eulen und Igel auf dem Vormarsch. Ein Ende der Ailurokratie im Internet drohte.
Die Sache wurde abgeblasen und 2013 ist wieder ganz in Katzenhand, Erfolgsmeldungen überall: „Trendtier Katze verdrängt Wellensittich“ +++ „Weiter Hundeverbot im Bundestag“ +++ „Katzen, Hunden und Frettchen reisen in der EU künftig einfacher“ +++ „Generelles Hunde- und Katzenverbot im Mietvertrag unwirksam“. Zusätzlich eröffnen jede Woche gefühlt drei Katzencafés, gerade erst eins in Neukölln, und die Igel – die lieben, die dummen Igel! – sind inzwischen ausgestorben oder so, man hört ja nichts mehr von ihnen.
Aber warum sind es denn eigentlich immer wieder Katzen im Internet? Und nicht Gürteltiere, Wiesel, Wellensittiche oder gar Hunde? Warum selbst Pinguine nur in Ausnahmefällen?
Eine Theorie: Hundebesitzer konnten sich schon immer auf der Straße und im Park erkennen, sie können sich dort austauschen und ihre Hunde bestaunen. Katzenbesitzer können das erst, seitdem es das Internet gibt und haben starken Nachholbedarf. Oder anders: Katzen sind im Internet auch deshalb populär, weil sie dort rumliegen, wo das Internet gemacht wird, nämlich in Wohnungen bzw. auf den Unterarmen der Netznutzer. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Katzen mit dem Durchbruchs des mobilen Internets vor einer riesigen neuen Herausforderung stehen. Auf Instagram sieht man schon heute gefühlt so viele Hunde wie Katzen.
Auch der große Denker und Katzenfreund Peter Glaser sieht den technischen Fortschritt als Erklärung. Im 20. Jahrhundert seien, so Glaser, in den Medien fast ausschließlich Tiere präsent gewesen, die sich dressieren lassen, vor allem im Bewegtbild, wo man stets vorher mühsam die Kamera einrichten musste.
Das, was wir alle so gern auf YouTube bestaunen, seien aber die kleinen Wunder des Lebens, die sekundenlangen Momente der Unplanbarkeit. Deshalb gehörten die unberechenbaren Katzen zu den prädestinierten Wunderproduzenten. Und deshalb, so Glaser, könnten wir erst jetzt, wo jedes kleine Gadget eine integrierte, schnell auslösende Kamera hat, die Augenblicksgeschwindigkeit der Katzen überhaupt einfangen.
In diese Richtung geht auch Katja Berlin, die Autorin des Klolektüre-Instant-Klassikers „Cat Content – SMS von meinem Kater“: Katzen produzieren gute Pointen „weil es so unvorhersehbar ist, man kann Katzen nicht dressieren oder trainieren, darauf, dass sie lustige Dinge zu machen, sondern es lebt von so einer unfreiwilligen Komik“, sagt sie im Radiointerview.
Und noch eine These aus dem Internet: Weil Katzen sich nicht beherrschen lassen, weil sie in ihrem Wesen elegant und unantastbar sind, ist jeder Bruch von diesem Bild ein Ereignis. Ein Hund ist schon blöd genug, den muss man nicht auch noch dabei zeigen, wie er sich zum Löffel macht (kann man aber trotzdem). Katzen hingegen „bewegen sich normalerweise so elegant und graziös, dass jeder Fehltritt und jede tollpatschige Geste absurd und komisch wird – der Kaiser ist mal wieder splitternackt.“
Gut. Theorie. Boring. In Wirklichkeit sind Katzen natürlich aus einem viel einfacheren Grund so beliebt: Weil sie die beiden Kardinaltugenden der Tierreichs – Flauschigkeit und Awwwwwwigkeit – optimiert in sich vereinen. Oder um es mit den Worten Peter Glasers zu sagen: Wegen ihrer atombombenhaften Niedlichkeit.
Als Beweis dafür ein – das kommt jetzt sicher für einige überraschend – Video, nominiert für den „Best Cat Moment in Music 2013 Award“. Mehr Katzenvideos sehen wir dann alle zusammen zweiten Internet Cat Video Festival in Minnesota am 28. August.
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