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Kolumne ZumutungenJeder sollte eine haben

Anja Maier
Kolumne
von Anja Maier

Lärmtouristen, Flaschensammler, Popelfresser und Riiiiiiiiiiiesenschwänze. Gegen die täglichen Zumutungen hilft nur Gleichmut - und selber austeilen.

Die tägliche Dosis Zumutung ist schon unterwegs Bild: dpa

G erade war es wieder so weit. Ich stieg in die morgendliche S-Bahn, und da wartete sie schon auf mich: meine tägliche Zumutung.

Für heute hatte mein örtlicher ÖPNV-Anbieter mir einen Flaschensammler ins Abteil positioniert, der nicht nur unter großem Getöse seine üppige Sammlung sortierte, sondern dabei auch lautstark allerlei Wissenswertes über das Bahnfahren zum Besten gab. „Ausstieg links! Ausstieg rechts! Zurückbleiben!“, kreischte er so fröhlich hysterisch, dass die suburbane Mutter mir gegenüber panisch ihr Kind schnappte, selbiges hinter sich her und in einen Waggon weiter schleifte.

Ich blieb sitzen. Ich bleibe bei derlei immer sitzen. Denn ich weiß: Egal, wohin ich vor meiner Zumutung zu fliehen versuche – am Fluchtpunkt wartet sie ja doch wieder auf mich. Meist sieht sie dann anders aus. Aber ob sich die Zumutung nun als Popel verputzender Opa verkleidet, als dreißigköpfige, ohrenbetäubend Spanisch schnatternde Schülergruppe oder schlicht als Irrer, der mir im Park vors Fahrrad hüpft und fast zur Seite umfällt, weil er beide Hände für seinen „Riiiiesenschwanz“ braucht – das ist doch nun wirklich egal. Die Zumutung ist pünktlich und zuverlässig und immer da.

Ich versuche, sie lieb zu haben, meine Zumutung. Denn was nützt es, sich zu ärgern über etwas, das die Abteilung Schicksal bereits vorab in Darstellungsformen sonder Zahl auf mein Lebenskonto gebucht hat? Außerdem: Man wird älter, die Mimik erschlafft. Und wie blöd es aussieht, seine Zumutung zu hassen und deshalb mit hängenden Mundwinkeln und Abscheu im Blick im öffentlichen Raum aufzutauchen, kann man sehr gut beobachten an jenen beigen Rentnern, die in Wiegeschritt-Dreierreihen durch deutsche Innenstädte marodieren, den Stock als Stolperhilfe schon im Anschlag.

Bild: privat
Anja Maier

Die Autorin ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.

Zugegeben, das Liebhaben fällt manchmal schwer. Kann ich denn einen Mittzwanziger lieb haben, der als meine persönliche Morgenzumutung am vom Berufsverkehr umtosten Fahrkartenautomaten steht und lächelnd „Noch 27 Belege“ ausdruckt? Und was ist mit jener Altersgenossin, die vor mir und sechs anderen Zitternden in der Schwimmbaddusche steht und bei offenem Vorhang ganz gemütlich nicht nur eine Haarpflegekur aufträgt, sondern auch schon mal das Rasiergel auf die Beine?

Tut gut: Zumutungs-Gleichmut

Sagen wir so: Ich bemühe mich um Zumutungs-Gleichmut. Und: Ich versage mir nicht die Gelegenheit, auch für andere eine kräftige Zumutung darzustellen. Jeder sollte eine haben.

Kürzlich zum Beispiel wohnte ich dem Open-Air-Konzert der weltberühmten Künstlerin Patti Smith bei. Um ihrem musikalischen Hochamt nicht nur zu lauschen, sondern die grauhaarige Druidin auch besser sehen zu können, schob ich meinen Einsachtzigkörper in eine kurz klaffende Publikumslücke. Der kleine Dicke hinter mir schäumte ein bisschen. Come on, sagte ich mir, der sieht aus, als hätte er seine Zumutung heute noch nicht gehabt.

Was vermutlich stimmte, denn vor lauter wütender Begeisterung schrie er mir die ganze Zeit dieses enervierende Rockkonzert-Juchzen ins Kreuz. Höher kam er ja nicht. Und das war auch besser so, und zwar für uns beide.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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14 Kommentare

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  • L
    Leser

    Dritter Versuch (nach zwei Nicht-Freischaltungen): Was genau auf dem Bild ist eine Zumutung?

  • F
    Frog

    Wo bitte auf dem Bild ist die

  • BG
    Bernd Goldammer

    Ungewollt kenne ich nun die Meinung von Frau Meyer oder so... Und wenn ich die bräuchte, könnte ich ja Bild lesen. Will ich aber nicht! Jeder mag lesen was er will. Nur! Liebe TAZ, es ist schon eine besonders perverse Zumutung TAZ Leser mit fetten Lettern neugierig zu machen, um sie dann minutenlang den geistigen Ausdünstungen dieser Frau auszusetzen. Das ist nicht fair! Mir ist schlecht, weil kein Furz auf dieser Welt so stinken kann wie dieser Text.

  • F
    FranKee

    Silke Burmester für ganz, ganz Arme.

     

    Ach Nein, Arme sind ja doof. Eher für bürgerlich ganz-ganz mental Schlichte...

  • T
    Thomas

    Manchmal krieg ich keine Zumutung ab. Dann geh ich einfach auf taz.de.

     

    Und lese die Kommentare.

  • I
    ion

    @ Spinozafreund,

     

    "PS: (....) (Ich hab's wirklich nicht verstanden...)";

     

    Ssstimmt! Denn als taz-Leser sollten Sie wissen, dass die AutorInnen keinen Einfluss auf die Aus-Wahl der zum Artikel eingestellten Behübschungen haben, dafür sind 'professionelle' Bild-(hihi)-RedakteurInnen zuständig.

  • F
    flipper

    Abre sagen Sie mal, Frau Meier, für Sie müssten doch die humorlos-moralisierenden Kommentare der TAZ-Leser die schlimmste Zumutung sein, oder?

  • E
    ennui

    "Und was ist mit jener Altersgenossin, die vor mir und sechs anderen Zitternden in der Schwimmbaddusche steht und bei offenem Vorhang ganz gemütlich nicht nur eine Haarpflegekur aufträgt, sondern auch schon mal das Rasiergel auf die Beine?"

     

    Immerhin betreibt dort jemand n.a. so etwas wie Körperhygiene;

    Die mich kontextuell immer wieder entnervenden Zumutungen gehen von den sich nicht vorab vollständig körperreinigenden Sauna-Besucherinnen (Dauerwellenschlampen) aus, respektive: ist das Faktum, dass sich in D inzwischen wieder mindestens 50% aller Toilettengänger nach ihrem hidden business nicht die Hände waschen – ja(!), auch in noch so 'noblen' Fitness-, Geräte-Trainings-studios!

     

  • D
    Demokrat

    Jawollja, immer diese asozialen Flaschensammler. Die sollen doch gefälligst weggesperrt werden und nicht die heile Mittelstandswelt unserer Parlamentsredakteurin stören. Immer dieser Hartz-Pöbel, der Frau Maier ständig daran hindert, mit ihrem Designfahrrad auch schön fünf S-Bahn-Sitzplätze zu blockieren.

  • P
    pfandi247

    Die Anwesenheit einer flaschensammelnden Person als Eingangsbeispiel für unterträgliche Zumutungen im Alltag. Auf einer Stufe mit sexueller Belästigung beim Fahrrad fahren in der Öffentlichkeit. Wieviel bürgerliche Arroganz braucht es um so einen Artikel zu verfassen?

    Liebes Prekariat,

    Eure Armut kotzt Anja Maier an.

  • O
    Orangensaft

    Für mich war es heute die größte Zumutung, ihren Artikel zu lesen. Nur damit ich sicherstellen kann, das ich, wenn ich diesen Kommentar absetze, nicht doch noch was überlesen habe.

  • HR
    Hannibal Rectum

    Na toll. Der Riesenschwanz aus der Headline kam jetzt verdammt kurz. Ich habe den Mist trotzdem gelesen. Was für eine Zumutung...

  • G
    Gelassenheit

    Wnderbarer Text! Es gilt eben immer noch:

    Nur wo das Hirn regiert, regiert die Gelassenheit!

  • S
    Spinozafreund

    Was für eine unsympathische Person, diese Anja Meier.

    Und was für eine blöde Kolumne. Nicht mal Schülerzeitungsniveau. Darf hier jeder mal was schreiben? Oder ist sowas dann schon der Quote geschuldet?

     

    PS: Und was genau an dem Bild ist jetzt eine "Zumutung"? Was gefällt der Scharfrichterin Frau Meier an den abgebildeten Personen nicht? (Ich hab's wirklich nicht verstanden...)