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Kolumne Wir retten die WeltEin Hoch auf die Absteiger

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Anders als vor 40 Jahren müssen wir heute nicht fürchten, dass uns Kohle, Öl oder Gold ausgehen. Sondern genau das Gegenteil.

Pumpen bis zum Peak-Oil Foto: dpa

Ein super Wortspiel“, sagte der Ressortleiter damals. „Hm“, zweifelte ein Kollege. „Vielleicht hatte auch nur jemand ganz wenig Ahnung von Englisch.“

Bis heute rätseln wir: War es Genie oder Legasthenie, das uns vor gut einem Jahr den Begriff „Pig Oil“ in der Zeitung bescherte? Statt vom Gipfel der Förderung, dem viel diskutierten „Peak Oil“, war da also vom „Schwein Öl“ die Rede. Eine Behauptung, mit der wir den intelligenten Lebewesen der Gattung Sus scrofa domesticus heftig auf den Ringelschwanz traten.

Jetzt ist die Debatte über Peak Oil wieder da. Und zwar, weil dieser Gipfel wohl eher ein tiefes Tal ist. Seit einem Jahr schlagen die Notierungen an den Rohstoffmärkten dem Ölfass den Boden aus.

Bei einem Preis, der seit dem vergangenen Sommer um 70 Prozent gefallen ist, überschwemmt der schwarze Saft den Weltmarkt. Dabei sollte doch alles ganz anders kommen: „Peak Oil“ war der Punkt, an dem uns das Öl ausgeht, warnten vor 40 Jahren der Club of Rome und seine Fans. Die Grenzen des Wachstums würden sich bald zeigen, wenn die Ressourcen weiterhin geplündert würden.

Die Panik ist da – aber aus dem genau gegenteiligen Grund

Was die Visionäre von damals unterschätzten, waren der technische Fortschritt beim Bohren, das Energiesparen – und die Dynamik der Märkte. Denn je knapper das Öl wird, desto höher steigt der Preis, desto eher lohnen sich die extrem teure Suche und Produktion auch am Nordpol und in der Tiefsee. „Peak Oil“ war wie das Waldsterben: von den Ökos als Schreckgespenst an die Wand gemalt – und weil es (noch) nicht eintrat, von der Anti-Öko-Lobby als Bumerang genutzt: alles Panikmache!

Die Panik ist inzwischen da – aber aus dem genau gegenteiligen Grund: Weil es mit dem superbilligen Öl einfach immer weitergeht. Und die Idee hat sich selbstständig gemacht, es piekt an allen Enden: keine Ressource, deren Gipfelpunkt nicht schon abzusehen ist: Peak Soil, weil uns die fruchtbaren Böden unterm Hintern wegerodieren; Peak Water, weil wir 40 Prozent mehr Süßwasser verbrauchen, als sich regeneriert; Peak Fish, weil wir die Meere leer fressen; Peak Wood, weil unser Hunger nach Biomasse unersättlich scheint. Und liegt der Peak Population bei neun Milliarden Menschen 2050?

Bei all der Gipfelstürmerei sollten wir nicht vergessen, dass es noch ein anderes, gefährliches Hochgebirge gibt, das zum Beispiel aus „Peak Consumption“, „Peak Plastic“, „Peak Carbon“ und „Peak Meat“ besteht. Von denen sollten wir ebenfalls schnell absteigen, ehe uns die Lawine erwischt. Denn anders als vor 40 Jahren müssen wir nicht fürchten, dass uns Kohle, Öl oder Gold ausgehen, sondern das Gegenteil: dass es noch so viel von ihnen gibt und dass ihre Abfallprodukte es eng werden lassen für lebendige Meere, für eine intakte Atmosphäre und für Böden, auf denen Lebensmittel wachsen.

Aus China kommt da zur Abwechslung mal ein bisschen Hoffnung: Dort haben sich die CO2-Emissionen aus den Kohlekraftwerken im vergangenen Jahr offenbar gesenkt statt zu steigen. Und neue Kohleminen wird es erst mal nicht geben.

Wenn das ein Trend würde, wäre es fast zu schön, um wahr zu sein. Der „Peak Emissions“ beim aktuell größten Klimasünder der Welt käme fünfzehn Jahre früher als gedacht. Und wir könnten endlich mal einen erfolgreichen Absteiger feiern.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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3 Kommentare

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  • Für mich zeigt die aktuelle Ölschwemme mit entsprechenden Preisreduktionen mit welchen wirtschaftlichen und politiscchen Dilettanten wir es in den Ländern der großen Ölvorkommen zu tun haben.

    Die ganz Wirtschaft auf Öl aufgebaut, allimentiert werden die politisch oder religiösen Verbündeten. Opposition dadurch entmachtet. Egal ob die Sauds, Venezuela oder Russia und auch die USA noch im Hirn-Frack.

     

    Und vor lauter Verbortheit nicht mal in der Lage sein, seinem "Gegner"/Mitbewerber am Ölmarkt irgendwas zu gönnen und lieber selbst in den wirtschaftlichen da kaum KOsten deckenden Untergang zu rennen mit unabsehbaren Folgen für sich selbst.

    Dass es dabei erneuerbare es gegen diese Ölpreise schwer haben sich zu entwickeln und auch das KLima den Bach runtergeht ist da schon fast eine Notiz am Rand der Irrelevanz.

     

    Kann man sagen:

    Öl zu haben macht dumm?

    Öl nicht zu haben eher schlau?

    In diesem Sinne: Mögen die Vorräte endlich sein.....

    • @Tom Farmer:

      Tja, die Vorräte sind aber nicht wirklich endlich. Es gibt noch Kohle für 300 Jahre, die man zur Not auch in Gas verwandeln kann, der Meeresboden ist voll mit Methanhydrat ... wenn wir das alles verfeuert haben, ist Peak irgendwas unser geringstes Problem.

       

      Nur wie Sie schon sagen, wenn meine Volkswirtschaft den Bach runter geht, weil ihr einer Stützpfeiler plötzlich wegbricht, dann ist das erstmal ein zweitrangiges Problem. Und das hat auch nichts mit Dummheit zu tun, sondern damit, dass es zur Preiskontrolle ein Kartell braucht. Und da die OPEC den Preis nicht mehr alleine kontrollieren, kann ein Land durch drosseln der Produktion sich bloß selbst schaden.

      • @Christian:

        Natürlich sind die Vorräte endlich - sie wären nur dann nicht endlich, wenn sich das Öl schneller regenerieren würde als wir es verbrauchen können! Das dergleichen passiert wird aber wohl nur auf Eso-Bibel-Ballaballa-Verschwörungsnaziseiten behauptet, wo man auch an Chemtrails und "Freie Energie" glaubt...