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Kolumne Wir retten die WeltZu doof zum Überleben

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Die Fliege rumst immer wieder an die Scheibe, Motten verbrutzeln ständig an Glühbirnen. Doch der Mensch ist kein Stück schlauer.

Dieser Lemur war leider dumm genug, sich einfangen zu lassen und landete im Zoo von Tbilisi in Georgien. Foto: ap

B ruummmm – bamm. Stille. Bruummmm – bamm. Stille. Brummmm – bamm.

Sie begreift es nicht. Auch beim vierten Anflug steht die Fensterscheibe der Fliege im Weg. Bamm. Wieder knallt sie mit dem Kopf gegen das Glas. Kurz krabbelt sie über den Rahmen, träumt von den grünen Bäumen da draußen, dann dreht sie um und fliegt aus dem Zimmer. Zur Scheibe der Balkontür. Brummmm – bamm.

Wie soll man denn da arbeiten? Ich stehe vom Schreibtisch auf, wo ich einen Text über die Wunder unserer Natur verfassen soll. Grashalme als architektonische Meisterleistung, Del­fine als Weise der Meere, so ’n Zeugs.

Nein, ich hole nicht die Fliegenklatsche. Sondern ein Glas. Stülpe es über den dicken schwarzen Brummer, als er benommen am Fensterbrett entlangtaumelt. Ich öffne die Balkontür und entlasse ihn zwischen dem Rosmarin und den komischen roten Blüten daneben. Der Brummer dreht ab. Wahrscheinlich nur, um an der nächsten Windschutzscheibe zu zerschellen.

Habe ich dem Tier durch den Rausschmiss unrecht getan? Immerhin ist es eine Stubenfliege, die ich in der Wohnung nicht haben wollte. (Nun gut, ich akzeptiere auch keine Bettwanzen). Oder habe ich der Evolution ins Handwerk gepfuscht, als ich sie rettete? Der Gedanke kommt mir häufig: dass Tiere zum Überleben manchmal einfach zu blöd sind.

So wie dieser vertrottelte Rehpinscher letztens im Grunewald. Als ich den Weg entlangjogge, kommt er aus dem Unterholz getrabt, ohne nach rechts oder links zu gucken. Ich bin größer als er, ich nähere mich schnell. Wäre ich ein großes Raubtier, wäre er in höchster Gefahr. Er schnarcht auf den Weg und läuft mir vors Knie. Bamm.

Tiere tun häufig Dinge, von denen man schon in der Kita lernt, sie besser zu lassen. Motten flattern so lange um die heiße Lampe herum, bis sie an ihr verbrutzeln. Igel rollen sich zusammen, wenn sie bei Rot über die Straße laufen und ein Auto kommt. Rehe bleiben im Dunkeln stehen, wenn man sie blendet. Fische schwimmen nachts mit Vorliebe zu der Lampe, hinter der der Fischer lauert. Wale schwimmen auf Strände, wo sie von Umweltschützern umständlich gerettet werden – nur, um auf dem nächsten Strand zu sterben.

Was soll das? Normalerweise sind Tiere sehr gut an ihre Umgebung angepasst und halten ihre fünf Sinne beisammen. Selbstmord liegt ihnen nicht. Sie vollbringen die erstaunlichsten Leistungen, sie fliegen um die halbe Welt, schleppen sogar riesige Lasten durch die Gegend oder können täuschend echt Handy-Klingeltöne nachmachen.

Warum sind sie manchmal so dumm? Sind sie überfordert? Haben sie die falschen Reflexe für das moderne Leben?

Das muss man sich mal vorstellen: eine höher entwickelte Lebensform, die im Angesicht der Gefahr nicht reagiert. Oder die genau das tut, was ins Verderben führt. Die immer wieder gegen die Scheibe rennt, mit dem Feuer spielt und die Verbotenes besonders attraktiv findet. Die den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Eigentlich unglaublich dämlich, oder?

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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13 Kommentare

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  • Habe leider Ihre Kolumne erst jetzt gelesen und möchte dazu etwas schon lange Schwelendes beitragen.

     

    Mir scheint, dass wir Menschen uns im Laufe unserer Evolution immer weiter durch Spezialisierung aufgespalten haben in Menschen, die sich nur gefangen haben in einer endlosen Spirale an an grenzenlosem Wirtschaftswachstum. Menschen die sich suchthaft an Gewinnen, Zahlen und Summen jenseits allen Praktikablen und Verbrauchbaren berauschen und diese horten und rücksichtslos an sich raffen, ohne einen sozialen Gedanken an den Rest der Welt (egal ob pflanzlich, tierisch oder menschlich) - und damit nicht einmal an die Lebensgrundlagen ihrer eigenen kostbaren Kinder denken

     

    und

     

    die Menschen, die ihren gesunden Menschenverstand gebrauchen, ihn nicht zu Lasten aller anderen Lebewesen permanent wachsendem Wohlstand, Bequemlichkeit, der Anhäufung immer mehr Reichtums zur Bereicherung anderer an den Supermarktkassen opfern.

    Aber die Zahl derer geht zurück.

     

    Immer mehr von uns Menschen haben zugunsten einer verzerrten kurzsichtigen Wahrnehmung der Zusammenhänge des Lebens und der Notwendigkeit Grenzen zu erkennen uns selbst eine Fähigkeit abgezüchtet: Eigene Grenzen zu erkennen und globales Gleichgewicht und Gerechtigkeit als lebenswichtige Elemente zu respektieren.

     

    Altmodisch, nicht wahr!

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die weitest entwickelte Intelligenz aller irdischen Lebewesen hat der Mensch. Und wofür nutzt er sie? In letzter Konsequenz nur um sich selber zu zerstören. Raffgier, Machtgelüste veranlassen den Menschen immer schrecklichere Waffen zu entwickeln, die dann gegen die eigene Spezies angewandt werden. In dem Zusammenhang wird dann auch die Lebensgrundlage "Natur" zerstört - das beschleunungt den Suizid unserer Spezies. Tiere können so nicht denken, wir Menschen (lediglich technisch weiterentwickeltes Viehzeug) aber sehr wohl...

  • "....eine höher entwickelte Lebensform, die im Angesicht der Gefahr nicht reagiert...."

    .

    Die blöden Tiere, doch das DÜMMSTE sind mMn ein höheres Säugetier aus der Ordnung der Primaten (Primates). Unterordnung der Trockennasenaffen (Haplorrhini) aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae).

    .

    Im Alltag auch Homo sapiens = der gemeine Mensch genannt.

    • 1G
      10391 (Profil gelöscht)
      @Sikasuu:

      aaach, dieser humanoide selbsthass ist nervend !

      hallo sikasuu, du bist auch ein mensch.

      keiner will krieg, sondern nur sein einflußbereich erweitern und mehr menschen beherrschen

      und niemand will die natur zerstören, sondern nur profitabler wirtschaften.

      es ist kein problem der spezie mensch, das problem ist, das wir in einer völlig falschen gesellschaftsform leben.

  • Die, die es kapieren, kapieren es. Die anderen fliegen immer noch gegen die Scheibe!

    • @Thomas Einfach Mensch:

      ... und kritisieren den Rest dafür, nicht ebenfalls gegen die Scheibe zu fliegen. Spalter!

  • Die Pointe ist, dass die Tiere allein durch den Menschen zu den beschriebenen "Dummheiten" neigen.

    • @Lisa Nauen:

      Genauer gesagt: Die Natur kennt keine Glasscheiben, Glühbirnen und Bahngleise. Die Zivilisation ist es, die die Abläufe der Natur ignoriert, nicht umgekehrt. Der Autor hat dies allerdings auch noch nicht begriffen.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Auch die Natur kennt den Anglerfisch. Allerdings dürfte bald die gemeine Straßenlaterne häufiger vorkommen.

  • "Schwarmdumm. So blöd sind wir nur gemeinsam" gilt auch für uns Menschen!

     

    Die "Schwarmintelligenz" treibt uns geradewegs ins Verderben. Denn statt einer Konzentration an Intelligenz regiert im Schwarm oft das Prinzip: Viele Köche verderben den Brei. Sinnlose Meetings, schmerzhafte Kompromisse, unausgereifte Ergebnisse trotz Teamarbeit sind in Unternehmen und Institutionen keine Ausnahme, sondern die Regel.

    Gunter Dueck gibt dem Phänomen in seinem Buch einen Namen.

    "Schwarmdummheit" nennt es Gunter Dueck, Querdenker und Arbeitsweltexperte. Mit seinem Buch macht er uns klar, warum jeder Einzelne im Team oft besser entscheidet als das Team selbst. "Wild Duck" seziert die Brutstätten der Schwarmdummheit und zeigt uns gleichzeitig, wie das genial Einfache in der Masse entstehen kann. Dafür gibt es eine Voraussetzung: Sapere aude - Wage zu denken! (Kant Was ist Aufklärung) Unsere Dummheit ist selbstverschuldet.

    • @Peter Meisel:

      Es ist ausgesprochen "schwarmdumm", jede Art von "Schwarmintelligenz" pauschal zu zerreißen.

       

      Wenn viele Köche den Brei manchmal eher verderben, hat das etwas mit der sogenannten Führungskultur zu tun, die eher eine Unkultur ist derzeit. Wo Macht nur deswegen ausgeübt werden kann, weil der "Schwarm" schon resigniert hat, der Einzelne nicht selber denkt und die Angst vor Strafe über den "gesunden Menschenverstand" gestellt wird, schlägt die Dämlichkeit einzelnen Führer halt erbarmungslos auf die ganze Gruppe durch. Ob sie nun in Buchform auf den Markt geworfen wird oder in Form eines Meetings zu faulen Kompromissen in der Firma führt, ist zweitrangig.

       

      Dass Schwarmdummheit momentan eher "die Regel" als die Ausnahme zu sein scheint, sollte Ihnen jedenfalls zu denken geben, sehr geehrter Peter Meisel. Merke: Nicht jeder "Querdenker" ist tatsächlich eine Intelligenzbestie. Manchmal macht Selberdenken erfolgreicher. Den Einzelnen genau so sehr wie ganze Gruppen.

  • Mir fehlt da jetzt irgendwie noch die Pointe...

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Lena WC:

      Der Text ist nicht für Astronautinnen geschrieben.