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Kolumne WichtigRe: Homolobby für Weltherrschaft

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Homos, die sich über Penisgrößen unterhalten – ist das noch Horst oder ist es schon Ernst? Ach egal. Reden wir lieber über Cinderella '87.

Der Traum ganz normaler Mädchen ihrer Generation: Cinderella. Bild: ap Disney

ber ordentliche Penisgrößen zu sprechen und vom Bushaltestellenmangel im Brandenburgischen zu schweigen, das sieht ihnen ähnlich, den Herren Schwul und Schwuler. Ungefähr so lautet wohl die Antwort, die die beiden auf ihre Kolumne „Homolobby für Weltherrschaft“ gerne hören würden, damit sie beim nächsten Mal sagen können: Aua, mein Penis tut weh, holt mich hier raus.

Und wenn in Brandenburg wieder ein Kiosk schließen muss? Dann interessieren sich nicht mal die Brandenburger dafür. Was können Schwule für Brandenburg? Nichts. Aber was hat Andreas Gabalier, was die Penissammlung von Andy Warhol nicht hat? Penisneid?

Also Penis. Immer wieder Penis. Die Penetration ist die große Schwester des Perpetuierens. Meine kleine Schwester hat, als sie noch sehr klein war, 194-mal den Film Cinderella ’87 mit Bonnie Bianco und Pierre Cosso in der vierteiligen 180-Minuten-Version gesehen. Es ging um Cindy Cardone, die gegen alle Widerstände ihren Weg als Popsängerin geht und sich in den römischen Prinzen Mizio verliebt. Eine Zeit lang haben wir, wenn Erwachsene uns ansprachen, nur mit Bonmots von Cindy Cardone geantwortet.

Wir wollten auch Cindy Cardone sein. Irgendwann sagte unsere Mutter uns, dass wir keine tolle Stimme hätten, keine Stiefmutter und keinen Freund, der Mizio hieß und römischer Prinz sei. Wir unterdrückten unter großen Schmerzen unser Cinderella-’87-Sein.

Bis heute muss ich bei jedem Film mit einer jungen Frau, die ihren Weg gegen alle Widerstände geht, an Cinderella ’87 denken. Und daran, dass wir nicht sein durften, was wir sein wollten. Und darauf reduziert wurden, ganz normale Mädchen unserer Generation zu sein.

Ist das die Dynamik, die auch bei Schwul und Schwuler einsetzt? Immer wenn ein Mann mit Penis rumläuft, auch an Penis zu denken, nur weil sie mal irgendwann darauf reduziert wurden, ganz normale Schwule ihrer Generation zu sein? Damit aber würden sie sich zum Horst machen. Und der Horst ist der geschundene kleine Bruder vom Ernst. Und der Horst wird vom Ernst bestraft. Also denkt der Horst, dass er der besser Ernst sein muss.

Wenn die Herren Schwul und Schwuler behaupten, dass auch 21-Jährige Penisse haben, glauben sie, der bessere Horst zu sein, und machen sich dabei zum Ernst. Bei Margarete Stokowski zieht und zuckt es schon überall. Sie kann es kaum erwarten, ihren Nackttanz aufzuführen.

Wird sie sich zum Horst machen? Oder wird sie der bessere Ernst? Die drei hätten diese Kolumne auch prima unter sich ausmachen können. Man hätte sie dann auch einfach Kolumne Untenrum nennen können. Aber zwischen all dieser Schlüpfrigkeit muss ja auch mal jemand trocken wischen.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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