Kolumne Unter Leuten: In Amman, Jordanien
Heavy Metal in einem arabischen Land ist reichlich ungewöhnlich. Manche sehen da den Teufel mit im Bunde. Ein Besuch bei der Band Exile.
Den Proberaum von Nader al-Natsheh in der jordanischen Hauptstadt Amman zu finden, ist alles andere als einfach. Mit meinem Kumpel Fadi fahre ich durch einen Bezirk, der für mich so übersichtlich ist wie die Brandenburger Schorfheide in einer mondlosen Nacht. Straßennamen, Geschäfte, Hinweisschilder – einfach alles ist auf Arabisch.
Fadi aber kennt sich aus. Er lotst mich in eine Videothek. Der Verkäufer winkt uns hinter die Theke und deutet auf einen schmalen Flur, von dem eine Wendeltreppe in den ersten Stock führt. Dort, versteckt hinter einer schallgeschützten Tür, probt die Band Exile. Die Musiker von Exile spielen Heavy Metal, was in Jordanien ungewöhnlich ist. Gerade mal sechs Bands gibt es im ganzen Land. Schnelle Gitarrenriffs und dröhnender Gesang – für die vier Musiker trifft das ein Lebensgefühl, das es in Amman sonst nicht gibt.
„Metal drückt unsere Emotionen aus, unsere Wut“, sagt Gitarrist und Sänger Nader in der Pause. Er hat die Haare zum Zopf gebunden und trägt einen spitzen Kinnbart. In der Hand hält er seine gezackte E-Gitarre. Die anderen Musiker, Mahmoud, Ibrahim und Sultan, stehen um ihn herum.
In der arabischen Welt kam Metal in den 90ern auf, begleitet von reichlich Ärger mit der Polizei. Bei einer Razzia in Ägypten wurden 70 Fans verhaftet, in Marokko stürmten Sicherheitskräfte ein Konzert. Die Behörden meinten, die Musik untergrabe den muslimischen Glauben.
„Die Leute fragen mich: Betet ihr den Teufel an?“, erzählt Nader. „Ich sage dann, nein, natürlich nicht. Ich mache einfach nur Musik.“ Einige der Songs von Exile sind politisch. Sie handeln vom Krieg in Syrien und Irak, von politischer Korruption in Jordanien. In ihrem Alltag gehen die vier Musiker normalen Jobs nach. Nader ist Berater für eine Tabakfirma, die anderen arbeiten als Techniker und Programmierer.
Zwar halten sich die Gerüchte, dass Metalfans Tierblut trinken. Verhaftungen gibt es aber seit Jahren nicht mehr. Die Politiker hören ihre Musik eh nicht, sagt Nader. Solange sie nicht Songs über Satan schreiben, ist alles okay.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!