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Kolumne Über KreuzHohn und Spott

Kolumne
von Barbara Oertel

Bei den Christen haut die taz gerne mal drauf. Aber auch Mitarbeiter, die noch im kirchlichen Club sind, haben oft nicht viel zu lachen.

Einige lesen die taz, um klug zu werden. Andere schreiben für sie und wieder andere beten. Foto: dpa

M ein unfreiwilliges Coming-out fand vor ungefähr zehn Jahren statt, als ich im Lohnbüro der taz anrufen musste. „Ich zahle Kirchensteuer, ihr müsst da was ändern“, sagte ich und hörte am anderen Ende der Leitung einige Momente erst einmal gar nichts. Doch die Botschaft dieses beredten Schweigens war eindeutig: Es gibt sie also auch bei uns, diese Irren, die freiwillig einem christlichen Club angehören (in diesem Fall dem evangelischen) und dafür auch noch bezahlen.

Meinem Anruf vorausgegangen war ein Brief der Kirchensteuerstelle Neukölln, die mich offensichtlich jahrelang schlichtweg vergessen und nicht einmal als Karteileiche geführt hatte. Nun wollte sie wissen, ob ich getauft, konfirmiert und dann aus dem Verein ausgetreten sei. Gemäß des 8. Gebots (Du sollst nicht lügen – allenfalls in Notfällen) bejahte ich nur die beiden ersten Fragen.

Fortan entrichtete ich brav monatlich meinen Obolus (aktuell sind das 27,50 Euro). Und wurde in der taz bisweilen mit einigem Argwohn betrachtet, hin und wieder fiel auch die eine oder andere despektierliche Bemerkung. Dabei hat das Blatt doch ein Herz für Minderheiten aller Art, für die Mühseligen und Beladenen dieser Welt.

Von wegen! Bei den Christen ist Schluss mit lustig. Oder eben gerade nicht. Hohn und Spott gehen immer, und bisweilen ist kein Witz zu platt, um es Protestanten oder Katholiken mal wieder so richtig zu besorgen.

taz beim Kirchentag

Kirchentage unter evangelischen ChristInnen heißt: Ernst zu nehmen, was dort verhandelt, erörtert, begrübelt und was direkt zur Sprache gebracht wird.

Die taz war immer so frei, gerade das an Kirchentagen aufzuspießen, was allzu wohlgefällig im „Allen wohl und niemand weh” unterzugehen droht. Streit nämlich, echte Kontroverse und das Vermögen, scharf Stellung zu beziehen.

Deshalb begleiten wir den Kirchentag auch: in Stuttgart vor Ort und mit vier täglichen Sonderseiten in der Zeitung. Zum ersten Mal schickt die taz Panter Stiftung dafür junge Journalisten nach Stuttgart, die die Berichterstattung übernehmen. Die elf ReporterInnen sind weit angereist, aus Mainz, Berlin oder Hamburg etwa. Es berichten: drei Katholiken, zwei Protestanten, eine Muslima und fünf Atheisten.

Hassobjekt Papst

Bevorzugtes Hassobjekt ist der Papst (so fiel dem Kolumnisten Wiglaf Droste zum Tod von Johannes Paul II. der sinnige Satz ein: Die polnische Flugente ist abgestürzt). Manchmal kann man sich aber auch an Jesus höchstpersönlich ganz gut abarbeiten. So bezeichnete die taz 1996 aus Anlass des Kruxifix-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes den Gekreuzigten als „Balken-Sepp“, was eine Missbilligung des Presserats nach sich zog.

Manchmal erbarmte sich denn doch ein tazler und hatte Gesprächsbedarf zum Thema Religion. Er habe ja versucht zu glauben, sagte mir ein Kollege, dessen Kind mit einer chronischen Krankheit auf die Welt gekommen war. Aber das habe dann doch nicht geklappt. Nun ja!

Ach übrigens: Meine jahrelange finanzielle Abstinenz in Sachen Kirche hätte unangenehme Folgen haben können. Hatte sie aber nicht. Anstatt eines satten Nachzahlungsbescheids kam nur ein kurzes Schreiben: Hiermit freuen wir uns, Sie als Mitglied unserer Gemeinde begrüßen zu können.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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22 Kommentare

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  • "blindwütiges Draufhauen" gab's zuletzt im Kölner Dom von 'Christenmenschen' auf eine Femen-Aktivistin, aber sicher nicht hier von taz-Mitarbeitern gegen Gläubige.

    • @Rainer B.:

      Sollte eigentlich unter dem Kommentar von 'Gipp Siegfried' gelandet sein. Sorry!

  • "Hohn und Spott" sollte man Anhängern von Religionen nie entgegenbringen. Es kann dann für uns Atheisten sehr gefährlich werden. Doch leider kennen sich die meisten Gläubigen in ihrer jeweiligen Religion gar nicht gut aus, in diesem Fall sind es die evangelischen Christen, die manche von Luthers Schriften kaum oder gar nicht kennen, wie sein berühmtes Buch über die Juden. Gut, dass es online zur Verfügung steht.

     

    Die Moderation: Link entfernt. Sorry.

  • Wer Facebook und Twitter (völlig zu recht) meidet, sollte auch die Kirche meiden und schon gar nicht in der taz seine monatlichen Kirchensteuerabzüge bekanntgeben. 27,50€ x 12 = 330,-€. Das entspricht bei einer ledigen Person mit 9% evangelischer Kirchensteuer einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 24.200,-€. Die Kirche weiß mehr von Dir als Du glaubst!

    • @Rainer B.:

      Nein, die Kirche weiß es nicht. Denn sie nimmt immer noch die staatliche Kirchensteuer in Anspruch. Wie die Steuerbemessungsgrundlage berechnet wurde, wie viele Abzüge geltend gemacht wurden, weiß nur das Finanzamt.

       

      Weiter lässt sich die Kirchensteuer selbst absetzen. Wer seine Einkommenssteuererklärung macht, kann das geltend machen.

    • @Rainer B.:

      Nicht "die Kirche weiß mehr von Dir als Du glaubst", sondern der Herr der Kirche. Dieser tratscht aber in der Regel nichts weiter. Datenschutz also gewährleistet.

      • @Jablonski Stefan:

        "In der Regel" heißt - nicht immer. Also nix mit Datenschutz.

  • @Georg Schmict: Sie sind ein Guter.

     

    Trotzdem; wie sagte (sinngemäß) JFK?: "Frage nicht, was die Kirche für Dich tut, frage, was Du für deine Kirche tun kannst."

    • @lichtgestalt:

      >>Was Du für Deine Kirche tun kannst?

      • @Rainer B.:

        1.) Auf das ewige Leben und die Gemeinschaft der Heiligen setzen.

        2.) Sterben

        3.) Der Kirche reichlich irdische Güter hinterlassen.

         

        Sonst noch Fragen?

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Man möchte sich gar nicht ausmalen, was einem als weißer, männlicher, heterosexueller taz-Mitarbeiter so alles widerfahren könnte. Schöne neue Welt!

  • Nicht jeder denkt bei Kirche zuerst an Niemöller und Bonhoefer oder aber auch an einen Walter Dirks.

    • @Lindenstock:

      Aus Gründen denke ich bei Kirche immer an Martin Noemöller - und habe darum auch eine Biografie über ihn gelesen.

  • Ich bin ebenfalls Christ. Ich lese TAZ, weil sehr Viel von dem, was dort zu lesen ist, mit den Lehren Christi übereinstimmt. Ich lese TAZ, weil ich als Christ nicht einfach die Augen verschließen kann vor dem, was in dieser Welt vorgeht. Dass die ach so objektive TAZ beim Thema Glauben dermaßen ausrastet, finde ich ebenfalls sehr bedauerlich. Schade. Etwas Objektivität wäre hier sicher angebracht. Aber damit muss ich wohl leben. Immerhin verläuft die Front hier klar und deutlich.

    Dass man auf die Kirchen nicht gut zu sprechen ist, kann ich gut nachvollziehen. Dass das Versagen der Kirchen aber auch Christus und den Christen angelastet wird, ist nicht in Ordnung. Ein Journalist, der seinen Beruf ernst nimmt, sollte das auseinander halten können. Aber vielleicht ist es ja zu viel verlangt, diesen antrainierten Beissreflex kritisch zu hinterfragen.

    • @Gipp Siegfried:

      Die Botschaft hör ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube.

       

      "Die" taz fühlt sich der Aufklärung mehr verpflichtet als irgend einem "Glauben", hoffe ich.

      • @lichtgestalt:

        Tja, es sieht ganz so aus, als ob sich die TAZ beim Thema Glauben weniger der Aufklärung verpflichtet fühlt, sondern mehr dem blindwütigen Draufhauen.

         

        Laut Grundgesetz hat Jeder das Recht auf seinen eigenen Glauben. Hier geht es nicht um Minderheitenschutz, sondern einfach um den ganz normalen Respekt, den Menschen unterschiedlicher Überzeugungen gegenseitig aufbringen sollten. Die TAZ ist dabei normalerweise recht gut. Nur beim Thema Glauben und Religion, ganz speziell wenn es um christliche Religionen geht, klappt das ganz und gar nicht. Warum eigentlich?

         

        Ich verlange von keinem TAZ-Mitarbeiter, dass er meinen Glauben teilt. Ich erwarte das nicht einmal. Aber was ich gerne erwarten würde, ist der Respekt vor dem Anderen. Insbesondere, wenn der Andere eben anders ist. Die TAZ soll sich nicht irgendeinem Glauben verpflichtet fühlen, aber als professionelle Journalisten sollten sich die Mitarbeiter der Objektivität verpflichtet fühlen. Sachliche Kritik jederzeit, aber schlichtes und unreflektiertes Niedermachen von Menschen mit anderen Überzeugungen ist nicht professionell, das ist allenfalls Stammtisch.

        • @Gipp Siegfried:

          Da hat wohl für jemand das große bunt blinkende "Achtung Ironie" Schild gefehlt... aber Humorlosigkeit ist eben auch eine Zeichen für dogmatische Verbohrtheit.

  • Tut mir leid, aber wer sich freiwillig für eine Ideologie entscheidet, braucht keinen Opfer- oder Minderheitenschutz für sich beanspruchen! Einer Ideologie hinterherrennen ist eine bewußte Entscheidung und kein Schicksal wie die Hautfarbe, das Geschlecht oder eine Behinderung.

     

    Ganz abgesehen davon, dass das Christentum ganz sicher KEINE Minderheit ist. Im Gegenteil handelt es sich um die weitverbreiteste und weltgrößte Religion! Wenn eine gewaltige Masse von 2,26 Milliarden Anhängern sich ständig in der Opferrolle sieht und für sich "Minderheitenschutz" fordert, ist das nicht nur völlig absurd und pervers, sondern bedient auch die reaktionären Hassprediger und Pegida-Versteher, die ständig davon faseln, dass eine dominante Gruppe angeblich Schutz braucht und kurz vor dem Untergang steht.

     

    Auch die staatliche Bevorzugung der christlichen Kirchen in Deutschland und deren gigantisches Vermögen (allein die katholische Kirche sitzt auf 200 Milliarden Euro) spricht klar dagegen, dass wir diese Feudalherren und den multinationalen Kirchenkonzern bedauern müssen oder sie unser Mitleid oder unsere Solidarität brauchen.

    • @tazzy:

      Sie nennen eine Organisation, in der sowohl Margot Kaßmann als auch Olaf Latzel Prediger sind, als ideologisch? Nehmen Sie bitte Ihre Scheuklappen ab - das hilft Ihnen auch, zukünftig Glossen als solche zu erkennen.

  • "…Bei den Christen haut die taz gerne mal drauf. Aber auch Mitarbeiter, die noch im kirchlichen Club sind, haben oft nicht viel zu lachen.…"

     

    Hä? - hab ich da, insbesondere in den letzten Tagen -

    die taz ad usum delphini ( für den Schülergebrauch)

    zwischen gehabt¿!!

     

    Quarantaine du taz

     

    Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

  • im Jahr 1997 zahltlte ich 879 DM Kirchensteuer, St Kl 1.0, nachdem ich mal überkegt habe was dieKirche für icht tat, nebenbei wollte sie noch Kirchengeld, bin ich ausgetreten, ich dürfte in den Jahren 1997 bis zum Rentenalter 2006 c überschlägigh pro Jahr c 30.000.00 D, im alten Geld gespart haben, da ich ja zwangsweise über Steuern usw, weiterhin die KIRCHEN , D ist eins der ganz wenigen Länder, wo KS Vom Staat eingezogen wird; alsos wenn mein Glaube davon bhängt, ob ich KS zahle oder nicht, scheints mit dem Glauben nicht weit her zu sein PSals Ausgleich habe ich jedes Jahr 500DM an unseren behindertenVerein gezahlt!

    • @Georg Schmidt:

      "PSals Ausgleich habe ich jedes Jahr 500DM an unseren behindertenVerein gezahlt!" Also solange man den Text noch einigermaßen flüssig lesen kann, sind Rechtschreibfehler und Vertipper ja nicht so schlimm, obwohl man sich Mühe geben darf. Bei dem zitierten Satz, wäre ein korrekte Schreibweise aber doch anzuraten, sonst ist am Ende noch jemand beleidigt. :)