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Kolumne Über Ball und die WeltPremier League bald ohne Bosmans?

Martin Krauss
Kolumne
von Martin Krauss

Der Brexit könnte auch die Zukunft des britischen Fußballs ändern. Fast die Hälfte der Premier-League-Spieler kommt aus dem Ausland.

Ein Brasilianer und ein Ägypter sind die Stars beim FC Liverpool – wie lange noch? Foto: ap

ber fünf Milliarden Euro Umsatz hat die englische Premier League zuletzt pro Jahr, na was wohl?, eingespielt. Nicht ganz schuldlos an ihrem Ruf, die stärkste und reichste Fußballliga der Welt zu sein, ist die von der Europäischen Union garantierte Freizügigkeit: 41 Prozent der aktuellen Profis kommen aus dem EU-Gebiet, 18 Prozent aus nichteuropäischen Ländern und 41 Prozent aus Großbritannien oder Irland, das juristisch mit und ohne Brexit immer noch besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich unterhält.

Die interessante Frage derzeit lautet, ob Weltklassevereine wie Liverpool FC oder Manchester City nach dem zwangsweisen Ausstieg aus der Europäischen Union immer noch so gut sein können wie bislang. Schließlich hat die britische Premierministerin Theresa May deutlich gemacht, dass die Freizügigkeit von Arbeitnehmern mit dem Brexit enden wird.

Es ist ja nicht zuletzt die Angst vor Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt, die die Brexit-Bewegung stark gemacht hat. Und es war nicht zuletzt die 1995 mit dem Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vollzogene Normalisierung des Profifußballermarkts, die die Premier League stark – und letztlich reich – gemacht hat.

Vor Bosman, also in der Saison 1994/95, galten 13 Prozent der Profis in der Premier League als Ausländer. Da lag aber auch der letzte Gewinn eines englischen Klubs von dem, was mittlerweile Champions League heißt, schon über zehn Jahre zurück: 1984 holte Liverpool FC den Europapokal der Landesmeister.

Arbeitserlaubnis nur für Wenige

Wenn die Freizügigkeit künftig auch nicht mehr für solche Arbeitnehmer gelten wird, die an der Hotelrezeption „Profifußballer“ aufs Formular schreiben, ändert sich auch für den englischen Fußball einiges. Die Profis brauchen demnächst eine Arbeitserlaubnis, die ihnen von der FA, dem englischen Fußballverband, vermutlich nach einem komplizierten Quotenschlüssel gewährt werden wird. Da geht es dann um Länderspieleinsätze eines Profis, berechnet in Abhängigkeit zur Fifa-Ranglistenposition der jeweiligen Auswahl.

Der Wissenschaftler Laurie Shaw hat ausgerechnet, dass von den derzeit in der Premier League kickenden 1.022 Spielern nur 431 mit einer Arbeitserlaubnis rechnen können. Das ist deutlich weniger als die Hälfte. Shaw vermutet, dass in den nächsten zehn Jahren der Anteil von ausländischen Profis auf etwa 20 Prozent sinken wird.

Bedeutet dies, dass britische und irische Talente, denen bislang gut ausgebildete ausländische Spitzenspieler vorgesetzt wurden, endlich zum Zuge kommen? Damit argumentieren ja die Brexit-Befürworter. Und das ist laut der Analyse des bekennenden Manchester-United-Fans Laurie Shaw noch nicht einmal ganz falsch: Solche Klubs, die so gut wie nie um die Meisterschaft spielen, die Watfords, Wolverhamptons oder West Hams, müssten sich tatsächlich um eigene Nachwuchsförderung kümmern.

Allerdings nicht etwa, damit sie künftig um so etwas Schönes und Lukratives wie die Meisterschaft mitspielen könnten. Für eine sportlichere Ausgangsposition wird der Brexit gewiss nicht sorgen. Nein, nur die fünf bis sechs Spitzenklubs der Premier League – Liverpool, ManCity, Chelsea, Arsenal, ManU und vielleicht noch Tottenham – werden weiterhin über das ökonomische Potenzial verfügen, sich einerseits die besten europäischen und nichteuropäischen Profis zu holen und andererseits der armen Konkurrenz die dort ausgebildeten Talente abzukaufen.

Es kommt also auf die Perspektive an: Wer will, kann argumentieren, dass sich ja eh nichts ändern wird im englischen Fußball – die Großen bleiben halt groß. Wer nicht will, kann darauf verweisen, dass die ach so tolle Stärkung Britannias durch den Brexit vor allem die Wiederholung von so etwas wie einer Meisterschaft von Leicester City 2016 verhindert.

Und die fand doch ganz Europa schön.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
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