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Kolumne Rote ErdeAlles Memmen

Kolumne
von Markus Völker

Theo ist stolzer Südafrikaner und feuriger Rugby-Fan. Für Fußball hat er wenig übrig. Das sei ein Spiel für Memmen, die sich nach jedem Foul ewig auf dem Rasen wälzen.

T heo, 22, liebt sein Land über alles, sagt er, Südafrika sei einfach das Größte. Theo, der Afrikaans und Englisch spricht, ist ein echter Patriot. Er gerät ins Schwärmen, wenn er die Vorzüge Südafrikas aufzählt, die vielfältige Landschaft, die vielen Ethnien.

Theo hat deutsche Vorfahren, sein Nachname Muller verrät es. Aber er war noch nie in Deutschland, die Einwanderung seiner Familie liegt eh Generationen zurück. Er hat die Apartheid nicht mehr bewusst erlebt, "also mach mich nicht dafür verantwortlich", sagt er, "ich habe schwarze Freunde an meiner Uni in Kapstadt, für die würde ich sterben."

Die Weltmeisterschaft interessiert ihn nicht. "Ich kann mit Fußball überhaupt nichts anfangen", sagt er. Ob er mir die Abseitsregel erklären könne, frage ich ihn. Er weicht aus. Wahrscheinlich kann er sie nicht, denn er ist durch und durch Rugby-Fan. Er hat früher, bevor er sich die Schulter bei einem Besäufnis gebrochen hat, selber Rugby gespielt. Zu seinen schönsten Erinnerungen gehört der Gewinn des Rugby-Weltcups 1995 auf südafrikanischer Erde. "Ich war erst sechs, aber es ist, als wäre es gestern gewesen, ein Riesenmoment."

Bild: taz

Markus Völker ist Sportredakteur der taz und berichtet aus Südafrika.

Für ihn zählt nur das Spiel mit dem ovalen Ball, die Fußball-WM hätte er auch bei einem Durchmarsch der Bafana Bafana nicht groß verfolgt. Außerdem treiben sich auf dem Fußballplatz nur Memmen herum, behauptet Theo, "die wälzen sich nach einem kleinen Foul immer auf dem Rasen herum, als habe sie ein Marschflugkörper getroffen".

So eine Schauspielerei gäbe es im Rugby niemals. Das sei ein Spiel von harten Männern, keiner müsste einen "Diver" mimen. Ich gebe ihm recht, dass der Brasilianer Robinho oder der Portugiese Ronaldo bei einem Rugby-Tackling sicher nie mehr aufstehen würden. "So ist es", gibt er mir recht.

Beiläufig erzählt mir Theo nach unserem Exkurs in die Welt des Sports von der anderen südafrikanischen Seite, von den No-go-Areas, der Segregation und der Kriminalität. Auch seine Familie sei einmal auf einem Highway überfallen worden. Die Gangster hätten eine Straßensperre aus Steinen errichtet. Das Auto der Familie Muller sei drübergerauscht und später zum Stehen gekommen. Als sich drei Schwarze näherten, habe Theos Vater, der beim Militär gewesen ist, einen von ihnen erschossen.

"Erschossen?" - "Ja, erschossen, es war Notwehr", erklärt Theo. Der Fall war damit erledigt. Besitzt er Waffen, will ich wissen. "Nur eine geerbte Knarre vom Opa", sagt Theo. "Die liegt irgendwo Zuhause rum." Der Überfall hat ihn nicht traumatisiert, ach was, so etwas könne in Südafrika eben passieren, "shit happens". Aber davon mal abgesehen ist er der stolzeste Südafrikaner, den ich bislang getroffen habe. "I'm proud, very proud, yeees."

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Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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