Kolumne Pressschlag: Was dem Fußball droht

Der Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff lässt sich in Katar beim WM-Gastgeber 2022 alles zeigen und erklären. Und ist begeistert.

Katarischer TV-Mitarbeiter vor Bildschirmen

Sportbesessen: Fernsehstudio in Doha Foto: dpa

Die einen machen sich Sorgen, die anderen schauen interessiert hin. „Katars Söldner-Team – droht das 2022 auch beim Fußball?“, fragen die, na ja: Kollegen der Bild-Zeitung anlässlich des Auftritts der Handballer des Emirats bei der aktuellen WM.

Derweil reist Oliver Bierhoff – für die Leser, die nicht so sehr vom Fach sind: Das ist jemand, der nicht erst 2022 dem Fußball droht –, reist also dieser Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff durch Katar und schaut sich an, wie weit das Emirat mit den Vorbereitungen für die Fußball-WM 2022 ist. „Ich glaube, von der Organisation werden sie das hier leisten können“, vertraute Bierhoff Journalisten an und fügte hinzu: „Es wird eine andere WM sein.“

Eine etwas andere Weltmeisterschaft hatte Katar ja 2015 schon im Handball ausgerichtet, und das „Söldner-Team“ wurde damals Vizeweltmeister. Wenn eine ähnlich zusammengesetzte Kickertruppe 2022 das Finale der Fußball-WM erreichen würde … Doch, das wäre schon eine „andere WM“.

Bierhoff hat also recht, und nicht einmal, dass sich der Herr Manager in diesem Land schon mal umschaut, wo eine von Jogi Löw oder wem auch immer betreute Auswahl absteigen könnte (wohlgemerkt: absteigen im Sinne von unterkommen), will man kritisieren. Zwar weiß nicht einmal Bierhoff bislang, gegen wen sich die DFB-Auswahl blamieren könnte, aber rechtzeitig ein Hotel zu reservieren ist immer richtig. „Wenngleich unsere volle Konzentration auf einer erfolgreichen EM-Qualifikation liegt“, wie Bierhoff es formulierte, „sehe ich es als unsere Verantwortung an, den Blick zu weiten und schon heute Bedingungen, Gegebenheiten und Ansprechpartner kennenzulernen, um im Falle einer WM-Qualifikation auf erste Erfahrungen zurückgreifen zu können.“

Vor zwei Monaten wurde bekannt, dass Katar einige WM-Teams im Iran unterbringen will; auch Fans sollen eventuell in iranischen Hotels übernachten. Ehe die DFB-Auswahl in einem Hotel in Teheran unterkommen muss, so könnte man vermuten, denkt sie vielleicht wieder daran, sich wie vor fünf Jahren selbst ein Häuslein zu bauen. Die Neubau-WM 2014 in Brasilien ging bekanntlich für den DFB wesentlich erfolgreicher aus als die Hotelbuchungs-WM 2018 in Russland.

Interessante Neubauten im Emirat

Vielleicht besichtigte Bierhoff mit seiner Delegation ja auch deswegen interessante Neubauten im Emirat, genauer: die „Aspire Academy“. Das ist jene Anlage, in der der FC Bayern München – für Fußballdesinteressierte: ein Klub aus der erweiterten Bundesligaspitze – ­aktuell schon wieder eines jener Trainingslager veranstaltet, die mit Politik gar nichts zu tun haben.

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Bierhoff nannte die Aspire Academy, durch die man ihn führte, eines der „modernsten und beeindruckendsten Sportzentren der Welt, sie bietet Spitzenathleten herausragende Möglichkeiten“. Nicht zuletzt zwölf Fußballfelder gibt es dort.

Damit hat Katar also schon wieder etwas, was auch unserem Fußball droht. Der DFB beginnt nämlich bald in Frankfurt mit dem Bau einer eigenen Akademie, und mit Blick auf dieses Projekt will Bierhoff „interessante Impulse gewinnen und den Austausch forcieren“.

Katar präsentiert sich schon seit Jahren als Fußball-, ja, allgemein als Sportgroßmacht. Gerade mit dem Sport versuchen die Scheichs der Isolation, der ein Regime, das Terror finanziert und Menschenrechte missachtet, zu Recht ausgesetzt ist, zu entgehen. Das ist so durchschaubar, dass sogar Saudi-Arabien glaubt, über Menschenrechte in Katar daherreden zu dürfen.

Nur der Herr Bierhoff ist von der schönen neuen Fußballwelt, die er in Katar besichtigen durfte, begeistert. Ja – was droht dem Fußball bis 2022 denn noch alles?

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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