Kolumne Press-Schlag: Klub-WM interessiert bisher keine Sau
Fifa-Boss Gianni Infantino und seine Klub-WM werden als Totengräber des Fußballs gescholten. Dabei ist doch Vermarktung sein Job.
W enn man sich so ein bisschen durch Twitter scrollt, dann reicht schon eine Zwei-Minuten-Recherche in den Weiten der Emokratie, um mitzubekommen, dass die twitternde Fußballgemeinde Gianni Infantino für einen üblen Gesellen, ja für einen Totengräber des Fußballs, wie wir ihn kennen, hält. In ihm erkennen sie die Potenzierung des Blatter’schen Übels, dabei dachten sie doch, es könne nicht schlimmer kommen als unter der Regentschaft des Sepp.
Und dann das: Gianni Infantino, der seit 2016 das Zepter in der Fifa schwingt, möchte statt des allseits beliebten Confed-Cup im Sommer 2021 eine Klub-WM mit 24 Mannschaften austragen lassen. Er arbeitet auch daran, die Katar-WM auf 48 Teams aufzupumpen, aber da hier wohl die letzte Messe noch nicht gelesen ist, konzentrieren wir uns auf den Coup mit der Klub-WM. Droht wegen ihrer Umgestaltung der Untergang des fußballerischen Abendlandes? War der Beutezug der „Fifa-Fußballmafia“ mal wieder erfolgreich?
Diese Fragen lassen sich nur auf Twitter eindeutig mit Ja oder Nein beantworten. In der Welt realer Druckerzeugnisse dürfen wir uns auf ein entschiedenes Jein festlegen. Den Twitteristen sei aber zur Beruhigung gesagt: Es wird weiterhin Fußball gespielt werden. Man mag Infantinos Strategie für unverschämt und dreist halten, für eine gnadenlose Verramschung weiterer Filetstücke des Fußballs, aber in seiner Welt geht es nun mal nicht um Bestandswahrung, sondern um den Ausbau von Vermarktungsplattformen unter Berücksichtigung des fettesten Angebots.
Die Frage ist: Gibt es von diesen Plattformen nicht schon genug, haben wir den Rubikon nicht schon längst überschritten? Hm, vielleicht, aber bei der Umstrukturierung der Klub-WM, dieses doch etwas vermurksten Formats, bestand ja durchaus Handlungsbedarf.
Ashour, Abo Treka und Gomaa
Bis jetzt wurde irgendwann vor Weihnachten, zumeist in den Emiraten, gespielt. Sieben Teams fuhren zu dem Turnier in der Wüste. Die Rekordspieler – nach Teilnahmen – heißen Hossam Ashour, Mohamed Abo Treka, Wael Gomaa, und fragte man einen beliebigen Fußballfan in einer deutschen Fußgängerzone, nach welchem Modus dieses Turnier gespielt werde und wer heuer im Finale gestanden habe, er käme gehörig ins Schleudern.
Und: Wüsste er, wann die Bayern gewonnen haben? (2013.) Soll heißen: Die Klub-WM interessierte bisher keine Sau. Das Publikum nahm sie nicht groß wahr, und auf eine gewachsene Tradition kann sie sich auch nicht berufen.
Im Jahr 2000 wurde erstmals der Versuch unternommen, den Weltpokal, der bis dahin nur zwischen den besten Teams aus Europa und Südamerika ausgespielt wurde, in eine allkontinentale Klub-WM umzuwandeln. Der in Brasilien gestartete Test zur Jahrtausendwende war so erfolgreich, dass die Fifa bis 2005 die Finger von dieser WM der Vereinsmannschaften ließ.
In den Keller und nicht in die Vitrine
Bis heute geht der Klub-WM der Ruf nach, so beliebt wie der Supercup auf nationaler Ebene zu sein: Da geht es um einen Titel, den man in den Keller und nicht in die Vitrine stellt. Ob sich das in absehbarer Zeit ändert, wird davon abhängen, ob dieser neu gestylte Wettbewerb von den Fans und den Vereinen angenommen wird.
Der größte Widerstand kommt aus Europa. Die Vertreter der Uefa reagieren etwas verschnupft, weil sie ihre Marktmacht nicht adäquat abgebildet sehen und sie ihre Idee von der Super League jetzt vielleicht beerdigen können. Die Vereinigung europäischer Klubs, ECA, stellt sich auch quer, aber erste Lücken in der Phalanx der von Infantino Übertölpelten sind schon sichtbar.
Karl-Heinz Rummenigge, ehemaliger Chef der ECA, kann den Fifa-Plänen durchaus etwas abgewinnen, sagte er der FAS. Er bekrittelt nur den Stil Infantinos, der natürlich weiß, worauf es für die Klubs ankommt. Sie wollen ihr Engagement angemessen vergütet wissen. Dann sollte die Begeisterung von ganz allein kommen.
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