piwik no script img

Kolumne Press-Schlag„Neue Leute, neue Lieder“

Kolumne
von Thomas Becker

Dem FC Bayern München sind die Anhänger in der Südkurve schon lange lästig. Nun versucht der Klub sie aus dem Stadion zu treiben.

Nur teilweise gewollt: Fans des FC Bayern München im Stadion. Bild: dpa

O kay, Benfica Lissabon hat noch ein paar tausend Mitglieder mehr, aber das ist auch nur eine Frage der Zeit, bis der FC Bayern nicht nur der aktuell erfolgreichste und festgeldkontomäßig stabilste Klub ist, sondern auch der mit den weltweit meisten Vereinsmitgliedern. Er ist aber auch: der Klub mit der miesesten Stimmung im Stadion, Triple-Sieg hin oder her.

Von dem alten Schmähgesang „Keine Stimmung, keine Tore: FCB!“ ist zumindest Teil eins gültiger denn je. Seit Jahr und Tag werden die Fans des Rekordmeisters von jedem noch so dünn besetzten Gästeblock niedergesungen – ein Armutszeugnis. Schon in den 70ern klagte Franz Beckenbauer über das „Opernpublikum“ im weitläufigen Olympiastadion.

Auch in der Fröttmaninger Fußballarena ist man von einer Hexenkesselatmosphäre wie in Dortmund oder in Mainz Lichtjahre entfernt. Einzig ein paar hundert Unentwegte in der Südkurve ließen sich, umgeben von all den erfolgsverwöhnten Kurzzeitfans, nicht vom wahren Anhängertum abbringen – bis zum ersten Spiel der neuen Saison. Da blieb der harte Kern, die Stimmungszentrale des Klubs, einfach zu Hause.

Da, wo sonst zehn von zehn Fangesängen angestimmt wurden, klaffte bei der Premierenpartie am vergangenen Freitag gegen Borussia Mönchengladbach (3:1) ein Loch. In den Blöcken 112 und 113 stehen normalerweise 2.100 Menschen mit hohem Rotanteil in ihren Klamotten und mit reichlich Bayern-Blut im Herzen. Doch zum ersten Punktspiel dahoam seit dem historischen Triple-Gewinn passierten nur 1.635 Fans die Drehkreuze.

„Bewusste Zerschlagung der aktiven Fanszene“

Taz am Wochenende

Snowdenleaks könnte für Internetaktivisten sein, was Tschernobyl für die Atomkraftgegner war. Aber schafft es die Netzbewegung, diese Chance zu nutzen? Die große Geschichte „Was tun! Aber was?“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 17./18. August 2013. Darin außerdem: Ein Gespräch mit dem politischen Kabarettisten Georg Schramm, eine Reportage über Frauen im Kosovo, die nach dem Krieg neues Selbstbewusstsein entwickeln. Und der sonntaz-Streit zur Frage: Macht Taschengeld Kinder zu Materialisten?

Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Ja, richtig gehört: Der FC Bayern hat den Zugang zu Herz und Bauch des Klubs mit Drehkreuzen geregelt. Der Verein moniert seit vielen Jahren, dass zu viele Fans in gewissen Blöcken der Südkurve stehen, die dort gar nicht stehen dürften, sondern sich eigentlich ganz woanders niederlassen müssten.

Die Fanklub-Dachorganisation „Club Nr. 12“ spricht nun von einer „bewussten Zerschlagung der aktiven Fanszene“, da der Kern der Stimmungsmacher durch die nun strikte Platzzuteilung gespalten wurde. Man habe „nicht den Eindruck, dass der FC Bayern mit den Fans, die die vergangenen Jahre Stimmung gemacht haben, in die Zukunft gehen möchte“.

Der Streit zwischen Südkurve und Klub schwelt wie gesagt schon länger. Hoeneß und Co. missfallen pyrotechnische Auswüchse und auch so manch unbequemes, weil kritisches Plakat. Der Verein hat in dem ehemaligen Torwart Raimond Aumann zwar einen Abteilungsleiter für Fan- und Fanklubbetreuung im Sold, zu sehen oder sprechen ist der jedoch nie.

Vor ein paar Jahren hat man nun einen Mediator installiert: Prof. Dr. Wolfgang Salewski, Polizeipsychologe, Psychologe der GSG 9, Berater der Kanzler Schmidt und Kohl, Verhandlungsführer bei der Entführung der „Landshut“ 1977 in Mogadischu.

Seine Analyse der Südkurvenproblematik: Es gebe 600 sogenannte Stimmungsaktive und etwa genauso viele Situationsaktive – gar kümmerliche Zahlen, wenn man an die 20.000 Mann starke gelbe Wand in Dortmund denkt.

Doch auf die 600 oder 1.200 Krakeeler glaubt Salewski gut verzichten zu können, spricht von einer Übergangszeit und formuliert im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung folgendes Ziel: „Den gesamten Block neu organisieren: neue Leute, neue Lieder. Dann baut sich da wieder was auf.“ Dass dabei ein Stück Fankultur kaputtgeht, nimmt man wohl in Kauf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Fans
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 4
    4eSK

    Ganz klare pure ABSICHT des Vereins: Stimmungsbereite lebenslang treue ultra vielseitige Fans, loswerden! Warum? Zu wenig Einnahmen durch Stehplätze und Strafzahlungen wegen emotionalen wenig tragischen Pyrotechnikeinsätzen. Meine Meinung? Pyro? Arsch schlimm ey :'( ! Hoeneß? Wer Steuern hinterzieht sollte sich wohl eher Freunde als Feinde machen! Kraft anscheißen, verkaufen Neuer holen? Musste das sein? Karl Heinz du weißt von nix? Schnauze! Stadionverbote? WILLKÜR! Drehkreuze? KOTZEN! Mia san Uli Show und Klatschpappen? Stimmung???

     

    FOREVER SÜDKURVE!

  • S7
    Südkurvler 72

    Genauso macht der FCB und der D*B der Fußball kaputt

     

     

    PRO SÜDKURVE GEGEN DFB UND FCB

     

    EHRE DEN STADIONVERBOTLERN UND DEN AUSGESPERRTEN !

     

    ich weiß mehr als ihr weil ich davon betroffen bin von der scheiß aktion zw. dem fcb und dem Fußmafiaverband Dfb

  • P
    paul

    dorrtmund ? mainz ? hexenkessel ? da war jemand wohl noch nie dort im stadion..

  • RF
    Rot-Weiss FCB

    was da mit unseren aktiven Fans gemacht wird ist einfach unglaublich!! Und wer soll in zukunft die stimmung machen? Klatschpappem und blaskapelle oder was? Unglaublich wie wenig ahnung dieser salewski im umgang mit fans bzw von der fankultur hat! So gut die Führung des Vereins beim FCB ist, so katastrophal ist der umgang mit den fans in der südkurve, die sich bei Heimspielen so weit ich mich erinnern kann noch herzlich wenig zu schulden kommen hat lassen, weder pyro noch gewalt im stadion!

    PRO Südkurve München