Kolumne Pflanzen Essen: Bitte mehr bitter
Bitteres Essen hat einen schlechten Ruf, viele empfinden den Geschmack als eklig. Dabei können bittere Pflanzen gesundheitsfördernd sein.
O ft ist genau das, was wir nicht wollen, das, was wir bitter nötig haben. Wie zum Beispiel: Bitterstoffe.
Der Verzehr von bitteren Pflanzen zieht sich seit Jahrtausenden durch die Menschheitsgeschichte. Bittere Kräuter fanden sich schon vor Anno Domini in vielen Gerichten, Getränken und sogar in Gegenmitteln für Giftstoffe. Die Bitterkräuter Maror und Chaseret sind während des jüdischen Pessachfestes Teil des Sedertellers. In den 1920er Jahren war der bittere Sazerac-Cocktail der Hit.
Heute wird Bitteres bestenfalls als „exotisch“, im schlimmsten Fall als „eklig“ empfunden und deshalb vielfach weggelassen oder mit Süßem kaschiert. Der daraus resultierende Zuckerkonsum, der zu vielen Zivilisationskrankheiten beiträgt, ist vielen nicht bewusst.
Deswegen heute etwas aus der Rubrik „Pflanzliche Gesundheitstipps“. Bitter schmeckende Pflanzen und unsere körpereigene Reaktion darauf können nämlich gesundheitsfördernd wirken – Ausnahme sind natürlich Giftpflanzen oder solche, in denen sich bitter schmeckende Giftstoffe gebildet haben.
Andere bittere Kräuter eignen sich aber hervorragend dafür, die Verdauung anzuregen, das Immunsystem zu stimulieren und Parasiten im Körper abzutöten. Im Mund lösen Bitterstoffe die Ausschüttung von Verdauungssekreten wie Speichel, Magensaft und Gallenflüssigkeit aus. Deswegen ist es in der traditionellen chinesischen Heilkunde verpönt, den bitteren Geschmack von Medizin zu kaschieren und laut dem Ayurveda soll der bittere Geschmack der heilkräftigste sein.
Im südbadischen Oberrimsingen feiern sie ein großes Fest. Was ist es, das ein Dorf zusammenhält? Das steht in der taz.am wochenende vom 5./6. August. Außerdem: Das Bienensterben könnte uns alle ins Verderben führen. Manche wollen deshalb Bienen im Baum halten. Letzte Rettung oder Schnapsidee? Und: Der Schweizer Martin Suter ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller im deutschsprachigen Raum. Ein Gespräch. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
Wer dies vorsichtig und ohne Pfui-Spinne-Erlebnis in seine Ernährung integrieren möchte, kann mit milderen Varianten wie Löwenzahn, Dill und Fenchel anfangen. Einfach kleinschneiden und in einen Salat geben. Fortgeschrittenen empfehle ich Enziantee oder Wermutkraut. Letzteres nehme ich vorzugsweise in Form von Absinth ein, weil: Spaß muss sein.
Mein Lieblingsrezept derzeit: eine Handvoll rohe, gehackte Artischockenblätter samt der feingeschnittenen Schale einer Orange in ein Einmachglas geben, mit 300 Milliliter Portwein übergießen, verschließen und eine Woche lang täglich schütteln. Anschließend abseihen, in den Kühlschrank stellen und als allgemeines Immuntonikum oder vor dem Essen zur besseren Verdauung einnehmen.
Ich verspreche, das Leben schmeckt danach süßer!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?