Kolumne Nullen und Einsen: Mit Analog Detox ins neue Jahr
Die analoge Welt ballert einen von allen Seiten voll. Sechs Schritte, wie man mehr digitale Achtsamkeit in sein Leben bekommt.
H erzlich Willkommen im Jahr 2019, oder wie wir bei Nullen und Einsen sagen: 11111100011. Ein neues Jahr, das ist die Chance auf ein Reboot fürs Ich; auf eine Defragmentierung der Brainfestplatte, eine Neuverdrahtung der Inputsynapsen. Gerade in diesen so hektischen Zeiten müssen wir unsere Kapazitäten bündeln und den Fokus geradeziehen. Es ist Zeit für Entschlackung und was wäre da besser als Analog Detox?
Denn während digitale Medien nur zwei bis drei Sinne bedienen, ballert die Analogwelt unser Gehirn auf fünf Kanälen voll. Wer kann da noch klar denken? Starten Sie das Jahr deshalb in digitaler Achtsamkeit. Es geht ganz einfach.
1. Reden reduzieren Verbale Kommunikation ist ein Aufmerksamkeitsgrab. Zerhackstückte Dialoge, wilde Assoziationsketten, in vollständigen, abgeschlossenen Sätzen wird auch fast nie, denn dauernd „Ah, da fällt mir noch was ein“. Das meiste, was geredet wird, ist dabei von trauriger Banalität, dazu kommt der soziale Druck, in Gesprächen immer sofort zu antworten. Setzen Sie sich Grenzen. Ab 21 Uhr bleibt der Mund zu.
2. Notifications ignorieren Ein weinendes Kind, ein bellender Hund, ein Anruf, ein Knall, eine Krankenwagensirene. Ständig fordert die Analogwelt Ihre Aufmerksamkeit. Sagen Sie nein zur Dauerablenkung. Achten Sie maximal zehnmal täglich auf Ihre Umwelt. Kopfhörer und starke Sonnenbrillen helfen.
3. Ernährung optimieren Essen muss der Mensch. Aber sollte das Zeitklo Nahrungsaufnahme unsere Daseinsqualität ruinieren? Intervallfasten – alle Tageskalorien werden in einem 8-Stunden-Fenster aufgenommen – reduziert die Ablenkung effektiv. Bringdienste und Convenience Food sparen Zeit und Lebensenergie. Guten Appetit.
4. Medienkonsum fokussieren Viel zu viele Nachrichten laufen auf viel zu vielen Kanälen, dabei findet man im Internet doch alle Infos fein gebündelt. Ein Zeitungsabo kann man easy kündigen – schon liegen keine ungelesenen Ausgaben mehr als mahnende Totholz-To-do-Stapel in der Wohnung herum. Auch das Radio, dieser 24/7-Häppchenkanal: in den Müll damit! Den Fernseher gleich mit! So kommt Übersichtlichkeit ins Leben.
5. Kinder protegieren In den ersten Lebensjahren werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Überfordern Sie Ihre Jüngsten nicht mit Holzspielzeug, das im Gehirn für Anarchie sorgt. Motorische Unruhe und Konzentrationsschwächen können die Folge sein. Es gibt so wunderschön gestaltete iPad-Spiele mit kindgerechten Inhalten!
6. Menschen ignorieren Der Bäckereiverkäufer, die Busfahrerin, der Typ, der nach Feuer fragt: Haben Sie mal mitgezählt, mit vielen Menschen Sie täglich interagieren? Ein Irrsinn. Analog-Junkies glauben am Ende wirklich, sie hätten Dutzende neue „Freunde“ gefunden. Dabei sind es meist nur oberflächliche Bekanntschaften. Niemals vergessen: Es gibt ein Menschenrecht aufs Schweigen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten