Kolumne Nullen und Einsen: I Can Has 🍔?
Gehört der Käse über oder unter das Fleisch? Und wie sieht eigentlich ein Bierglas aus? Über die Verschiedenheit der Dinge in Emoji-Gestalt.
B rötchen (B1). Salat (S). Tomate (T). Käse (K). Fleisch (F). Brötchen (B2). So sieht, von oben nach unten sortiert, der ideale Cheeseburger aus. Der Käse kann auf dem Fleisch schmelzen, verklebt aber nicht mit dem Salatblatt, das wiederum eine Feuchtigkeitsbarriere zwischen Brötchen und Tomate bildet.
Okay, das ist natürlich Geschmackssache. Worüber aber weitgehend Einigkeit herrscht: Der Käse gehört auf das Fleisch und nicht darunter. Nur bei Google wusste das irgendwie niemand, als die hauseigenen Emojis überarbeitet wurden. Dort ist die Reihenfolge seit August B1-S-T-F(!)-K(!!!)-B2.
Als Googles Cheeseburger-Problem vor Kurzem auf Twitter verbreitet wurde, war das Geschrei so groß, dass sich sogar Google-CEO Sundar Pichai einschaltete. Nun wurde aber mal ganz genau hingeschaut. Bei Facebook etwa passt die oben genannte Reihenfolge B1-S-T-K-F-B2. Bei Apple ist es B1-T-K-F-S-B2. Auf Endgeräten von HTC das völlig verrückte B1-K-F-S-F-B2. Und so weiter, aber immer: Käse oben.
Zusätzlich stellte jemand fest, dass das 🍺-Emoji bei Google noch problematischer sei: Ein Humpen, nur zu zwei Dritteln gefüllt, doch trotzdem thront Schaum oben drauf. (Und ja, „die Menschen“ haben sicherlich „Besseres“ zu tun, aber eben nicht rund um die Uhr, also LASST SIE!)
Wie passiert so was? Dazu ein kleiner Exkurs. Welche Dinge, Tiere, Lebensmittel, Smileys es als Emojis gibt, ist im Unicode-Standard festgelegt. Dieser Standard hat sich zur Aufgabe gemacht, sämtliche relevante Schriftzeichen der Menschheit digital zu kodieren, damit wir uns plattformunabhängig besser verständigen können. Seit 2010 sind die Emojis mit im Boot und haben quasi die gleiche Wertigkeit wie Buchstaben: ein 😍 entspricht also einem ß. Einmal im Jahr kommen neue Alphabete und auch einige Emoji hinzu. 2017 waren das unter anderem ein Brokkoli 🥦, ein Igel 🦔 und eine Hidschabträgerin 🧕.
Nun ist ein Unicode-Zeichen nicht mehr als eine abstrakte Idee. Die grafische Ausführung ist nicht vorgegeben. Und so wie es Zigtausende von Schriftarten gibt, gibt es eben auch mehrere Emoji-Alphabete. Zum Teil von Telefonanbietern wie Samsung, Apple, HTC, zum Teil von Diensten wie Facebook, WhatsApp, Twitter. Weil alle auch noch regelmäßig re-designt werden, gibt es von einigen Emojis inzwischen zig Varianten. Und welchen Cheeseburger Sie jetzt in der Überschrift sehen, hängt genau davon ab, auf welchem Gerät Sie diesen Text lesen.
Das ist bei Cheeseburgern putzig. In anderen Fällen kann es ein Problem werden, wenn das Symbol beim Absender nicht zwingend so aussieht wie beim Empfänger oder noch nicht vorhanden ist. Das markanteste Beispiel dafür ist das Pistolenemoji, das von Apple und WhatsApp seit rund einem Jahr als Wasserpistole angezeigt wird und so eine ganz andere Bedeutung bekommt. Und manchmal spielt auch Zeit eine Rolle: Die Tänzerin im roten Kleid 💃 war früher in einigen Emoji-Alphabeten ein Mann.
Im Cheeseburger-Streit schaffte Google einfach alternative Fakten: In einer seiner Kantinen ließ es seinen Emoji-Cheeseburger in echt nachbraten. Das Unicode-Konsortium streitet sich derweil darüber, wie viele Emotionen ein Kackhaufen haben kann und sollte. Aber das ist eine andere Geschichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“