Kolumne Nach Geburt: Der Saugroboter als Freund
Ich bin eher so der norddeutsche Typ, zurückhaltend und in der Öffentlichkeit besser nicht auffallend. Blöd, dass Tochter zwei ganz anders ist.
W ir haben einen neuen Mitbewohner, der von meinen Töchtern mit Liebe überschüttet wird. Sie freuen sich auf ihn, wenn sie aus der Kita nach Hause kommen, sie streicheln ihn, sie reden mit ihm, manchmal jagen sie ihn durch die Wohnung, manchmal jagt er sie. Unser neuer Mitbewohner hat – natürlich – auch einen Namen. Aber da alle Tiernamen aus „Bibi & Tina“ schon an Fahr- oder Laufräder vergeben waren, musste ein anderer her. Hmm, schwierig. Ich schlug „Orang-Utan-Klaus“ vor. „Den Namen hab ich auch auf meiner Liste“, sagte Tochter eins. So war es entschieden. Beste Grüße an Helge Schneider.
Orang-Utan-Klaus, das ist doch kein Name für eine Katze, werden Sie einwenden, weil Sie entweder auch zu viel Helge Schneider gehört haben oder einfach zu Recht darauf hinweisen, dass Orang-Utan-Klaus kein passender Name für eine Katze sei. Nur gut, dass unser neues Haustier keine Katze ist, sondern ein: Hund.
Nein, Quatsch, das ist das Letzte, was wir aktuell brauchen. Es ist ein: Staubsaugerroboter.
Ist süß, blinkt, macht keinen Dreck (im Gegenteil), fährt rum, ist ein bisschen tollpatschig, wenn er den Weg zurück zur Station nicht findet – und wird dann liebevoll von meinen Töchtern in den Flur getragen. Der Staubsaugerroboter würgt jeden Tierwunsch ab. Kann ich allen Eltern nur empfehlen.
Vom „ich“ zum „man“
Nur eine Sache ist unangenehm: Wenn Tochter zwei bei Aldi in der Vitrine noch so ein Ding entdeckt. „Da ist noch ein Orang-Utan-Klaus!!“, brüllt sie dann durch den Laden. Und ich: Hihi, Orang-Utan-Klaus, jaja, Kinder, so sind sie, Sie kennen das, die Fantasie, hüstel hüstel, lass uns weitergehen, hier Frischkäse, den brauchen wir noch. Ich bin eher so der norddeutsche Typ, ruhig, zurückhaltend, in der Öffentlichkeit besser nicht auffallend. Man mogelt sich halt so durch. Und man wechselt vom „ich“ zum „man“, wenn man über sich selbst redet. Blöd, dass Tochter zwei ganz anders ist. Und noch blöder, dass sie an jeder Ecke etwas entdeckt, was sich rauszubrüllen lohnt: „Papa, da ist ja dein Lieblingsessen!“ Kunstpause, damit auch wirklich alle im Laden zuhören. „Knoppers!!!“
Okay, einfach weiter einkaufen, nicht irritieren lassen.
„Papa!! Guck mal!! ‚Paw Patrol‘!! Das gucken wir doch immer im Fernsehen bei Netflix und Amazon Prime!!“ (ausgesprochen: „Amazon Pueim“)
Nicht meine Tochter, nicht meine Tochter, einfach weitergehen, ja, hast du gut erkannt, so, jetzt spielen wir mal Schweigen.
„Papa!! Das Eis isst Mama doch immer in der Badewanne!!“
Jaja, toll, was du alles siehst, nicken, jeder Einkauf geht vorbei, schnell noch das Eis und die Knoppers eingepackt und dann ab nach Hause. Tür auf. „Orang-Utan-Klaus, da bist du ja, mein Süßer, du wirst es nicht glauben …“, ruft Tochter zwei: „Wir haben bei Aldi deine Schwester getroffen!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen