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Kolumne MännerDumm und dümmer

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Männer gelten als Freunde des Fäkalhumors. Ich auch. Aber ich bin nicht Schuld.

D ieser kleine Junge, sagte eine Freundin von mir, "dieser Junge war dermaßen süß". Sie erzählte mir von einem Zweijährigen, den sie in einer Drogerie gesehen hatte. "Der Fratz ritt auf einem Furzkissen wie auf einem Hüpfball." Bei jedem Sprung gab das Kissen das verbotene Geräusch von sich. Das Kind konnte kaum aufhören zu lachen. Die Freundin erzählte: "Der Junge genoss den Ritt auf dem furzenden Ball, wie nur kleine Kinder so was genießen können." Ich dachte: nur kleine Kinder?

Männern wird ja ein Hang zum Fäkalhumor unterstellt. Alles, was mit Körperausdünstungen und -geräuschen zu tun habe, fasziniere das grobschlächtigere Geschlecht. Und so sehr ich mich über den Vorwurf, den ich gerade selbst gemacht habe, aufregen möchte, so wenig kann ich es. Denn ich bin auch so einer.

Bitte denken Sie jetzt nichts Falsches. Ich bin durchaus in der Lage zur gepflegten Unterhaltung, esse mit Messer und Gabel und kann meist unfallfrei geradeaus laufen. Aber ich finde Gefallen an Witzen mit Fäkalbezug, die eine - no pun intended - gewisse Fallhöhe besitzen.

Bild: privat

Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.

Ein Beispiel: In einer Folge der fantastischen Krankenhaus-Comedyserie "Scrubs" wird fast durchweg gesungen. Höhepunkt der Musical-Episode ist das getanzte und in Liedform gegossene Lob auf Stuhlproben: "Everything comes down to poo." Kein Sänger zieht dabei eine Grimasse. Darauf kommt es an: aufs Würdebewahren beim Tabubruch. Und auf den Zwiespalt zwischen glamourösem Musical-Auftritt und der kindischen Freude am Schmutzigen. Das DVD-Bonusmaterial der Folge zeigt, wie das teure Sinfonie-Orchester, das soeben das Lied vertont hat, zum ersten Mal den Text dazu hört: un-be-zahl-bar. Der Song erhielt eine Emmy-Nominierung. Woher kommt die - vor allem Männern zugesprochene - Lust am vermeintlich Privatesten, das bei näherer Betrachtung eben nichts Intimes ist, sondern von Mensch zu Mensch kaum verschieden?

Eine mögliche Antwort lautet: Es ist die Erinnerung an die Freude des Kleinkindes, das seine Unterlegenheit gegenüber den Erwachsenen für einen Moment aufhebt: Guck mal, was ich kann! Wahrscheinlich hat, wie so oft, die britische Band "Everything but the girl" Recht. Sie sang: "The heart remains a child". The humour auch.

Eine zweite Lösung bietet Sophie Rois. Die österreichische Schauspielerin wurde in einem TV-Interview gefragt: "Was ist das Katholischste an Ihnen?" Rois antwortete ohne Zögern: "Ich glaube, mein Hang zu den Eingeweiden." Hervorgerufen durch die ständige Betonung der Leiden Christi, das der Heiligen, Pi, Pa und Po. Auch ich bin in einer katholischen Gegend aufgewachsen. Vielleicht bin ich also gar nicht schuld an meinem Humor, auch nicht mein Mannsein. Sondern zweitausend Jahre Tradition. Wenn Jesus das wüsste. Vielleicht hätte es ihm gefallen. War ja auch bloß ein Mann.

Der Furzkissen-Junge weiß noch nichts von alledem. Er hüpfte, bis seine heraneilende Mutter, hochroten Kopfes, ihm Einhalt gebot. Vielleicht dachte sie da an einen Ausspruch Anke Engelkes: "Kinder sind wie Fürze. Die eigenen sind noch am erträglichsten."

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

5 Kommentare

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  • Z
    Zyniker

    Was um himmelswillen ist an Anke Engelke auch nur Ansatzweise komisch? Deren Kram zählt mitunter zum dämlichsten was das deutsche Comedy überhaupt zu bieten hat...gleich nach Bully Parade und dem ganzen anderen Privatsender-Müll!

     

    Ach ja... und von wegen Anspruchsvolle Frauenwitze... bei anzüglichen Witzen die vor allem auf "dumme" Männer abziehlen wird gekichert was das Zeug hält...

     

    Dann doch lieber Schwarzer Humor!

  • AI
    Anton I.

    Och, Anja ist brachial?

     

    Trifft ein Kumpel seinen Freund: "Du, sag mal deine Freundin die..."

    "Die Anja?" fragte der andere.

    "Ja. Die redet so viel."

    "Ja, die habe ich vom Medial_Markt gekauft. An ja, das ging sie und sprach dann nur. Aus nie." meinte er ernüchtert.

     

    Hähä!

  • IS
    im Schweinehimmel

    das hat mit geschlechtszugehörigkeit gar nichts zu tun. vielmehr liegt das am feststecken in der analen phase. wenn mutti da zu ehrgeizig war mit dem stubenrein kriegen, bleibt die vorliebe für's fäkale. humor ist ja nur ein gesellschaftlich akzeptiertes mittel, die auszuleben. es gibt schlimmere folgen ...

  • A
    Alicia

    Vielen Dank für diesen Text!

     

    Sollte ich doch noch Zweifel an meiner sexuellen Orientierung gehabt haben - die sind jetzt weg.

     

    Nach solchen Offenbarungen verstehe ich mich selbst sehr viel besser - Männer sind zwar mitunter ganz hübsch (der Autor dieser Kolumne sieht ja auch nicht schlecht aus), aber ich KANN sie einfach nicht erotisch finden.

  • A
    Anja

    Warum schreibt denn hier keiner einen Kommentar? Ich habe mein Immunsystem eben ziemlich gepusht, als ich über den Witz mit den Kindern und Fürzen gelacht habe. Anke Engelke ist eine der wenigen richtig witzigen Frauen!

     

    Also: Meine Meinung - ich bin eine Frau und habe den brachialsten Humor, den man sich vorstellen kann. Es muss mindestens ekelhaft, besser aber noch ekelhaft und rassistisch/politically incorrect sein.

     

    Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie glaube ich auch, dass das der Animus in mir ist, irgendwas MÄnnliches. Obwohl ich eigentlich eine Menge Frauen mit ähnlich schlimmem Humor kenne.

     

    Mein Lieblingswitz seit 23 Jahren (bis heute nicht abgenutzt!):

     

    "Warum hat eine Frau ein größeres Hirn als ein Huhn? - Damit sie nicht in die Küche kackt!"

     

    WUAHAAAHAHAHAHAHAHAAHAHAHAAAAAAA!!

     

    PS. Hat einer was ähnlich GUtes?

     

    Gruß ANja