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Kolumne MännerMänner sind krank

Kerle erhalten, wenn sie kränkeln, kein Mitgefühl. Sie sollen gesund sein, ohne sich zu schonen. Dachte ich.

Kann jetzt ein bisschen weh tun: Influenza-Impfung in den USA Bild: reuters

bertreiben möchte ich nicht. Aber vergangene Woche wäre ich um ein Haar ins weiße Licht gegangen. Eine Bronchitis hatte meinen Brustkorb erobert und machte sich daran, meinen Lebenswillen zu verschlingen. Es war so schlimm, ich war sogar zu schlapp, um mich zu bedauern. Dabei war kaum eine Woche schlechter für mich geeignet, um krank zu sein, als diese.

Denn am vergangenen Freitag wollte ich im tazCafé zum ersten Mal aus meinem tags zuvor erschienenen ersten Buch lesen: „Milde Kerle – Was Frauen heute alles über Männer wissen müssen“. Das Werk erwähne ich so direkt, weil es das Thema der Männer-Kolumne aufgreift. Vor allem aber sah ich darin, hustend und meinen Puls fühlend (er war noch da), tiefe Ironie.

Im Buch gibt es nämlich ein Kapitel über Männer und Krankheit. Ich beschreibe, wie widersprüchlich die Ansprüche an Männer auch in diesem Lebensbereich sind. Moderne Kerle sollen einen attraktiven, gesunden Körper vorweisen. Zugleich gilt es noch immer als unmännlich, auf seine Gesundheit zu achten. Wer sein Kränkeln thematisiert, gilt schnell als Selbstbemitleider, der tut, als liege er daheim nicht im Bett, sondern in den Wehen.

Bild: privat
Matthias Lohre

ist Politischer Reporter der taz.

Der Mann, das selbstgenügsame Wesen – das ist ein zähes Erbe des soldatischen Ideals. Und eine Folge der Industrialisierung, als der Rhythmus der Maschinen den von Millionen Fabrikarbeitern vorgab. Echte Männer klagen nicht, sondern funktionieren. Dabei hätten sie, biologisch gesehen, jede Menge Anlass zum Lamentieren.

Von Mäusen und Menschen

Hustend und schniefend las ich von Forschungsergebnissen britischer Biologen. 2011 erklärten Forscher der Queen Mary University in London: Ihrer Studie zufolge sind weibliche Säugetiere besser gewappnet, Infektionen zu bekämpfen, als männliche, und die „Kollateralschäden“ der Abwehrschlacht ihres Immunsystems sind geringer. Die Ergebnisse der Forschungen an Ratten und Mäusen ließen sich problemlos auf den Menschen übertragen. Frauen haben demnach deutlich mehr weiße Blutkörperchen, die Viren und Bakterien abwehren können, als Männer.

Das führe zudem dazu, dass seltener als bei Männern Chemikalien ausgeschüttet würden müssten, die das Immunsystem stimulieren sollen. Diese Chemikalien sorgen für Schlappheit und Schläfrigkeit. Kurzum: Männer leiden unter einer Infektion stärker als Frauen. In mir stieg Bedauern für meinesgleichen auf. Mir ging es also schon etwas besser.

Schließlich schleppte ich mich schlapp zur Lesung. Ich malte mir Arges aus. Sogenannte Freunde würden mich verspotten, wenn ich es wagte zu erwähnen, dass ich nicht ganz auf dem Damm sei: Ja, ja, so sindse, die „milden Kerle“.

Stattdessen: Wohlwollen allerorten, Fragen nach meinem Befinden. Anschließend Glückwünsche, dass meine Stimme durchgehalten hatte. Es wurde ein wirklich schöner Abend. Hatte ich die Dinge im Fieberwahn zu schwarz gesehen? Ist unsere Gesellschaft viel weiter? Noch schlimmer: Hatte ich etwa Unrecht gehabt? Mit einem bisschen Glück, beruhigte ich mich, war ich doch ins weiße Licht gegangen.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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12 Kommentare

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  • W
    Weicheier

    endlich mal einer, um Fan zu werden. Ich finde das echt gut was Du sagst, denn...ich bin mit 54 einer der durch sein Leben emanzipiert wurde, und ich bin darauf auch stolz, denn ich bin, auch wenn´s eben nicht leicht mit den Damen ist wenn mann nicht der tolle, gesunde Kerl mit Bizeps ist, überzeugt davon, bis auf´s Kinderkriegen alles gemeinsam stemmen zu können und wollen (davon abgesehen das ich nicht bügel...aber das um Gottes willen auch von meiner Frau nicht erwarte, im Gegenteil).

  • D
    Domenq

    Aber Leute: Das war doch alles nur Werbung!

     

    Die männliche "Carrie Bradshaw" hat jetzt auch 'ne Kolumne - und möchte sich eine Wohnung kaufen.

     

    Sex sells - ob in the city oder in der taz

  • D
    Dhimitry

    "Der Mann, das selbstgenügsame Wesen – das ist ein zähes Erbe des soldatischen Ideals. Und eine Folge der Industrialisierung, als der Rhythmus der Maschinen den von Millionen Fabrikarbeitern vorgab. Echte Männer klagen nicht, sondern funktionieren."

     

    Dieser Absatz zeugt von einer gewissen Geschichtsvergessenheit. Tatsächlich waren es zu Zeiten der industriellen Revolution keineswegs nur Männer die in den Fabriken funktionieren mussten. Die Erklärung taugt also nur bedingt. Tatsächlich ist das Phänomen der männlichen Versorger-Ehe auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ein kurzfristiges Nachkriegsphänomen.

     

    Genug der Besserwisserei!

     

    Wer sich krank fühlt sollte zu Hause bleiben. Die Volkswirtschaft wird das aushalten und vielleicht steigt dann auch endlich die männliche Lebenserwartung schneller an.

  • V
    Volker

    Ist die unverdünnte Selbstdarstellung eine neue App für Männer? Dieses narzisstische Pulen im eigenen Bauchnabel wird für die Leserinnen und Leser mit der Zeit nervtötend.

     

    Bitte Herr Lohre, ziehen Sie sich ihr Hemd wieder über den Bauch und kümmern Sie sich um ein paar reale Probleme in dieser Welt. Sie werden sehen, dann stellt sich auch das schöne Gefühl ein, als MANN und als MENSCH wahrgenommen und gebraucht zu werden.

  • E
    EchtMann

    "Männer sind krank"

     

    Nein! Echte Männer sind nicht krank! Sondern Weicheier wie dieser Autor, Matthias Lohre! So viel Weinerlichkeit in einem Artikel geheult ist einfach unerträglich.

  • AH
    Aus Haching

    Mal eine Frage: Wenn Frauen biologisch besser geeignet sind, mit Krankheiten umzugehen, warum ist dann ihr Krankenstand immer höher als der von Männern (einfach mal googeln "Krankenstand nach Geschlecht")?

     

    Erklärung a): Frauen bleiben trotz geringerer Beschwerden eher zu Hause, Männer beißen die Zähne zusammen.

     

    Erklärung b): Frauen sind häufiger krank.

     

    Gibt es einen Zusammenhang mit Schwangerschaft und Kindererziehung? Hat jemand Daten dazu? Oder ist es schlicht sozial akzeptierter, wenn eine Frau nicht zur Arbeit erscheint, als wenn ein Mann das tut? Wenn letzteres der Fall ist, erwarte ich eine zehnteilige Serie über die gesundheitliche Diskriminierung von Männern, mindestens.

  • VB
    von brauner Schlüpfer

    Ich würde das "Menschsein" an die erste Stelle setzen.

    Dann kommt lange gar nix.

  • HS
    h s

    Dem Autor wird der Start bei einer Hobby-Strassenradsportveranstaltung seiner Wahl empfohlen. Da starten nur Todkranke und voellig Untrainierte bar jeder Fitness. Sagen sie jedenfalls alle, vorher.

  • RS
    Rosa Schlüpfer

    Ich wünsche Matthias Lohre einen sanften Weg in die Homosexualität, die regelmässigen männerfeindlichen Artikel der TAZ helfen.

    Ganz klar das irgendwo irgendein Institut erforscht hat, das Frauen gesünder, besser und toller sind als Männer, ganz klare Sache. Passt sehr gut zu dem Dauerthema der angeblich unterdrückten Frau in unserer heutigen Gesellschaft.

     

    Ich empfehle die Vorträge der AZK bei Youtube über das Thema: Gender erklärte Politik!.

  • KB
    Kein Buchkäufer

    Pseudowissenschaftlicher Strutz - dieses nur zu lesen kann auch ganz krank machen...

  • W
    W.C.

    Die Frage ist doch, was passiert wäre, wenn Sie die Lesung abgesagt hätten, mit der Begründung krank zu sein. Schließlich haben Sie ja genau das getan, was Sie hier beschreiben (und kritisieren): Männer dürfen nicht krank sein, sollen Funktionieren. Mit anderen Worten: als Mann muss man "ein Mann" sein und die Zähne zusammenbeißen, egal wie dreckig es einem geht.

     

    Genau das haben Sie getan, die Zähne zusammengebissen, keine Rücksicht auf Ihr Befinden genommen und letztlich "funktioniert". Sie dürfen sich also als "richtiger" Mann fühlen.

  • DL
    dem lentz

    sie haben sich nicht geirrt

    was glauben sie wie groß die anerkennung echt männlichen durchhaltewillens geworden währe wenn sie zwischendurch noch blut gehustet hätten