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Kolumne MachtSchöne, einfache Mythenbildung

Bettina Gaus
Kolumne
von Bettina Gaus

Charlottesville und der Kitsch der Geschichte: Im US-Bürgerkrieg ging es zunächst keineswegs um die Abschaffung der Sklaverei.

Nicht Orry Maine, sondern General Robert E. Lee. Statue, Charlottesville Foto: ap

B ekanntlich sind es die Sieger historischer Konflikte, die Geschichte schreiben. Das moderne Stichwort heißt Deutungshoheit. Was allerdings nicht dasselbe bedeutet wie Wahrheit oder Gerechtigkeit, wie sich derzeit bei der Kontroverse über den richtigen Blick auf den US-Bürgerkrieg zeigt.

Angesichts des rassistischen Mobs in Charlottesville und eines Präsidenten, der den Faschisten zuzwinkert, fällt es schwer, ausgerechnet diejenigen zu kritisieren, die sich den Extremisten auf dem Weg in die Barbarei entgegenstellen. Aber es ist nötig. Denn in diesen Tagen lässt sich besichtigen, wie Mythenbildung entsteht.

Wer noch nie vom Sezes­sions­krieg gehört hat, hat es im Augenblick – scheinbar – leicht, die Wissenslücken aufzufüllen: Böse Sklavenhalter im Süden lehnten sich 1861 widerrechtlich gegen aufrechte Gegnerinnen und Gegner der Sklaverei in den Nordstaaten auf. 1865 siegten die Guten. So klar, so einfach, so schön. So falsch.

Marx hatte Recht

Im US-Bürgerkrieg ging es zunächst einmal keineswegs um die Abschaffung der Sklaverei. Sondern, Überraschung, vor allem um Wirtschaftsfragen. Bill Clinton – „it’s the economy, stupid“ – und Karl Marx hatten eben doch Recht.

taz.am wochenende

Krieg spielen. Die US-Armee probt im fränkischen Truppeneinsatzlager den Ernstfall. Wie es ist, als Statist im inszenierten Kriegsgebiet zu leben, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 19./20. August. Außerdem: Der Terror ist in Spanien angekommen: Wie die Menschen in Barcelona die Anschläge erlebt haben und was diese für die Unabhängigkeitsbewegung der Katalanen bedeuten. Und eine Abrechnung: Die Wirtschaftsnobelpreisträger treffen sich in Landau. Haben sie die Ehrung verdient? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Die Industrialisierung in den Nordstaaten und der dadurch gestiegene Bedarf an Lohnarbeitern kollidierte mit den Interessen der Agrarstaaten im Süden. Verschärft wurde der Konflikt durch die Zollpolitik. Nordstaaten wünschten höhere Schutzzölle, um so den Absatz heimischer Industriegüter zu erhöhen. Südstaaten, die diese Güter importieren mussten, fürchteten eine massive Teuerung.

Die Menschenrechte von Sklavinnen und Sklaven? Na ja. US-Präsident Abraham Lincoln schrieb noch 1862 in einem offenen Brief an die New York Tribune: „Mein oberstes Ziel in diesem Krieg ist es, die Union zu retten; es ist nicht, die Sklaverei zu retten oder zu zerstören. Könnte ich die Union retten, ohne auch nur einen Sklaven zu befreien, so würde ich es tun.“ Erst im folgenden Jahr trat seine Proklamation in Kraft, die alle Sklaven für frei erklärte. Mit Mythenbildung haben die USA einige Erfahrung. Bis heute werden jene Siedler als die wahren Pioniere gefeiert, die 1621 in Plymouth – heute: Nordstaat Massachusetts – landeten. Die Stichworte sind bekannt: Mayflower, Kampf um religiöse Freiheit. Und irgendwie um Freiheit überhaupt.

Blöd nur: In Wahrheit wurde die – unzweifelhaft – erste dauerhafte englische Siedlung auf nordamerikanischem Boden 1607 in Jamestown gegründet, auf dem heutigen Gebiet von Virginia. Deren Bewohnern ging es um schnelle Gewinne ihrer Handelsgesellschaft Virginia Company in der Neuen Welt. Von der Geschichtsschreibung werden diese Siedler behandelt wie etwas peinliche Verwandte, die man gern ignoriert. Südstaatler halt.

Ich kann gut leben, ohne Militärs zu verehren. Für die Mehrheit der US-Bevölkerung gilt das offenbar nicht. Die Anerkennung soldatischer Leistungen ist dort Teil der Alltagskultur.

Der Südstaatengeneral Robert E. Lee war ein begabter militärischer Führer. Und ein Kind der Widersprüche seiner Zeit. Er war ein Sklavenhalter – und er nannte die Sklaverei dennoch ein „moralisches und politisches Übel“. Jetzt aber ist er der Böse, und Lincoln ist der Gute? Wer kein Rassist ist, muss es toll finden, dass seine Denkmäler bei Nacht und Nebel aus Kleinstädten entfernt werden?

Das ist alles ziemlich verlogen. Und dürfte – unter anderem – dazu führen, dass auch viele Südstaatler, die keine Rassisten sind, auf stur schalten. Weil sie sich von der offiziellen Geschichtsschreibung diskriminiert fühlen, zu Recht übrigens.

Wem nützt das? Ja, genau. Leuten wie Donald Trump.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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23 Kommentare

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  • Hallo Frau Gaus, warum gönnen Sie dem besseren weißen US-Amerikaner nicht den verdienten Vorsprun Warum fürchten Sie das die Aufarbeitung der Geschichte der weißen US-Amerikaner den Rassisten nur hilft? Auf die Verlogenheit der Weißen im Süden und die Verlogenheit der Weißen im Norden hinzuweisen – auf die Verlogenheit der US-Amerikaner hinzuweisen - greift hier zu kurz. Ihr Beitrag zu dem US-Streit um Statuen ist – unzweideutig – falsch und selbst verlogen. Die Statuen wurden, wie vielerorts berichtet, nach dem Ende der Rekonstruktion errichtet. Dreißig Jahre nach dem Sezessionskrieg, bis in die Civil Rights Ära der 50er des letzten Jahrhunderts. Aufklärung, die in den Mythos zurückfällt. Anspielungen auf Über-Macht. White supremacy kehrte zurück, die Klanser auch. Fundament der Statuen ist die Zeit des Rückfalls in die Sklaverei, in Form des share cropping, die Segregation, die Jim Crow Ära, das Lynchen – in die Verfolgung und Ausbeutung der Nichtweißen Amerikaner. Re-Präsentation der Herrenrasse. In dem Diskurs geht es nicht um die Deutung des Bürgerkriegs und nicht um verweigertes Gedenken. Das ist was uns die Rechte gerne weismachen wollte: „It`s heritage, not hate“. Die Statuen werden und wurden, Millionen Nicht-Weißen im Süden, direkt ins Gesicht gestellt zum Zweck der Erniedrigung, Einschüchterung, Erinnerung an die Behauptung minderer Wertigkeit. Es ist ein Allgemeinplatz, dass der Bürgerkrieg nicht zur Befreiung der schwarzen Sklaven geführt wurde. Kaum ein Weißer hätte sich vor 155 Jahren für Schwarze schlachten lassen. Es ging auch nicht erst um die Ökonomie. Warum es zum Bürgerkrieg kam und worum er gekämpft wurde, ist nicht Thema des Diskurses. Sie sollten sehen, dass es hier um die „Aufarbeitung der Vergangenheit“ geht. Es gibt keinen Historikerstreit, keine ernsthaft zu befürchtende akademische Geschichtsrevision in den USA, soweit ich das sehen kann. Die Symbole der Rebellen werden in den Südstaaten ge- und behandelt, wie in Bayern Bild und Krone L

  • korriegiert: Einfach zu schreiben, Abraham Lincoln habe noch 1862 in einem offenen Brief an die New York Tribune betont: „Mein oberstes Ziel in diesem Krieg ist es, die Union zu retten; es ist nicht, die Sklaverei zu retten oder zu zerstören. Könnte ich die Union retten, ohne auch nur einen Sklaven zu befreien, so würde ich es tun.“ , ohne darauf zu verweisen, dass es Lincoln, patriotisch, angesichts bereits 1862 hoher Kriegsopferzahlen, in die Enge getrieben, um eine juristisch belastbar Begründung des von ihm erklärten Krieges zur Wiederherstellung der UNION, gemäß US-Verfassung ging, weil die Konförderierten, nicht zuletzt von europäischen Monarchien, Wirtschafts- Mächten ermuntert, gedr#ngt, die UNION expreressis verbis aufgekündigt hatten, die Frage eines Ja eines Nein zur Skalverei aber niemals einen verfassungsgemäßen Kriegsgrund darstellen konnte, erscheint mir als eine fatale Variante einer neuen Mythenbildung, die Frau Gaus doch eigentlich mit Ihrem Kommentar "tilgen" wollte? Wenn Südstaatengeneral Robert E. Lee als Sklavenhalter die Sklaverei als „moralisches und politisches Übel“erkannt haben mag, so war diese wohl mehr der Tatsache geschuldet, dass es auch unter den Konförderierten Generäle gab, die im Grunde ihres Herzens an der UNION festhalten wollten, die Frage der Sklaverei untauglich fanden, einen Krieg gegen den Norden zu führen. Dorothea Hahn schreibt taz 18.8., anders als Frau Gaus zu General Lee "Rassisten werden vom Sockel gestürzt". Sklaven hätten Lee als den brutalsten aller Weißen überhaupt erkannt. Wo bleiben die Quellen?

  • es isat sicherlich kein zufall, da die sklaveri direkt mit der den feudalsimsu imiterenden agarwirtschaft in den usa verbuden war udn die lohnsklaverei mit den sioegreichen indsutrieleln nordstaaten.

     

    die agrarischen monarchien hätten die sklaverei verewigt, wie marx mit dr asitischen produktionseise historzsch nachwies - rudi dutscchkes spezialgebiet.

  • sicherlich ist die abschaffung dr sklaverei insofern ein riesenskandal, als sie in der neuen, nichtmonarchischgen welt amerikas, mekka der politschen und religösen freiheit, überhaupt erts neu aufgebaut worden war. Und dann noch selbst nach dr französischen revolution aufrechterhalten wurde.

     

    die politikwissensachaftlichen, historischen koordinaten im artikel sind etwas zu zu bilderstürmerisch und relativistisch.

     

    sklaverei ist schon unterdrückung und elend pur, die vberbvesserung zur lohnsklaverei wenige als das witkliche freiheit, da ist nicht nur Marx sondrn auch sonst so ziemlich feslenfestes absolztes urteil über den sezessionskrieg.

  • Washington war Sklavenhalter, viele Indigene (also "Indianer") Stämme ebenfalls.

     

    Allerdings sind aus Sicht der Indianer sowohl Weisse wie Schwarze halt nur Invasoren und Besatzer.

     

    Wo ist also "richtig" und "falsch" ?

  • 90% aller Sklaven wurden verkauft Richtung Südamerika/Karibik. Und natürlich an europäische Latifundien. Da gab es auch viele deutschstämmige Großgrundbesitzer. Wie auch heute noch. Aber die tauchen in keinem deutschen Geschichtsbuch auf. Auch nicht in den Köpfen der Linken.

     

    Die größten und brutalsten Sklavenhändler aller Zeiten waren übrigens die Araber. Kein deutscher Linker würde es je wagen die Araber nach diesem blutigen Teil ihrer Geschichte fragen. Könnte wohl religiöse Gefühle verletzen.

     

    Stattdessen muß zum 110ten Male bewiesen werden, wie verlogen die pöhsen Yankees eigentlich sind. Das ist wie immer wichtiger als das Brett vor dem eigenen Kopf.

    • @el presidente:

      Schon die Römer waren Sklavenhalter.

      Und auch die Azteken, nordamerikanische Indianer usw.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...hier geht es nicht um "was war zuerst da" oder "wie war es wirklich", hier geht es um Symbole der Sklaverei, der Unterdrückung Tausender von Menschen. Wenn Ihnen, Frau Gaus, diese 'Denkmäler' so sehr am Herzen liegen, ich denke, die sind momentan billig zu haben. Stellen Sie sie einfach in Ihren Vorgarten und gut is'.

  • (Fortsetzung)

     

    Er ging wie viele andere davon aus, dass sich in einem abgegrenzten Gebiet die antiquierte Sozialstruktur von Gutsherren, Sklaven und verarmten weißen Kleinbauern und Gelegenheitsarbeitern bald von selbst erledigen würde. Würde aber der weite Südwesten (und gern auch noch ein paar Stücke von Mexiko) zum Sklavenland, dann würde sich die Plantagen-Sklavenkultur auf Dauer etablieren, und das mit riesigem Einfluss auf die Gesamtnation: denn Sklaven durften zwar nicht wählen, galten aber im Wahlmännerproporz als Dreifünftelmenschen.

     

    Und dann ging es Lincoln, doch!, um die Demokratie, und eben deshalb um die "Union": Die Südstaaten sezedierten, als und weil ihnen der mehrheitlich gewählte Präsident nicht passte. Das zu akzeptieren hätte für Lincoln gewiss das Ende eines demokratischen Experiments (das waren die USA damals noch) bedeutet.

    • @th60:

      Man darf states' rights nicht vergessen. Da hat der Bürgerkrieg (auch juristisch danach, s. Texas v. White 1869) viel verändert. Vor dem bürgerkrieg hies es immer "United States are" danach immer mehr "United States is".

  • Es waren komplexe Vorgänge, die zum amerikanischen Bürgerkrieg führten, und die verschließen sich einem simplen Narrativ.

     

    So weit völlig richtig, Frau Gaus. Sie schrammen aber hart an einem anderen monokausalen Narrativ, dem Wirtschaftsdeterminismus, und das ist auch nicht besser. Der gute Charles Beard hat viel Richtiges gesagt, aber ihn heute noch als den Schlüssel zu Amerikas Vergangenheit zu sehen ist gewagt. Die Geschichtsforschung ist seit 1924 nicht stehen geblieben.

     

    In den zeitgenössischen Debatten am Vorabend des Bürgerkriegs spielt das Thema Zollpolitik praktisch keine Rolle, wohl aber das Thema Sklaverei, und zwar auf beiden Seiten.

     

    Zu den Personen: Nein, makellose Lichtgestalten gibt es da keine; das weiß allerdings heute auch jeder mittelmäßig gebildete Amerikaner. Washington, Jefferson, Lee: alles Sklavenhalter, alle mit den angemessenen Gewissensbissen. Lee soll allerdings besonders brutal gewesen sein. Jefferson hatte seine Sklaven bekanntlich so lieb, dass er den Frauen unter ihnen auch mal ein Kind machte.

     

    Stimmt alles. Aber nun auch Lincoln als jemanden darzustellen, dem Sklaverei völlig wumpe war, geht nicht. Er war kein Befreiungskrieger wie John Brown, aber er war klarer Gegner der Sklaverei, freilich als "Realpolitiker" und vor allem als Legalist: Die Südstaaten hätten das verfassungsmäßige Recht, über Sklaverei selbst zu entscheiden. Der alte Süden war für ihn auch nicht das Problem, sondern der neue Westen.

     

    (Wird fortgesetzt)

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Es findet sich auch das Narrativ, dass es um die Frage von Staatenbund vs. Bundesstaat ging, also um die Kompetenzen des Zentralstaates. "Unabhängigkeit" ist wohl meistens auch Teil der Konförderierten-Flaggen-Symbolik.

  • Man fragt sich ob der Autor beim Herausschneiden von Hammer und Sichel aus der DDR Flage fragen würde ob die Leute etwas gegen technisches Gerät haben. Es geht nicht um Lee als Person mit später Wandlung zum Pazifisten sondern als Symbol weißer Überlegenheit mit dem Bürgerrechtler bis heute tagtäglich provoziert werden. Das zu verstehen ist nicht nur eine Frage des Verständnisses der heutigen amerikanischen Gesellschaft sondern auch eine Frage der Empathie.

  • Schwarz und Weiss und vergessen wird Rot, das in der Geschichte der USA die Ureinwohner ausgerottet wurden, also ein Holocaust stattfand scheint niemanden zu interessieren.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Ukung:

      Da haben Sie leider absolut Recht. Der Völkermord an den Ureinwohnern geht bei der Diskussion immer völlig unter. Die Ureinwohner wurden (auf dem Papier) noch erst viel später US-Bürger und sind bis heute Bürger dritter Klasse.

  • Ideologien

     

    Bravo.

    Ein intelligenter Artikel.

    Ideologie ist immer kritisch zu hinterfragen. Bilderstürmerei bringt nichts.

    Übrigens ging es vielen dann ehemaligen Sklaven nach ihrer "Befreiung" wirtschaftlich schlechter als zuvor. Was keine Rechtfertigung von Sklaverei ist, sondern eine historische Tatsache. Aber es war natürlich nicht nur die Ökonomie maßgebend. Ohne Aufklärung, Menschenrechte und französische Revolution hätte es den amerikanischen Bürgerkrieg nicht gegeben. Und das ist mehr als ein "Überbau" im Marxschen Sinne. Ökonomismus ist gleichfalls eine Ideologie in unterschiedlichen Spielarten.

  • Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, was ich von dem Artikel halten soll. Ist das als Denkanstoß gedacht? Wenn ja, so bin ich voll auf der Seite der Autorin, das Ausschließen von Bevölkerungsteilen aus dem Diskurs mit dem Pauschalverweis "Ihr liegt falsch und Basta" kann ur zu Ressentiments führen. Aber das verschieben des anfänglichen Kriegsgrundes von Sklaverei zu nebulösen "wirtschaftlichen Gründen" wirkt auf mich dann eben eher wie ein versuch eines auch im Artikel erwähnten Nachfahren der Südstaatengentlemen, die für nichts anderes gekämpft haben als "Rechte des Staates". Denn, was sind diese wirtschaftlichen Gründe oder auch diese Rechte des Staates, wenn nichts anderes, als das Recht und die Notwendigkeit, Sklaven halten zu wollen, oder eher zu müssen? Es ist vollkommen richtig, das die nördlichen Staaten der USA zu diesem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Übermacht hergestellt haben. Und es ist dabei vollkommen klar, dass das den von der Landwirtschaft abhängigen Südstaaten nicht geschmeckt haben dürfte. Deren wirtschaft war von teurem Export und billigem Import mehr als abhängig. Aber sich nur deswegen aufgelehnt zu haben, greift für die Südstaaten deutlich zu kurz. Gewhehrt haben sich dann Menschen, die einen sagenhaften Reichtum aufgrund ihrer Plantagen angehäuft haben. Und dieser Reichtum fußt nunmal auf der gnadenlosen Ausbeutung einer vollkommen unfreien Masse an Menschen. Soweit könnte man mir jetzt natürlich entgegnen: "Siehst du? Es ging also nicht um die Sklaven, sondern um die Wirtschaft! Darauf kann ich aber entgegnen, das sich die sezessionistische Bewegung auch deswegen gebildet hat, weil die Plantagenbesitzer durchaus die Berechtigte Angst hatten, das Lincoln, ein Abolitionist, ihnen die wirtschaftliche Grundlage - die Sklaven entzieht. Somit ist das Wirtschaftsargument nicht falsch, aber die Sklaven aus dieser Gleichung herauszunehmen, ist es. Auch wenn es, vollkommen richtig, dazu dient, einen Bogen zu den sich abgehängt fühlenden Menschen im

  • Schwarz/Weiss-Denken hilft in historischen, ebenso wie in politischen Fragen eben nie.

  • Schön mich mit diesem Kentnissatnd nicht allein zu wissen; absurd: er stammt aus den Englischbüchern des Unterstufenunterrichtes Anfang der 70er; von allen anderen seiten hörte ich nur die Mär von den Sklavenbefreiern - die letztendlich auch ökonomisch waren, weil dem Norden billige Arbeitskräfte fehlten. Nebenher dem Süden wirtschaftlich zu schaden.

    Jaja, die Legendenbildung: ein Urlaub in Ägypten war nötig die andere Mär (aus einem US-Historienschinken!) aus dem Weg zu räumen: der Pyramidenbau war weniger Sklavenwerk als ABM, wenn die Bevölkerung keinen anderen Erwerb hatte...

  • Erfrischend anders. Jedenfalls anders, als das übliche taz-Narrativ zu dem Bürgerkrieg.

    • 6G
      677 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      Dem möchte ich mich anschließen und außerdem den angenehmen, taz-unüblichen Tonfall erwähnen.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Der Südstaatengeneral Robert E. Lee war ein begabter militärischer Führer. Und ein Kind der Widersprüche seiner Zeit. Er war ein Sklavenhalter – und er nannte die Sklaverei dennoch ein „moralisches und politisches Übel“.

     

    Nicht nur er. Der Nordstaaten General (und Held der Union) Ulysses S Grant war ebenfalls Sklavenhalter und später dennoch Kritiker der Sklaverei. Dieser Zwiespalt war bei vielen Offizieren und hochstehenden Persönlichkeiten jener Zeit auf beiden Seiten des Konflikts verbreitet.

     

    Im Bürgerkrieg lehnte es viele Offiziere und selbst Soldaten der Nordstaaten ab, dass dieser Krieg für die Befreiung der Schwarzen geführt wird. Auf der anderen Seite versprachen die Südstaaten jenen Schwarzen die Freiheit, wenn sich diese freiwillig auf Seiten der konföderierten Armee den Kämpfen anschlossen.

     

    Einige der in der Union verbliebenen Nordstaaten behielten selber weiterhin die Sklaverei bei. Die berühmte Emanzipationsproklamation der USA vom 22. September 1862 spricht nur von der Befreiung jener Sklaven die sich in den abtrünnigen Konfederierten Staaten von Amerika aufhalten. Die allgemeine Befreiung der Sklaven in der Union folgte erst viel später.

     

    Der erst und einzig aufrechte Gegener der Sklaverei in den USA war der polnisch e Brigade General Tadeusz Kościuszko. Jener bekam nach dem Unabhänigkeitskrieg gegen die Briten Land von den USA geschenkt zusammen mit Sklaven. In seinem Testament beauftragte er Thomas Jefferson das Gut zu verkaufen und mit dem Erlös die Sklaven auszubilden und sie in die Freiheit zu entlassen. Diesen Auftrag hat Jefferson nie ausgeführt und sich stattdessen selber bereichert und sich das Gut und die Sklaven selber unter den Nagelgerissen wähend Kościuszko zusammen mit einem befreitem schwarzen Sklaven in Polen für erste demokratische Verfassung Europas und die Befreiung des polnischen Volkes von der russischen, preußischen und österreichischen Feudal-Tyrannei kämpfte!

  • Ein guter Beitrag, danke dafür.

     

    Wenn man Tradition und Geschichtsbewusstsein eines großen Teils der Bevölkerung für 'böse' oder 'hinterwäldlerisch' erklärt, treibt man sie in die Arme eines Donald Trump, der sich über alle Konventionen und Normen hinwegsetzt.