Kolumne Lügenleser: Kein Freund und Helfer
Die Polizei soll darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden. Was aber, wenn sie ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt?
Der Ruf der Polizei ist nicht mehr der beste. Die Reaktion der Beamten darauf scheint sich an der alten „Ist der Ruf erst ruiniert …“-Binsenweisheit zu orientieren. Ob Staatsdiener wie jüngst in Dresden mit voller Härte gegen Journalisten vorgehen, ob sie offenbar Kollegen decken, die unter dem Kürzel „NSU 2.0“ Drohbriefe an eine Anwältin verschicken, ob sie sich im Alltag aufführen wie Hooligans und Richter in einer Person, ob sie offen fremdenfeindlich agieren oder sogar Gefangene in ihrer Obhut sterben: Nichts davon hat bisher dazu geführt, eine externe Kontrollstelle einzurichten, die sich dieser strukturellen Probleme annimmt.
Die Polizei, dein Freund und Helfer – für mich traf das leider noch nie zu. Bereits als Kind und Jugendlicher begannen die negativen Erfahrungen. Mal stürmten Beamte in Kampfmontur einen Kinderbauernhof, weil ihnen die Transparente dort nicht passten, mal nahmen sie Freunde von mir grundlos fest, weil ihnen deren Haarfarbe nicht gefiel, mal wurde ich auf der Wache brutal zusammengeschlagen, weil ich in meiner Jugend gerne mit Spraydosen hantierte.
Mir ist schon klar, wie die Verteidiger der Staatsmacht argumentieren werden, wenn man auf die strukturelle Gewalttätigkeit und den notorischen Rassismus in der Polizei hinweist: „Komisch, warum ist mir das noch nie passiert?“ Oder: „Selber schuld, wenn sie Gesetze brechen.“ Gerne auch: „Aber dann die Polizei rufen, wenn Not am Mann ist.“
Warum diesen Menschen noch nie etwas Vergleichbares passiert ist, kann man oft so erklären: Weder kommen sie aus einer sozial schwachen Gegend, die bei der Polizei einen schlechten Ruf hat. Noch beteiligen sie sich an Demonstrationen. Sie haben keine dunkle Haut oder Haare. Und sie widersprechen nicht, wenn sie sehen, wie Polizisten illegal handeln.
Regelbewahrer?
Dass man sich nicht beschweren muss, wenn man sich nicht an die Regeln hält, ist ein Widerspruch in sich. Denn die Polizei ist ja angeblich dazu da, diese Regeln zu bewahren. Einen Jugendlichen grün und blau zu schlagen, der Wände mit Farbe anmalt, ist nicht Teil dieses Regelkatalogs.
Dafür muss man normalerweise in Länder fahren, die etwa die Scharia anwenden. Komischerweise sind die Verteidiger von solch überhartem Vorgehen der Polizei meist die gleichen Menschen, die unbegründet Angst davor haben, den islamischen Strafkatalog bald in Deutschland über sich ergehen zu lassen. Paradox!
Und ja, natürlich rufe ich die Polizei, wenn ein Einbrecher in meiner Wohnung ist. Deswegen darf ich die unzumutbaren Zustände trotzdem kritisieren. Wenn komplette Einheiten die Gewalttäter, Rassisten und Rechtsbrecher in den eigenen Reihen schützen, dann gilt auch das Argument nicht mehr, dass es sich um einzelne schwarze Schafe handeln würde. Die Polizei hat längst ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt. Zeit, dass endlich richtig kontrolliert wird, wer uns da so kontrolliert.
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