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Kolumne LügenleserTödliche Wunschzettel

Von drei Todesfällen, die ich vor einem Jahr an dieser Stelle prophezeit habe, sind zwei eingetreten. Wen soll ich als nächstes sterben lassen?

Was, wenn Sie sich einen Todeskandidaten für 2018 aussuchen könnten? Foto: imago/Future image

W eihnachten ist medial gesehen wie das Sommerloch, nur im Winter und mit mehr Alkohol. „Kevin allein zu Haus“, „Der Grinch“ und „Das Wunder von Manhattan“ sind schon abgearbeitet. Der letzte Film war der beste, immerhin wird dort von einem Gericht festgestellt, dass ein verrückter alter Mann, der zu tätlicher Gewalt neigt, tatsächlich der Weihnachtsmann ist. (Hier könnte ein Trump-Vergleich stehen, aber das lassen wir lieber, boooriiing).

Mich macht das merkwürdig glücklich und es gibt mir das Gefühl, dass es nie zu spät ist, einen richtigen Beruf zu erlernen. Oder sich halt selber einen auszudenken. Gewalttätiger Weihnachtsmann. Die Zukunft kann rosig werden.

Die Blutsverwandten sind entweder betrunken oder mit ihren neuen LEGO-Baukästen beschäftigt. Manche auch beides, aber das tut hier nichts zur Sache. Ich roll mich auf die andere Seite, den mit Gänseleberpastete gemästeten Wanst in beiden Händen, jetzt ist es Zeit mal Revue passieren zu lassen.

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich an dieser Stelle eine Vorschau auf das Jahr 2017 gewagt und eine erstaunlich hohe Trefferquote zustande gebracht, die mich selber etwas erschreckt hat. Von drei prophezeiten Toten, sind zwei nicht mehr unter uns. (Was für eine merkwürdige Redewendung, wo sie doch genau dort sind: unter uns).

Wobei man im Fall von Helmut Kohl auch kein Nostradamus sein musste um das vorauszusehen, der letztjährig von mir 2017 wieder zum Leben erweckte Michael Schuhmacher hat in letzter Zeit mehr Agilität an den Tag gelegt als die Birne aus Oggersheim. Man soll ja nicht schlecht über Tote reden, sagt meine Mutter. Seh' ich ganz anders, das ist doch auch nur eine Fortsetzung der Altersdiskriminierung, gleiches Recht für Alle. Auch Tote können Penner sein und das Ableben sollte nicht vor Kritik schützen. (Passende Beispiele: Charles Manson und Helmut Schmidt).

Jetzt lieg‘ ich also hier und überlege, wen ich dieses Jahr sterben lasse. Das gibt mir ein unglaubliches Machtgefühl, etwas befremdlich zwar, aber dennoch interessant. Es gibt statistisch gesehen eine realistische Chance, dass Menschen sterben, nur weil ich es auf ein Papier bringe. So müssen sich also all die Menschen in hohen Ämtern fühlen, die Schreibtischtäter, die Rio Reiser „Menschenfresser-Menschen“ nannte. Im Hintergrund läuft allerdings Britney Spears.

Von drei prophezeiten Toten, sind zwei nicht mehr unter uns. (Was für eine merkwürdige Redewendung, wo sie doch genau dort sind: unter uns)

Ich glaube, ich möchte diese Verantwortung dieses Jahr nicht und übergebe Sie deswegen hiermit an Sie, den Leser. Mordphantasien im Internet sind längst Alltag, jetzt wird es halt noch ein wenig realer. Ich lasse nun einfach ein paar Zeichen frei, da können sie ihren persönlichen Todeskandidaten einfügen:

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Fertig? Schön. Ich hoffe Sie haben jemanden gewählt, für den es sich auch lohnt, wäre ja schade, wenn man eine derart große Verantwortung für so nervige Elendsgestalten wie Bono, Horst Seehofer oder den Volksbühnen-Henker Chris Dercon verschwendet… Oops, I did it again. Wir hören uns im nächsten Jahr.

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Juri Sternburg
Juri Sternburg, geboren in Berlin-Kreuzberg, ist Autor und Dramatiker. Seine Stücke wurden unter anderem am Maxim Gorki Theater und am Deutschen Theater in Berlin aufgeführt. Seine Novelle "Das Nirvana Baby" ist im Korbinian Verlag erschienen. Neben der TAZ schreibt er für VICE und das JUICE Magazin.  
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