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Kolumne LügenleserPegida und Ulbig – Es ist vorbei!

Was machen eigentlich Sachsens Innenminister Ulbig und Pegida-Vertreter da unter einer Decke? Bisher gibt es nur Gerüchte – und ungeklärte Fragen.

Zu Besuch: Sachsens Innenminister Markus Ulbig auf einer Pegida-Demo im Dezember 2014 Foto: dpa

B löd gelaufen. Nachdem Pegida jahrelang den Troll-Aktionen einiger Antifa-Gruppen nachdackelte und gefälschte Quittungen für Zahlungen des Staates an linke Berufsdemonstranten veröffentlichte, ist es nun genau andersrum. Was man auf den Jahresversammlungen des Antifa e.V. in Kim Jong-un's Palast immer für einen besonders gelungenen Witz hielt, ist eventuell Realität geworden: Politiker zahlen Geld, damit die Bevölkerung demonstriert – oder eben nicht. Zumindest behauptete der AfD-Mann Carsten Hütter dies unlängst, eine „Kleine Anfrage“ im Landtag hat bisher keine Klarheit gebracht.

Aber sowohl die Geheimniskrämerei um das Treffen zwischen Sachsens Innenminister Markus Ulbig und den Pegida-Vertretern, als auch die Aussage des Innenministeriums, Ulbig habe „für die verschiedenen und verbesserten Dialogangebote der Stadt und der Staatsregierung auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formaten geworben“, erscheinen nun fragwürdig.

Natürlich – es geht um Geld

Was auch immer stimmt oder nicht stimmt, auf eines kann man sich bei aufstrebenden rechten Gruppierungen glücklicherweise seit Jahrzehnten verlassen: Sobald sie auch nur entfernt den Geruch von Macht und Geld wittern, zerstreiten Sie sich. Ob aktuell die AfD in BaWü, die AfD und Lucke, Lucke und Oertel, Oertel und Bachmann, Pegida und die ehemalige OB-Kandidatin Tatjana Festerling oder auch längst vergessene Gruppierungen wie die REPs, die DVU oder die bald dem siechenden Tod erlegene NPD – Streit gibt’s immer. Natürlich mindert die Inkompetenz nicht die Gefahr, die von Ihnen ausgeht, aber als Außenstehender hat man wenigstens was zu lachen.

In dem aktuellen Demogeld-Fall beschuldigt Bachmann nun Oertel sowie den AfDler Achim Exner, die „Bewegung“ vorsätzlich gespalten zu haben. In der Tradition seiner bisherigen Veröffentlichungen gibt es dann noch ein paar verschwörerische Andeutungen über Mitglieder der Führungsriege, die urplötzlich „ihre Insolvenz bezahlen konnten und auf einmal neue Motorräder und Autos fuhren“.

Gesucht: neues Hobby

AfD-Mann Hütter wiederum behauptet, er habe konkrete Informationen, dass Bachmann 5000 Euro erhalten habe. Wenn das stimmt, wird sich der umtriebige Lutz da sicher rauswinden können, immerhin hat er seinen Schäfchen auch eine Verurteilung wegen Kokainbesitz sowie seine grandiose Vergangenheit als „Flüchtling“ in Südafrika schmackhaft machen können. Für Innenminister Ulbig allerdings wäre es endgültig an der Zeit zurückzutreten. Sein Bundesland ist in der Vergangenheit, vertreten durch Polizisten und Staatsanwälte, oftmals selber wie ein Pegida-Ableger aufgetreten.

Ulbig könnte bald ein ähnlich spannendes Hobby brauchen wie andere ehemalige Größen der Szene. Tatjana Festerling etwa hat sich jüngst einer Bürgerwehr von Nationalisten in Bulgarien angeschlossen. Ex-NPD-Hoffnungsträger Holger Apfel leitet eine schmierige Kneipe auf Mallorca. Bernd Lucke wiederum trägt äußerst erfolgreich seinen neuen Tarnumhang aus „Harry Potter – Der Orden des Phönix“. Ulbig hingegen sucht momentan noch nach einer Beschäftigung für die Zeit danach.

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Juri Sternburg
Juri Sternburg, geboren in Berlin-Kreuzberg, ist Autor und Dramatiker. Seine Stücke wurden unter anderem am Maxim Gorki Theater und am Deutschen Theater in Berlin aufgeführt. Seine Novelle "Das Nirvana Baby" ist im Korbinian Verlag erschienen. Neben der TAZ schreibt er für VICE und das JUICE Magazin.  
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