Kolumne Liebeserklärung: Ausgesperrte immer bei uns
Solidarität mit Paul Breitner! Der FC Bayern will seinen einstigen Kapitän nicht mehr auf der Ehrentribüne haben. Welch unwürdige Geste.
J a, Paul Breitner hat auch schon viel Quatsch erzählt in seinem Leben. Aber diesmal hatte er einfach recht, als er aussprach, was sich anscheinend niemand im Bayern-Umfeld zu sagen traute: dass nämlich Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß mit ihrer Artikel-1-wir-beschimpfen-jetzt-mal-die-anwesenden-Journalisten-und-treten-gegen-unseren-ehemaligen-Spieler-nach-Pressekonferenz Scheiße gebaut hatten.
„Es geht immer um die Familie, die FC-Bayern-Familie“, hatte Breitner im Bayerischen Rundfunk mit Blick auf Uli Hoeneß gesagt: „Und dann müssen die Kinder heute sagen: Für den Papa müssen wir uns jetzt mal gewaltig schämen.“
Papa Hoeneß fand das gar nicht lustig. Aber Humor, Selbstkritik, eine gewisse Distanz zu sich selbst sind ja eh nicht seine Sache. Und so entschied der FC Bayern, Breitner von der Ehrentribüne zu verbannen. Jenen Breitner, der sich jahrelang mit Hoeneß ein Hotelzimmer teilte, der sich und den Uli mal mit einem alten Ehepaar verglich. Der Dokumentarfilm „Die Profis“ hat das alles wunderschön festgehalten, als er ebenjene beiden Profis in der Saison 1978/79 begleitete.
Es waren Breitner und Hoeneß, die die Bayern aus den zwar erfolgreichen, aber am Ende finanziell wie sportlich desaströsen 1970er Jahren führten. Hoeneß vom Büro aus, Breitner auf dem Platz. Breitner kämpfte, dirigierte, gab dem rumpeligen Bayern-Fußball Anfang der 80er ein bisschen Glanz – und verdiente sich das, was ihn später zum Ehrenspielführer werden ließ. Eine Auszeichnung, die ihm eigentlich zwei Ehrenkarten für jedes Heimspiel des FC Bayern garantiert. Bis ans Lebensende.
Oder bis ihm nahegelegt wird, darauf zu verzichten. Uli Hoeneß hat nun genau das machen lassen und dafür gesorgt, dass sein alter Kumpel von der Ehrentribüne verbannt wird. Da kann der FC Bayern noch so sehr beteuern, dass alle im Klub gemeinsam so entschieden hätten: Wenn die letzten Wochen eines gezeigt haben, dann dass bei Hoeneß aus „Mia san mia“ längst „Der Verein bin ich“ geworden ist.
Es ist eine unwürdige Geste. Die Fans haben sich beim Heimspiel gegen Benfica dann auch gleich auf Breitners Seite geschlagen – und ihn in Sprechchören gefeiert. Für Breitner gilt jetzt auch die alte Parole der Ultras: Ausgesperrte immer bei uns!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?