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Kolumne LiebeserklärungIst das wichtig?

Marlene Halser
Kolumne
von Marlene Halser

Die TIMSS-Studie hat ergeben: Deutsche Grundschüler*innen liegen in Mathe unter dem europäischen Durchschnitt.

Jetzt ein Eis… Das wär' toll! Foto: dpa

M uss man eigentlich immer alles messen und erheben und bewerten? Ist die Vergleichbarkeit unserer Leistungen wirklich so wichtig? Auch schon bei Kindern?

Egal zu welcher Antwort man kommt, jetzt sind auf jeden Fall die Viertklässler*innen dran. Die so genannte TIMSS-Studie misst und vergleicht die Leistungen von europäischen Schüler*innen im Fach Mathematik und in den Naturwissenschaften, und zwar jeweils zum Ende der vierten Klasse. Wie alt ist man da? Neun Jahre? Zehn?

Was die Studie für das Jahr 2015 zu Tage fördert, ist, durch die Brille der neoliberalen Vergleichbarkeitslogik gesehen, unerfreulich. Schließlich strebt das fleißigste Rädchen im System nach einem der vorderen Plätze. Und die haben die deutschen Grundschüler*innen nicht erreicht.

In Mathematik liegt Deutschland mit 522 Punkten im Mittelfeld der Untersuchung. Aber was wird bei diesen Tests eigentlich abgefragt? Wie viel verschiedene Eissorten kosten, zum Beispiel. Objektiv mag das wichtig sein, aber in der Realität ist es doch eher so: Die Kinder brüten über hundsgemeinen Textaufgaben, obwohl sie das Eis lieber essen möchten, im Freibad, statt in der Schule abzuhängen. Ist das nun falsch?

Aus gegebenem Anlass eine Testfrage an Sie: Gemessen werden soll ihr gesunder Menschenverstand. Wie viel hat die Fähigkeit, als Viertklässler*in die korrekten Preise von Eissorten ausrechnen zu können mit dem späteren Erfolg im Leben zu tun? a) nichts b) viel, wenn davon die Versetzung aufs Gymnasium abhängt c) nichts, wenn die Bewertung der Leistungen nicht unwesentlich von der Schichtzugehörigkeit der Eltern abhängt.

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben den ersten Platz belegt, weil alle drei Antworten richtig sind. Feiern wir also das Mittelmaß, statt es zu verdammen. Kaufen wir unseren Kindern ein Eis, wenn sie schlecht in Mathe sind. Und reformieren wir das Schulsystem so, dass alle Kinder gleiche Chancen haben. Denn nur dann, haben wir wirklich etwas erreicht.

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Marlene Halser
Freie Autorin
Geboren 1977 in München, war von 2011 bis 2019 zunächst als Bayernkorrespondentin, dann als Redakteurin und später als Ressortleitung im Ressort taz2 (Gesellschaft und Medien), sowie als Content SEO bei der taz. Jetzt ist sie wieder als freie Autorin unterwegs.
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7 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Offensichtlich ist an den Argumenten der Autorin etwas dran. Mit Mittelmaß und ohne Mathematik schafft man es immerhin beruflich bis in die taz Redaktion.

  • Mathe rettet Leben, Marlene Halser.

     

    ...aber gendern. Nach welcher Rechtschreibung? Das generische Maskulin gilt für alle Geschlechter. (Übrigens wird der Asterisk von Lesegeräten mitgesprochen.)

     

    Gute Nacht Taz und liebe Kinder*innen.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Jo, Mathe ist doof. Und dennoch ist Mathe die Grundlage der meisten Naturwissenschaften.

     

    Ohne Mathe wird es langfristig eng bezüglich der verteilbaren Güter in einer modernen Volkswirtschaft. Die Chinesen und Amis tauschen iPhones nicht gegen gendegerechte Gedichte, sie tauschen nur gegen Hightec.

     

    Wer glaubt die aktuelle politische Entwicklung sei unerfreulich, der soll mal die Entwicklung abwarten die eintritt wenn die Produktivwirtschaft nicht mehr konkurrenzfähig sein sollte.

     

    Naturwissenschaftler pflegen übrigens ständig über hundsgemeinen Textaufgaben zu brüten. So lange die Fragestellung nicht in formalisierter Form vom Himmel fallen wird das auch so bleiben.

     

    Mir persönlich graust schon vor der Trinität aus demografischem Wandel, Energiewende und Zuwanderung von wenig Qualifizierten. Da noch eine Generation dazuzudenken die international technisch nicht mehr mithalten kann macht das Bild nicht besser.

     

    Wir brauchen zwar nur einen überschaubaren prozentualen Anteil an mathematischen Überfliegern, aber wir können trotzdem auf gar keinen Fall auf sie verzichten.

    • @32795 (Profil gelöscht):

      Und wie genau hängt nun der überschaubare prozentuele Anteil mathematischer Überflieger, den wir Ihrer Ansicht nach so dringend brauchen, mit der Angst zusammen, ein mittlerer Rang im internationalen Mathe-Ranking von Viertklässlern würde Deutschland seine Zukunft kosten?

       

      Soll ich Ihnen sagen, welches Fach mir als Viertklässlerin die meiste Angst gemacht hat? Da kommen Sie alleine nie drauf, wetten? Es war nicht Sport. Nein, es ist Deutsch gewesen.

  • Diese Kolumne ist ein schönes Beispiel dafür, wie wichtig ordentliche Bildung (Bildung wie in Bildung, nicht wie in Anhäufung von Fakten) an den Schulen wäre, wenn es sie den gäbe. Oder man betrachtet sie als Beweis dafür, dass Bildung überbewertet wird, kann man doch auch ohne sowas berufliche Erfolge haben kann.

     

    Gebildete Menschen würden nicht auf die Idee kommen, eine Meinung zu verbreiten, ohne wenigstens mal einen kurzen Blick in die Studie geworfen zu haben, die sie verdammen wollen.

     

    Gebildete Menschen hätten dann entdeckt, dass

    a) Die Eis-Aufgabe eine Bilderaufgabe war, die mit ausgesprochen wenig Text auskam. Is nix mit "über hundsgemeinen Textaufgaben brüten".

    und

    b) Die Eis-Aufgabe die absolute Kür war, die dazu diente, zu testen, wieviele Kinder _sehr_ viel besser sind in Mathe als man von Viertklässlern erwarten würde.

     

    Wirft man die Fakten gegen den Artikel, dann bleibt im Prinzip nur ein Satz übrig:

    "Mathe ist doch irgendwie voll unwichtig und blöd, das braucht man gar nicht."

    • @kleinalex:

      Genau und wenn alle schlechter in Mathematik sind wird sicherlich alles besser!

       

      In Zeiten in denen die Finanzmärkte mit hochkomplexen Zahlenspielen die Demokratie aushebeln und mit falsch interpretierten Statistiken Propaganda geführt wird forder eine Linke weniger mathematische Bildung? Ist das euer Ernst?

       

      Mal abgesehen davon brauche ich tatsächlich jeden Tag Mathematik. In meinem Job in dem ich an Medizinprodukten arbeite. Aber vermutlich will die Autorin auch in der medizinischen Versorgung lieber nur Mittelmaß.

       

      Ich bin nachhaltig verwirrt - Bildungsfeindlichkeit war doch früher eher ein rechtes Thema. Dumme Menschen lassen sich schließlich leichter lenken...

      • @Yoven:

        Nachtrag: Angesichts meines Kommentars schäme ich mich und fordere außerdem bessere sprachliche Bildung in den Gebieten Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung für mich!